Assassin’s Creed 3für PlayStation 3 und Xbox 360 schickt uns zwar ins noch junge Amerika zur Zeit des Unabhängigkeitskrieges, und wir tangieren auch so manch berühmtes Ereignis, mit den historischen Fakten nimmt es Ubisoft allerdings nicht allzu genau. Das wollen die Entwickler aber auch gar nicht. Stattdessen soll der (nach der so genannten Ezio-Trilogie) mittlerweile fünfte Teil der Action-Adventure-Reihe vor allem eines: unterhalten. Und das macht Assassin’s Creed 3 sogar noch besser als seine bereits großartigen Vorgänger.
Warten auf Connor
Ungewöhnlich: Zu Beginn des Spiels schlüpfen wir erst mal nicht in die Haut des neuen Helden Connor, sondern in die seines Vaters Haytham Kenway. Der Engländer gelangt durch zweifelhafte Umstände in den Besitz eines Amuletts, das irgendwie mit den Templern und Assassinen zu tun hat, und reist anno 1754 nach Amerika, um dessen Rätsel zu lösen. In der Neuen Welt angekommen, lernt er die Indianer-Squaw Kaniehtí:io (Gesundheit!) kennen und zeugt mit ihr einen Sohn: Connor.
Doch bis es so weit ist, verbringen wir je nach Spielweise zwischen fünf und acht Stunden damit, in der Rolle von Haytham die Mechaniken kennen zu lernen, Teile der Spielwelt zu erkunden und erste Schleich- und Attentatsmissionen zu absolvieren. Verschwendet Ubisoft dadurch nicht zu viel Zeit? Schließlich führt ein Theaterstück seine Hauptfigur auch nicht erst im zweiten Akt ein. Doch die außergewöhnlich langsame Erzählweise tut dem Spiel gut. Denn so können wir die Figuren kennen lernen und ihre unterschiedlichen Beweggründe besser verstehen. Das Resultat: Noch nie fühlten wir uns in einem Assassin’s Creed derart stark mit den Charakteren verbunden. Und noch nie haben wir den Oberschurken so sehr gehasst wie hier.
Zumal Assassin’s Creed 3 später so manch überraschende Wendung parat hält und vor allem im letzten Story-Drittel einige spannende Situationen bietet. Aber: Ubisoft schafft es auch diesmal nicht, die Geschichte rund um Desmond Miles, den Nachfahren von Altaïr, Ezio und Connor, vernünftig weiter zu erzählen. Zwar taucht der einstige Barkeeper in Assassin’s Creed 3 häufiger auf als in den Vorgängern - wir klettern und kämpfen uns mit ihm sogar durch drei separate Abschnitte. Wie die Autoren seinen im ersten Assassin’s Creed(2008) angelaufenen Handlungsstrang aber zu Ende bringen, dürfte so manchen Fan enttäuschen - zumal es sogar ein klitzekleines Hintertürchen für eine weitere Fortsetzung offen lässt. Ein Schelm, wer da bereits an Assassin’s Creed 4 denkt. Oder zumindest an DLCs.
Geschichte mal anders
Wo Assassin’s Creed 3 bei den Desmond-Szenen schwächelt, fährt es bei Connor die ganz großen Story-Geschütze auf. Nicht nur, dass dessen englisch-indianische Herkunft reichlich Zündstoff für heikle Situationen bietet, auch seine persönliche Motivation, die wir an dieser Stelle natürlich nicht verraten, hält uns durchweg bei der Stange. Zumal Ubisoft seinen Helden famos in das neue Szenario rund um den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg integriert und uns dadurch jede Menge Aha-Momente beschert.
So tragen wir unter anderem dazu bei, gemeinsam mit dem historischen US-Helden Paul Revere die belagerten Siedlungen Lexington und Concord vor dem Angriff der Rotröcke zu warnen. Außerdem werfen wir bei der berühmten Boston Tea Party Kisten der East India Trading Company ins Hafenbecken und wohnen sogar der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung bei. Auch sonst inszeniert Ubisoft Assassin’s Creed 3 intensiver als seine Vorgänger.
Wie wir hoch zu Ross verbündeten Musketenschützen den Feuerbefehl geben, um Concord zu verteidigen, zwischen einschlagenden Kanonenkugeln über das Schlachtfeld von Bunker Hill hetzen oder durch den belagerten Bostoner Stadtteil Charlestown fliehen, lässt uns den geschichtsträchtigen Krieg zwischen den Engländern und Patrioten regelrecht spüren - auch wenn wir selten direkt an den Schlachten teilnehmen, sondern sie lediglich tangieren und sich die Liniengefechte zwischen Hundertschaften von Soldaten tendenziell eher im Hintergrund abspielen.
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