Macken im Detail
Überhaupt weiß Ubisoft seinen in den Vorgängern etablierten und nun dezent ausgebauten Mix aus Parkours-Kletterei, Schleichen und Kämpfen abermals hervorragend in spannende Missionen zu verpacken. Mit diversen Abers. Beispielsweise wechselt das Programm oft zu hektisch zwischen Filmsequenz und eigentlichem Spielgeschehen hin und her, stets unterbrochen durch kurze Ladepausen, die uns regelmäßig aus dem Geschehen reißen. Dialogszene, fünf Meter latschen, Dialogszene - das war in den Vorgängern zwar auch schon so, hätte man mittlerweile aber besser lösen können.
Zumal immer wieder derbe Anschlussfehler nerven. Da reiten wir bei Tag zum Questgeber, nur um nach einem unsanften Schnitt Connor dabei zu beobachten, wie er sein Ziel nachts und ohne Pferd erreicht. Zudem ist den Entwicklern so mancher Logikpatzer passiert. So sollen wir im Gefängnis von New York mit einem Häftling Mühle spielen, während der uns seinen Ausbruchsplan schildert, können den alles entscheidenden Stein aber erst setzen, wenn unser Gegenüber alles gesagt hat. Damit nicht genug, wird Connor kurz darauf ins Loch geworfen, weil er dort - so behauptete es unser Mühle-Gegner - die beste Chance hat, auf den Gefängnisleiter zu treffen.
Dass der den rettenden Zellenschlüssel bei sich trägt, mag zwar logisch sein. Nicht aber, dass der Mann minutenlang mit dem Rücken zu Connors Gittertür steht und sich deshalb problemlos beklauen lässt. Stehlen müssen wir im Story-Verlauf übrigens häufiger, und jedes Mal stellt es kein Problem dar, selbst wenn wir uns dem Opfer frontal nähern - das raubt dem Spiel nicht nur Atmosphäre, sondern auch Anspruch.
Einer gegen alle
Wo wir gerade beim Schwierigkeitsgrad sind: die Kämpfe, schon immer ein zwar erstklassig inszeniertes und animiertes, aber meist anspruchsloses Sorgenkind der Serie, fallen auch diesmal nicht sonderlich fordernd aus. Zwar hat Ubisoft das Zeitfenster für einen Konter merklich verkleinert, es ist aber nach wie vor ein Leichtes, selbst zwei Dutzend Gegner - einer nach dem anderen - mit nur einem Streich niederzustrecken, auch weil die Burschen wieder brav mit ihrem Angriff warten, bis sie an der Reihe sind.
Immerhin müssen wir nun mehr noch als in den Vorgängern darauf achten, mit wem wir es zu tun bekommen. Offiziere etwa blocken Konter gern mal ab oder stoßen uns mit einer schmerzhaften Kopfnuss zurück, und wenn die bulligen Schotten ihre Breitaxt schwingen, ist man besser woanders. Gut auch: Die (neuerdings nicht mehr trainierbaren) Assassinen-Kollegen, die wir zu Hilfe rufen können, sind nicht mehr so übermächtig wie in den Vorgängern.
Abgesehen von den Kämpfen fordert Assassin’s Creed 3 aber selbst Serienkennern einiges ab. Vor allem die optionalen Missionsziele, durch die wir die so genannte volle Synchronität mit dem Animus erreichen, haben es in sich. Die extrakniffligen Siegbedingungen reichen von Zeitlimits über die Vorgabe, nicht entdeckt (!) zu werden, bis hin zu Bossgegnern, die auf bestimmte Art ausgeschaltet werden sollen. Das motiviert enorm, aber auch nur Spieler, die frustresistent sind und ihr Gamepad nicht gleich beim ersten gescheiterten Versuch an die Wand pfeffern.
Hört, hört!
Zur Technik: Wenig überraschend verwendet Ubisoft die bereits in den Vorgängern eingesetzte Anvil-Engine in einer dezent überarbeiteten Version. Das hauseigene Grafikgerüst hat zwar bereits einige Jahre auf dem Buckel, setzt Assassin’s Creed 3 aber dennoch höchst stimmungsvoll in Szene. Vegetationsdichte, Detailgrad und Beleuchtung machen optisch viel her, und die butterweichen Charakteranimationen sind gewohnt erstklassig, ob nun in den Zwischensequenzen oder den rasanten Kämpfen.
Wie Connor durch seine Gegner wirbelt, kann sich sogar mit dem dunklen Ritter aus Batman: Arkham City messen. Flirrende Schatten auf Gesichtern sowie manch verwaschene Textur trüben den insgesamt sehr guten Eindruck allerdings etwas. Grafische Unterschiede zwischen der Xbox 360 und Playstation 3 sind uns übrigens keine aufgefallen. Allerdings lädt Sonys Konsole Zwischensequenzen und neue Areale etwas schneller, was wohl an der verpflichtenden Installation des Spiels liegt. Dafür läuft die Xbox-Version insgesamt einen Tick flüssiger.
Effekte, Geräuschkulisse und die teils orchestrale Musik untermalen das Geschehen jederzeit passend. Ein besonderer Hinhörer ist die - Überraschung! - deutsche Sprachausgabe. Ubisoft konnte unter anderem die Stimmen von Daniel Craig, Morgan Freeman, Kevin Spacey, Ben Stiller und Catherine Zeta-Jones gewinnen, die ihre Aufgabe hervorragend meistern. Selbst Emotionen wie Trauer oder Wut, oft ein Stolperstein in deutschen Vertonungen, kommen zu jeder Zeit gut rüber. Schade allerdings, dass es mit der Lippensynchronität nicht so gut bestellt ist; häufig liegen Bild und Ton weit auseinander.
Etwas mehr Feinschliff hätten wir uns auch bei einem unliebsamen Thema gewünscht: Assassin’s Creed 3 plagen seltene, dafür auffallende Bugs. Beispielsweise hängen Wildtiere gerne mal in Bäumen fest, und Wachen drehen sich wegen defekter Wegfindungsroutinen gelegentlich im Kreis. Kleinigkeiten, die dem ansonsten grandiosen Spiel aber nicht spürbar schaden. Dafür hatten wir mit Connor, der stimmungsvollen Welt, der spannenden Geschichte und dem typischen Assassin’s Creed-Gefühl zu viel Spaß.
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