Man kann den Life-is-Strange-Machern bei Dontnod bestimmt nicht vorwerfen, dass sie sich auf ihren Lorbeeren ausruhen. Da haben sie gerade einen Überraschungserfolg mit ihrem charmanten Episoden-Adventure über zeitreisende Teenager gelandet, und als nächstes machen sie - ein finsteres Action-Rollenspiel. Aber was ist das eigentlich für ein Spiel, dieses Vampyr? Beim Entwicklerbesuch in Paris und einer Präsentation von Publisher Focus haben wir es zum ersten Mal in Aktion gesehen. Noch in einer frühen Fassung zwar, aber jetzt sind wir verdammt gespannt auf mehr.
Eine Story wie in Life is Strange
Vampyr hat auf den ersten Blick kaum etwas mit Life is Strange gemein, aber eine Brücke gibt es dennoch: Dontnod legt größten Wert auf eine Geschichte, die dem Spieler unter die Haut geht und ihm harte Entscheidungen abverlangt. Gut, das ist ein wohlfeiler Marketing-Slogan - welches Rollenspiel wirbt denn heutzutage nicht mit seiner Entscheidungsfreiheit? Aber diesen Entwicklern ist es bei Life is Strange so meisterlich gelungen, uns ein ernsthaft berührendes Dilemma nach dem anderem vorzusetzen, dass wir ihnen jetzt einfach mal einen gewissen Vertrauensvorschuss gewähren.
Zumal das Szenario so viel Raum für spannende Situationen bietet. Wir streifen als frischgebackener Vampir durchs London des Jahres 1918 und jeder einzelne NPC im Spiel soll ein potenzieller Blutspender sein. Genau daraus ergeben sich auch die fiesen Entscheidungen des Spiels.
Erschütternd echt: Kolumne zu Entscheidungen in Life is Strange
Wie weit geben wir unserer dunklen Natur nach, wen töten wir? Jedes Opfer hat auch seine eigene Geschichte, jeder Mord Konsequenzen. Um uns auch wirklich in Versuchung zu führen, spuckt Vampyr für jede Bluttat üppig Erfahrungspunkte aus. Wir sollen das Spiel genauso mit einer fast entvölkerten Spielwelt beenden können wie mit einem Vampir, der seine Gelüste gemeistert und fast niemanden um die Ecke gebracht hat - spannend!
Eine Spielwelt wie in Dishonored
Trotzdem haben wir da nochmal nachgehakt: Es klingt doch arg ehrgeizig, ein Spiel komplett mit NPCs zu bevölkern, die ihre eigene Geschichte haben. Wie soll die Welt denn lebendig wirken, wenn nicht auch ein paar Wegwerf-Figuren durch die Menge latschen? Interessante Antwort: Soll sie gar nicht!
Denn als Vampir sind wir ausschließlich in der Nacht unterwegs und obendrein ist London von der spanischen Grippe umklammert, der tödlichsten Seuche in der Geschichte der Menschheit. Und bei Nacht und Pest trauen sich die Leute eben nur mit gutem Grund vor die Tür, so können sich die Entwickler auf weniger Charaktere mit eigener Story konzentrieren. Zwischen 60 und 80 NPCs soll es geben.
In der uns gezeigten Demo sind wir beispielsweise einer Krankenschwester, die von unserem Vampirdasein Wind bekommen hat. Die können wir erpressen, einen Deal mit ihr machen - oder sie bis auf den letzten Tropfen aussaugen und ihr Armen-Krankenhaus niederbrennen. Wie Dunwall aus Dishonored formt ein blutgieriger Spieler so die Welt und richtet eine ohnehin schon trostlose Stadt noch weiter zugrunde. Die Atmosphäre konnte man schon in der Demo mit dem Messer schneiden, so stimmig wirkt das schattenverhangene, mit der Unreal Engine 4 gebaute London.
Ebenfalls cool: Für jeden Charakter sammeln wir Hinweise, die wir dann in Dialogen gegen sie nutzen können. Haben wir unsere Willenskraft hoch genug gelevelt, übernehmen wir sogar die Kontrolle über unsere Opfer und zwingen sie in eine dunkle Ecke. Denn wir können sie nur ausschalten, wenn uns keine Zeugen dabei beobachten. Damit wollen die Entwickler zumindest an wenigen Schlüsselstellen unserem Blutdurst einen Riegel vorschieben: Wenn ein Story-Charakter partout noch nicht sterben darf, erwischen wir ihn einfach nicht allein. Das soll aber die Ausnahme bleiben.
Kämpfe wie in Bloodborne
Und wir nehmen nicht nur unschuldige Leben. Vampyr wird schließlich ein Action-Rollenspiel und bei den Kämpfen nennen die Entwickler Bloodborne als Vorbild. Wir sollen Feinde schnell und präzise ausschalten müssen, weil Monster wie XY und natürlich auch andere Vampire sich sonst gern mal regenerieren. Dabei setzen wir nicht auf behäbige Kraft oder stures Blocken, sondern sollen geschwind übers Schlachtfeld wirbeln und Pistolen, Nahkampfwaffen sowie Vampirzauber zum Einsatz bringen.
Die lernen wir in drei Fähigkeitsbäumen mit jeweils zehn aktiven und passiven Skills. So rauschen mit einem Kurzstrecken-Teleport durch Kämpfe und dunkle Gassen oder lassen Feinde per Telekinese durch die Luft wirbeln. Jeder Baum soll einen unterschiedlichen Spielstil ermutigen, »Schatten« macht uns etwa zu einem subtilen Schleichvampir.
Unsere Waffen ergeben sich aus der Geschichte unserer Hauptfigur: Bevor wir zum Vampir wurden, waren wir nämlich als Feldarzt im ersten Weltkrieg unterwegs. Daher nutzen wir unseren Dienst-Revolver, für den Nahkampf aber medizinisches Gerät wie eine Knochensäge. Das lässt sich auch per Crafting verbessern, die Säge besteht etwa aus drei Bestandteilen, die sich alle austauschen lassen. Verschiedene Materialien leuchten bestimmten Gegnern besonders durchschlagend heim, Vampire sind beispielsweise allergisch gegen Holz - weil sich daraus ja auch so wunderbar Pfähle schnitzen lassen! Rüstungen oder dergleichen wird es in Vampyr aber nicht geben, die Items beschränken sich weitgehend auf Waffen.
In unserer Demo haben wir nur einen kurzen Kampf gegen niedere Vampire gesehen, der tatsächlich angenehm flott lief und mit coolen Heldenfähigkeiten glänzte. Allerdings schien es den Waffen noch etwas an Wucht zu fehlen und die Gegner hatten wenig auf dem Kasten. Um an Bloodborne ranzukommen, müssten die Bossgegner und auch die normalen Feinde im fertigen Spiel mehr bieten - und Dontnod allgemein ein deutlich besseres Kampfsystem hinlegen als im zwar guten, aber nicht großartigen Remember Me. Wenn sie das schaffen, dann könnte Vampyr ein echtes Rollenspiel-Highlight werden.
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