Rund 14,50 Euro gibt der Durchschnitts-Bundesbürger jedes Jahr für Halloween-Süßigkeiten aus. Da kann Activision-Chef Bobby Kotick nur müde lächeln, er legt 5,9 Milliarden Dollar (knapp 5,4 Mrd. Euro) für den Casual-Spiel-Publisher King auf den Tisch. Zum Vergleich: Disney hat für das Star-Wars-Universum rund 4 Mrd. Dollar an Lucasfilm bezahlt, Microsoft für Minecraft gut 2,5 Mrd. Dollar. Ist eine Handy-Spiel-Butze wie King wirklich so viel mehr wert als die beiden Mega-Entertainment-Marken? Zumal Electronic Arts vor vier Jahren Popcap (Plants vs. Zombies, Peggle 2) für schlappe 750 Millionen bekommen hat?
King kennen vor allem Gelegenheits-Gamer durch so genannte Match-3-Titel wie Candy Crush Saga oder Farm Heroes Saga. Noch muss die irische Wettbewerbsbehörde (dort hat King den Firmensitz) dem Kauf zustimmen, doch die Frage stellt sich schon jetzt: Was genau hat der AAA-Publisher Activision mit dem Casual-König King vor?
Markus Schwerdtel liebt Match-3-Spiele, es gibt nix Besseres für Bus und U-Bahn. Allerdings macht er einen weiten Bogen um Candy Crush & Co, denn da ist zu viel Free2Play drin. Wer vernünftig matchen will und obendrein eine Extradosis Rollenspiel verträgt, dem empfiehlt Markus das inzwischen schon acht Jahre alte, aber immer noch hervorragende erste Puzzle Quest (für PC, Nintendo DS und diverse andere Plattformen). Vielleicht ist hier aber auch der richtige Ort, um ein Guilty-Pleasure-Match-3 (sogar mit sanfter F2P-Komponente) zu gestehen: Frozen Free Fall für iOS und Android (mittlerweile auch auf PS4 und Xbox One) ist richtig gut! Let it go, let it go!
Eingekauftes Geld
In den letzten Jahren ist das Geschäft mit Casual-Games vor allem im Mobile-Bereich deutlich stärker gewachsen als die Umsätze mit »traditionellen« Spielen, auch wenn dieses Wachstum langsam etwas nachlässt. Obwohl nicht mehr neu, ist dieser Bereich (trotz vereinzelter Erfolge) für Publisher wie eben Activision oder Ubisoft noch immer weitgehend unerforschtes Land. Zwar sind sie durchaus in den Charts der umsatzsstärksten Apps vertreten (etwa mit Hearthstone), müssen sich dafür aber auf ihre etablierten Spiele-Marken verlassen. Und auf den vorderen Plätzen sitzen trotzdem reine Casual-Studios wie Supercell oder eben King (derzeit auf Platz 4 mit Candy Crush Saga) – ganz ohne große Markennamen.
Was sich Activision mit King kauft, ist also zunächst mal ein ordentlicher Umsatz-Booster. Im zweiten Quartal 2015 nahm King stattliche 530 Millionen Dollar ein, im gesamten Jahr 2014 waren es ganze 2,26 Mrd. Dollar. Das ist auch für einen Riesen wie Activision Blizzard eine stolze Zahl, die man gern zum eigenen, auch nicht gerade mickrigen Umsatz (4,8 Mrd. Dollar im Jahr 2014) dazu zählt.
Es geht um die Menschen!
Der wahre Grund für die Übernahme dürfte jedoch ein anderer sein. Denn mit King kauft sich Activision nicht nur Zahlen und Casual-Entwickler-Fachwissen. Man kauft vor allem auch Kunden. 340 Millionen User im Monat aus über 200 Ländern, dagegen sieht selbst das hauseigene World of Warcraft mit seinen momentan 5,5 Millionen Nutzern mickrig aus. Obendrein spielen die King-Kunden meist auf ihrem Telefon, dem vielleicht »persönlichsten« aller Geräte. Hier ist es viel leichter, »Anschlussgeschäft« zu tätigen und den jeweiligen Spieler zu weiteren Ausgaben zu bewegen als am PC oder auf Konsole. Von den Werbemöglichkeiten mit einer so riesigen Nutzerbasis ganz zu schweigen.
Mit dem King-Kauf stellt sich Activision deutlich breiter auf als bisher und deckt von Casual bis AAA alle Spielertypen ab. Das macht die Firma zukunftssicher(er), auch wenn man sich für den Kaufpreis erst mal Geld leihen musste. Von der Übernahme werden deshalb weder die Call of Duty-Spieler noch die Candy Crush-Süchtigen viel bemerken, zumal King auch weitgehen selbstständig bleiben soll. Activision diversifiziert sich und schafft mehrere, voneinander unabhängige Standbeine. Das ist in unsicheren Zeiten wie diesen nur vernünftig. Und niemand in der Führungsetage wird so dumm sein, mit einem Call of Candy gleich mehrere Spielergruppen vor den Kopf zu stoßen. Hoffentlich.
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