Dass Tomb Raider ein solider Actionfilm ist, haben wir bereits in unserer Kinokritik festgestellt. Tomb Raider ist darüber hinaus aber auch eine wirklich vorbildliche Videospielverfilmung. Das liegt vor allem an der Produktion, den Schauspielern, dem Erbe der Serie und einer Kletteraxt.
Hoher Produktionswert
Die Schauspieler, die Effekte und die Szenerie sind natürlich das erste, was man sieht. Und hier macht Tomb Raider einen echt guten Job. Der Film hat zwar nicht so auf Hochglanz polierte CGI-Effekte wie zum Beispiel die zahlreichen Marvel-Filme oder ist so malerisch und pompös inszeniert wie ein Herr der Ringe.
Trotzdem wirkt die Insel Yamatai, auf die es Lara in ihrem ersten Abenteuer verschlägt, nie künstlich oder überzeichnet. Die Stimmung schwingt ein bisschen mehr in Richtung Indiana Jones als die Verfilmung von Assassin's Creed, aber auch das ist für die Archäologin in spe ja eher von Vorteil.
Noch mehr Tomb Raider?
Titel und Releasedatum des nächsten Tomb Raider-Spiels sind bereits bekannt
Die Schauspieler wurden ebenfalls gut ausgesucht. Laras Darstellerin Alicia Vikander ist nicht nur in der körperlichen Form, um problemlos Berge mit den bloßen Händen zu erklettern und Feinden einen ausgeglichenen Kampf zu liefern. Sie hat außerdem wirklich Spaß an ihrer Rolle. Das merkt man nicht nur in Interviews rund um den Film, sondern auch in den einzelnen Szenen, in die sie sich mit voller Leidenschaft schmeißt.
Filmbösewicht Mathias wirkt zwar immer mehr wie ein fieser Handlanger als ein richtiger Anführer, trotzdem schafft er es, genauso fatalistisch zu wirken wie seine Spielvorlage. Hier ist der Film natürlich im Vorteil: Keiner kann echte Menschen besser darstellen als, nun ja, echte Menschen.
Zwischen Massentauglichkeit und Nische
Tomb Raider hat außerdem einen weiteren Vorteil gegenüber anderen Videospielfiguren: Der Spagat zwischen Massentauglichkeit und Gaming-Nische gelingt allein deswegen schon, weil Tomb Raider als Filmreihe bereits etabliert ist. Fast jeder denkt bei Lara Croft auch an Angelina Jolie. Anders als World of Warcraft oder Assassin's Creed hat auch die breite Masse schon eine ungefähre Idee, was sie in einem Film des Franchise erwarten wird.
Gleichzeitig handelt es sich hier aber nicht nur um eine einfache Wiederverwertung der alten Filme, die mit den alten Spielen maximal den Butler, den Namen und die Kostüme gemeinsam hatten. Die Drehbuchschreiber nahmen sich Tomb Raider, den ersten Spiel-Reboot von 2013, zum Vorbild und haben so nicht nur einen weiteren Film mit vager Anlehnung, sondern eine wirkliche Videospielverfilmung geschaffen.
Neues auch für Serienkenner
Dabei haben sie sich aber nicht strikt an die Spielvorlage gehalten. Und das ist auch gut so. Warum sollte jemand, der das Spiel bereits mehrmals durchgespielt hat, im Film noch einmal genau die gleiche Geschichte ansehen? Wie jeder, der schon einmal gespoilert wurde, bezeugen kann, verliert ein Film an Spannung, wenn man seine wichtigsten Momente bereits kennt.
Tomb Raider nutzt das Spiel zwar als Vorlage, malt aber gerne mal über den Rand. Zum Beispiel ist Lara im Film keine Archäologiestudentin, sondern Fahrradkurier. Und ihr Vater hat sich auch nicht umgebracht, sondern ist bei einer Expedition verschollen. Bei Lara selbst hat die Neuinterpretation einen großen Vorteil: Ihr Werdegang ist bedeutend logischer.
Im Videospiel war Laras Entwicklung zur Heldin mehr als holprig. Im einen Moment heult sie sich die Augen über einem getöteten Reh aus, im nächsten schleicht sie durchs Unterholz und meuchelt einen Söldner nach dem anderen. Im Film lässt sie die Rehe in Ruhe, bei ihrem ersten Mord (aus Notwehr) wirkt sie aber ziemlich mitgenommen und segnet selbst beinahe das Zeitliche. Wenn jemand stirbt, ist das meist für die Handlung oder Laras Überleben notwendig und macht in ihrer Entwicklung sehr viel mehr Sinn.
Unterm Strich unterscheidet sich Tomb Raiders Neuinterpretation genug vom Spiel, um Fans nicht zu langweilen, behält aber gleichzeitig auch genug Details bei, um für Nostalgiemomente zu sorgen.
Nostalgiemomente für Fans
Denn mal ehrlich: Eine Videospielverfilmung ohne zumindest ein paar Aspekte aus dem Videospiel macht einfach keinen Sinn. Sonst könnte der Film statt Tomb Raider auch "Laras Inselabenteuer" heißen und irgendetwas mit Gräbern zu tun haben.
Stattdessen haben sich die Drehbuchschreiber entschieden, immer wieder kleine und feine Details für die Fans zu verstecken. Zum Beispiel Fässer, die explodieren, wenn sie getroffen werden. Das Arbeitszimmer, in dem die Expeditionen geplant werden. Ihr Bogen. Oder eben Laras Kletteraxt, die genau so aussieht wie im Film und wie ihr Vorbild zum Klettern und meucheln genutzt wird.
So hat der Film trotz Massentauglichkeit und neuen Spins diverse Aha-Momente für Fans der Reihe. Auch wenn das dazu führt, dass die sich an den falschen Stellen freuen. Zum Beispiel, wenn der riesige Splitter "genau wie im Spiel" aus ihrem Bauchraum ragt.
Im Großen und Ganzen hat Tomb Raider also alle Kriterien erfüllt, die eine gute Videospielverfilmung braucht. Der Film ist vielleicht kein Oscar-Kandidat, uns als Fans der Spiele macht er aber zufrieden. Wenn jetzt noch ein bisschen mehr tatsächliche Archäologie vorkommen würde, wären wir sogar richtig glücklich. Aber das kann ja auch noch im zweiten Teil passieren - ganz nach Videospielvorlage.
Was sagt ihr dazu? Wie viel muss eine Verfilmung vom Originalspiel übernehmen?
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