Eine neue Gemeinschaftsstudie der Ohio State University, der Universität Mailand und der Universität Genua will herausgefunden haben, dass Spieler der Open-World-Actionspielreihe Grand Theft Auto mit der Zeit deutlich an Empathie gegenüber Frauen verlieren.
GTA als sexistischer Versuchsgegenstand
Die weiblichen und männlichen Probanden im Alter zwischen 15 und 20 Jahren wurden für den Versuch in drei Gruppen unterteilt: Ein Teil musste Grand Theft Auto: Vice City und Grand Theft Auto: San Andreas (»gewallthaltig und sexistisch«) spielen. Die zweite Gruppe war auf Half-Life und Half-Life 2 (»nur gewalthaltig«) fokussiert. Und der Rest beschäftigte sich mit Dream Pinball 3D und Q.U.B.E. 2 (»keine Gewalt und kein Sexismus«). Nach einem Einführungsvideo zum jeweiligen Spiel folgten zunächst eine fünfminütige Einspielphase unter Anleitung und dann 25 Minuten freies und selbständiges Spielen ohne Beobachtung.
Anschließend wurden den Oberschülern aus Italien eines von zwei Fotos gezeigt: Das Eine zeigt einen Jugendlichen, der gewaltsam den Kopf eines Mädchens festhält und mit der anderen Hand eine Faust formt. Und das Andere eine weinende Frau mit blauem Auge und einem Mann im Hintergrund. Danach sollten die Versuchsteilnehmer auf einer Skala von eins bis sieben bewerten, wie viel Sympathie und Mitgefühl sie gegenüber den beiden Frauen empfinden. Außerdem wurden maskulinistische Einstellungen und die Identifikation mit dem Spielcharakter abgefragt.
GTA-Spieler anfällig für Sexismus?
Das Ergebnis: Auf die weiblichen Teilnehmer hatte das Videospielen keinen Effekt darauf, wie viel Sympathie sie für das weibliche Opfer empfanden. Bei den männlichen Probanden hingegen zeigten die Spieler, die sich sehr mit den männlichen Charakteren in den GTA-Spielen identifizierten, am wenigsten Mitgefühl. Die Betroffenen stimmten größtenteils vorgegebenen Statements wie »wenn ich spiele, fühlt es sich an, als sei ich selbst mein Charakter« zu.
Ferner pflichteten sie »maskulin geprägten Überzeugungen« bei, darunter, dass es okay sei, ein Mädchen »mit allen Mitteln zum Sex zu überreden« und am besten schon Jungen beizubringen, ihre »physische Überlegenheit« zur Schau zu stellen.
»Sexismus und Gewalt eine gefährliche Kombination
Brad Bushman, Co-Autor der Studie und Professor für Kommunikation und Psychologie an der Ohio State University, hebt insbesondere hervor, dass Spieler der Half-Life-Titel trotz der darin enthaltenen Gewalt nicht denselben Mangel an Empathie aufgewiesen hätten, wie die männliche GTA-Gruppe. Er begründet dieses Ergebnis damit, dass Grand Theft Auto neben der gewalthaltigen stets auch eine sexistische Komponente zum Inhalt habe.
Während es in Half-Life zwar einen feminine Nebencharakter gebe, dieser jedoch nicht in sexualisieter Weise dargestellt werde, treffe die Sexualisierung auf sämtliche weiblichen Neben-Charaktere in den verwendeten GTA-Spielen zu, heißt es in der Studie.
Der Studienleiter Alessandro Gabbadiadini von der Universität in Mailand sieht gerade diese Kombination als gefährlich an:
"Gewalthaltige Videospiele sind schon schlimm genug, aber wenn man noch Sexismus hinzufügt, dann wird es besonders schädlich. Wenn man einen Film mit einem sexistischen Charakter sieht, dann herrscht eine gewisse Distanz. Aber in einem Videospiel ist man mit dem Charakter physisch verbunden. Man steuert das, was er tut. Das kann einen realen Effekt auf die eigenen Gedanken, Gefühle und Taten haben - zumindest kurzfristig."
Insbesondere für Jungen sei es deshalb gefährlich, Spiele wie Grand Theft Auto regelmäßig zu konsumieren, fügt Bushman an. Dies könne zu recht vestörenden Ansichten über Männlichkeit und die Art und Weise, wie man Frauen behandelt, führen.
Zweifel an der Repräsentativität
Nun lässt sich allerdings trefflich darüber streiten, inwiefern diese Studie repräsentativ ist: Lediglich 154 Probanden aus derselben Region sind eigentlich keine repräsentative Stichprobe. Zumal es sich bei dem dargestellten Phänomen auch um eine regional begrenzte Auffälligkeit in Abhängigkeit gängiger Erziehungsmethoden oder verbreiteter Weltanschauungen handeln könnte.
Auch wurde hier offensichtlich nicht die Auswirkung des Videospielens an sich getestet: Aus der Studie geht nicht hervor, dass die Empathie der Probanden bereits vor dem Spielen untersucht wurde. Es ist also auch nicht unwahrscheinlich, das ein Teil der Teilnehmer die später abgefragten Ansichten über Frauen bereits vor dem Versuch aufwies. Dagegen spricht allerdings, dass die derart eingestellten Personen dann zufällig alle in die GTA-Gruppe hätten eingeteilt werden müssen.
Dennoch entspricht die Studie wohl wissenschaftlichen Standards: Sie wurde immerhin als wissenschaftliches Paper in der internationalen Online-Fachzeitschrift der Public Library of Science (PLOS) publiziert.
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