Endlich ist der Deal in trockenen Tüchern. Die sündhaft teure Akquisition der Bethesda Softworks (bzw. Mutterfirma ZeniMax Media) durch Microsoft hat die Schlagzeilen der letzten Monate bestimmt. Nach anfänglicher Sorge, die Übernahme könnte an der US-Bürokratie und EU-Kommissionen scheitern, kann Xbox-Chef Phil Spencer nun durchatmen und endlich gelassen in die Zukunft blicken. Und die sieht laut Spencers Aussagen rosig aus für Xbox-Spieler*innen, jedenfalls fiel in Microsofts Roundtable-Livestream das Wort "exklusiv" gleich mehrfach.
Das vage Versprechen von Exklusivität
Schon am 9. März hieß Spencer in einem Blog-Post die Neuzugänge (insgesamt acht Entwicklerstudios) offiziell in der Xbox-Familie willkommen und sprach davon, dass "einige" der kommenden Bethesda-Spiele exklusiv Xbox- und PC-Spieler*innen zur Verfügung stehen werden. Im Roundtable-Livestream vom 11. März, bei dem auch Bethesda Softworks-Koryphäe und The Elder Scrolls 6-Director Todd Howard zugegen war, legte Spencer dann noch einen drauf. Die Bethesda-Übernahme habe ein klares Ziel, und das sind Exclusives für den Xbox Game Pass. Die Botschaft ist deutlich: Wir bieten euch Dinge, die es nur bei uns gibt.
Hannes Rossow
@Treibhausaffekt
Hannes hat zwar sowohl Xbox- als auch PlayStation-Konsolen daheim, verfolgt das Gebaren um Exklusivitäten aber mit Interesse. Microsoft will den Wert des Game Passes steigern und das können sie auch, ohne PlayStation-Fans vor den Kopf zu stoßen. Die Uneindeutigkeit von Phil Spencer zeigt für Hannes, dass Xbox mit der Bethesda-Übernahme lockerere Pläne verfolgt, als viele Spieler*innen vielleicht glauben.
Angesichts des teuren Investments von 7,5 Milliarden US-Dollar und den selbstbewussten Ansagen von Spencer wirkt es zunächst tatsächlich so, als ob Bethesda-Spiele in Zukunft Xbox-exklusiv sein werden. Auch große Releases wie Starfield, The Elder Scrolls 6 und das noch unangekündigte, aber unvermeidbare Fallout 5. Wer die großen RPGs spielen will, braucht eine Xbox-Konsole - so zumindest der Eindruck bei vielen Spieler*innen. Das Ding ist aber: Spencer lässt hier gleich einen ganzen Hausflur an Hintertürchen offen.
Die vielleicht wichtigste Differenzierung: Spencer spricht eigentlich nie wirklich von reiner Hardware-Exklusivität, sondern von Exklusivität hinsichtlich Plattformen, "auf denen der Game Pass existiert". Es ist schon länger klar, dass der Game Pass größer ist als die bloße Xbox-Familie aus Xbox One, Xbox Series X und Xbox Series S. Auf dem PC ist der Game Pass ebenfalls zu haben. Zukünftig sollen auch mobile Endgeräte (Android und iOS) dazukommen und dann gibt es da ja auch noch den Hardware-losen Streaming-Dienst xCloud.
Der Game Pass kann überall existieren
Gerade Letzteres hat immense Implikationen für die vermeintliche Xbox-Exklusivität großer Bethesda-Blockbuster wie The Elder Scrolls 6. Dass TES 6 im Game Pass landen wird, ist so gut wie sicher, aber bis es soweit ist (2024? 2025?) wird niemand mehr eine Xbox-Konsole oder einen PC brauchen, um Hammerfell zu erkunden. Eine starke Internetverbindung reicht dann schon aus.
Ein Gedankenspiel: Wie wäre es denn, wenn die PS5 einen funktionalen Browser spendiert bekommt, der auch xCloud unterstützt? Dann braucht es vielleicht den Game Pass, aber TES 6 liefe selbst dann auf der PS5, sollten sich Microsoft oder Bethesda gegen einen traditionellen Release auf der Konkurrenzplattform entscheiden.
Und es ist ja auch nicht so, als hätte Spencer selbst nicht schon in der Vergangenheit angedeutet, dass er keine Probleme damit hätte, den Game Pass auf PlayStation- und Nintendo-Konsolen auszuweiten. Warum sollte er auch, immerhin geht es ihm eigentlich nur um das oft beschworene Xbox-Ökosystem, für das der Game Pass eben die Einstiegsdroge ist. Ob Game Pass-Nutzer nun auf der Switch, dem Handy, dem Laptop oder der PS5 spielen, kann Microsoft im Grunde egal sein.
Klar, natürlich ist es unwahrscheinlich, dass Sony oder Nintendo so mir nichts, dir nichts den Game Pass auf der eigenen Plattform zur Verfügung stellen. Außer natürlich, es gibt eine entsprechende Kompensation, sprich: Microsoft zahlt dafür, um die potenzielle Reichweite des Game Pass zu steigern. Dass Phil Spencer auf die tiefen Taschen des Megakonzerns zurückgreifen kann, ist bei den letzten Shoppingtouren deutlich geworden. Und auch für Sony könnte das einen Anreiz bieten: Lieber den Game Pass auf die PS5 bringen, als komplett auf TES 6 zu verzichten und die Spielerschaft an andere Hardware-Plattformen zu verlieren.
Die (vielen) Ausnahmen von der Regel
Dass "Exklusivität" im Jahre 2021 längst nicht mehr in klassischen Hardware-Bahnen gedacht werden muss, ist aber nur eines der Hintertürchen von Microsoft. Es steckt noch mehr in der sicherlich nicht zufälligen Wortwahl von Spencer. Gleich drei "Ausnahmen" sollen die Exklusiv-Regel bestätigen:
- Bestehende Bethesda-Verträge mit anderen Publishern bleiben bestehen und werden nicht angegriffen. Deswegen wird Deathloop beispielsweise weiterhin ein zeitexklusiver PS5-Titel bleiben, auch wenn Arkane Studios nun offiziell zu Microsoft gehört.
- Bethesda-Spiele, die es bereits für andere Hardware-Plattformen gibt, werden dort auch bleiben und weiterhin unterstützt. Das bedeutet, dass die kommende Oblivion-Erweiterung von The Elder Scrolls Online auch auf PS4 und PS5 zur Verfügung stehen wird.
- Und dann ist da noch die Sache mit der "Legacy". Spencer erwähnt, dass auch die Erwartungshaltung von Fans einen Einfluss auf Exklusiv-Pläne haben kann. Das moderne Fallout (seit Teil 3) hat immer auch auf PlayStation-Konsolen stattgefunden und damit einen gewissen Legacy-Status. Ein Xbox-exklusives Fallout 5 wäre damit wahrscheinlich vom Tisch.
Bei aller Rede um die Zukunft von Bethesda und Xbox rudert Spencer regelmäßig auch ein bisschen zurück. Wo er eben noch davon spricht, dass es ihm um "Exklusivität" geht, sagt er dann aber auch:
"Also, ich kann mich jetzt offensichtlich nicht hier hinsetzen und sagen, dass jedes Bethesda-Spiel exklusiv ist, denn wir wissen, dass das nicht stimmt."
Wissen wir denn, ob Bethesda und Sony nicht bereits bestehende Verträge hinsichtlich Starfield und The Elder Scrolls 6 haben? Immerhin erfolgte die Ankündigung der beiden RPGs lange vor dem Aufkauf durch Microsoft. Und es ist Auslegungssache, ob nicht auch die The Elder Scrolls-Reihe eine Legacy auf der PlayStation aufgebaut hat. Es finden sich eine Reihe an Möglichkeiten, die es Microsoft irgendwann erlauben könnten, zu sagen: "Wir haben nie versprochen, dass TES 6 Xbox-exklusiv wird."
Eine Xbox-Exklusivität ist wirtschaftlich nicht sinnvoll
Bei aller Spekulation darum, was hinter den Kulissen von Xbox, Bethesda, Sony und Co. passieren könnte oder bereits passiert ist, sollten wir uns aber eine Sache vor Augen halten: Microsoft geht es nicht wirklich darum, mehr Xbox-Exclusives zu haben. Microsoft will eigentlich einfach nur mehr Geld verdienen. Und Geld verdienen lässt sich mit der geglückten Bethesda-Übernahme auf viele Weisen, wobei hier die Aussicht auf mehr verkaufte Xbox-Konsolen vielleicht die noch unspannendste Einnahmequelle ist.
Alle steigenden Hardware-Verkäufe würden nämlich Hand in Hand mit sinkenden Software-Verkäufen gehen: Am Ende des Tages greifen schlicht einfach viel weniger Spieler*innen zu The Elder Scrolls 6, da es sich eben nicht jeder leisten kann, für Bethesda-Titel eine neue Konsole zu kaufen. Tatsächlich würde Microsoft sogar Gefahr laufen, an der Exklusivität Geld zu verlieren.
Mit 115 Millionen verkauften PS4- und bislang 4,5 Millionen ausgelieferten PS5-Konsolen schließt man hier eine schon fast lächerlich lukrative Masse an Spieler*innen aus, die bereitwillig Geld für Xbox Game Studios-Titel berappen würde, auch ohne eine Xbox zu besitzen. Zum Vergleich: Die Xbox Series X & S kommt Analysten-Berichten zufolge auf 3,5 Millionen Exemplare:
Link zum Twitter-Inhalt
Aus wirtschaftlicher Sicht könnte es vielleicht sogar sinnvoll sein, an andere Publisher die "Lizenz" zu verkaufen, Spiele wie The Elder Scrolls 6 im PlayStation Store anbieten zu dürfen. Die beste Plattform für Bethesda-Inhalte könnte Xbox dann mit exklusiven DLCs oder grafischen Features trotzdem noch sein, und Game Pass-exklusiv könnte ja auch schlicht heißen, dass Vertriebe über PlayStation Now oder PS Plus ausgeschlossen sind.
Eine starre Exklusivität passt nicht zum Xbox von heute
Phil Spencer hat der Xbox-Marke eine neue Identität verpasst. Und die fußt größtenteils auf dem Selbstverständnis, immer im Interesse der Spieler*innen zu agieren. Neben lohnenswerten Angeboten wie dem Game Pass selbst, hat Xbox aber auch oft betont, dass sie nicht am klassischen Konkurrenzdenken der "Konsolenkriege" interessiert sind. Es war Xbox, die in Sachen Crossplay den Schritt auf Sony zugegangen sind. Spencer schlägt zudem regelmäßig versöhnliche Töne an und betont gern, dass Kooperationen zwischen Xbox und PlayStation die gesamte Branche stärken.
Jetzt die Schotten dicht zu machen und Multiplattform-Blockbuster in Xbox-Ketten zu legen, würde komplett gegen diese Identität gehen und könnte damit den guten Willen wieder zerstören, den Xbox in den letzten Jahren so oft zur Schau getragen hat. Es wäre ein ziemlicher Image-Schaden für die eigene Marke, der leidenschaftliche Fans auf die Barrikaden bringen und dafür sorgen könnte, dass sich potenzielle Spieler*innen von der Marke Xbox abwenden. War Xbox eben noch der sympathische Hersteller, der auch für loyale PlayStation-Fans immer attraktiver wird, stünden sie dann als Aggressor da, der die eigentlich zusammenwachsende Branche wieder spaltet.
Ich kann nicht in die Zukunft schauen, aber ich lehne mich hier gern aus dem Fenster und sage, dass The Elder Scrolls 6 (ebenso wie andere große Bethesda-Blockbuster) nicht nur auf Xbox-Konsolen spielbar sein wird. Die Bedeutung von Exklusivität hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt, genau wie das Selbstverständnis von Xbox. Das soll aber nicht heißen, dass Microsoft auf Probleme stoßen wird, die Bethesda-Akquise zu monetarisieren. Ganz im Gegenteil sogar - aber das wird auf andere Weise passieren, als wir es bislang gewohnt sind.
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