The Pathless ist die Geschichte einer namenlosen Jägerin und ihres Adlers. Lediglich mit einem einfachen Bogen bewaffnet legt sie mit ihrem Schiff an der Küste einer unbekannten Insel an, um diese von einem dunklen Fluch zu befreien. Die bedrohliche Macht hält die Seelen alter Tiergötter gefangen und wütet mit ihnen als wutentbrannte Monster-Inkarnationen ihrer selbst über das Land, umgeben von roten Blitzen und Sturmwolken.
Durch den Sturm kommen wir in der Rolle der Jägerin nicht nah genug an die Kreaturen heran, also machen wir uns auf die Suche nach alten Relikten, die wir in Leuchttürme einsetzen müssen. So aktivieren wir helle, magische Strahlen, die das Gewitter um die Kreaturen besänftigt. Haben wir je drei dieser Türme in Betrieb genommen, können wir daraufhin die alte Gottheit mit gezielten Treffern in packenden Duellen von ihrer Besessenheit erlösen und den Landstrich vom Terror befreien.
Ins Deutsche übersetzt bedeutet der Name des Spiels in etwa "die Unwegsame". Das beschreibt nicht nur die Protagonistin, sondern trifft auch auf viele ungewöhnliche Designentscheidungen des faszinierenden Indie-Projekts zu.
Eine große, leere Welt voller Geheimnisse
Im Kern ist The Pathless ein Open-World-Spiel, bei dem wir die weitläufige Welt, die in mehrere Plateaus unterteilt ist, nahezu frei erkunden können. Die Landstriche sind leer und unbewohnt, auf andere Menschen treffen wir nur in Form von Skeletten, die an längst vergessene Schlachten erinnern. Gebäude, Brücken und Tempelanlagen liegen in Trümmern und geben nur noch eine grobe Vorstellung davon, wie in ihnen einst eine Zivilisation lebte.
Um die weiten Strecken des Landes zu überbrücken, stehen zwei Fortbewegungsarten zur Verfügung. Primär sind wir mit der Jägerin zu Fuß unterwegs und rennen durch Wälder, hohes Gras oder schroffe Berglandschaften. Doch die Energie für ihren Dauerlauf ist begrenzt. Glücklicherweise sind überall in der Welt magische Talismane verteilt, die wir im vollen Sprint auf Tastendruck anvisieren und mit Pfeilen abschießen können. Ein zerstörter Talisman gibt der Jägerin daraufhin sofort einen kleinen Schwung nach vorn und lädt zusätzlich die Energieleiste auf.
Ein Adler als treuer Begleiter
Auf diese Weise haben die Giant Squid Studios eine wunderbar kreative Fortbewegungsart erdacht, die nicht nur stimmig in die Welt passt, sondern auch zugänglich und mit der richtigen Portion Action das Reisen dauerhaft unterhaltsam macht. Der Adler sorgt zusätzlich für die vertikale Bewegungsfreiheit. Drücken wir nach einem Sprung erneut die A-Taste, greift uns der Vogel an den Schultern und trägt uns über größere Abgründe oder auf den nächsten Absatz. Im Laufe des Abenteuers sammeln wir magische Federn ein, die es dem Adler ermöglichen, weitere Flügelschläge auszuführen, um uns höher zu tragen.
Dieser Mix aus Rutschen, Springen, Gleiten und Schießen macht großen Spaß und erinnert stellenweise an Rhythmusspiele, bei denen wir nicht aus dem Takt fallen dürfen und im "Flow" bleiben müssen. Zusätzlich schult die Reisemechanik für die anstehenden Bosskämpfe, die uns jeweils den Übergang auf das nächste Plateau versperren.
Klassische Bosskämpfe, aber ohne Frust
Eine weitere Besonderheit: Die Bossbegegnungen sind die einzigen Kämpfe im ansonsten sehr friedlichen Spiel. Außerhalb dieser packenden Duelle gibt es keine Gegner oder gar Gefahren in der Welt. Den Bogen brauchen wir ansonsten nur zum Lösen der zahlreichen Rätselaufgaben, die in den Ruinen warten. Die benötigten Artefakte für die Leuchttürme sind durch den Fluch in Schutzschilden gefangen.
Diese brechen wir, indem wir beispielsweise einen Pfeil gezielt durch drei Steinringe in das Ziel schießen oder ebenfalls mit dem Pfeil eine Flamme auf mehrere erloschene Fackeln übertragen. Dazu ist es in der Regel nötig, die richtige Position zu finden, Plattformen zu erklimmen oder mit Feuer erst einen eingefrorenen Ring vom Eis zu befreien.
Der Adler ist auch hier eine große Hilfe: Auf Kommando verschiebt er für uns Spiegel, damit wir mit ihnen auch Ziele um die Ecke treffen können. Oder er hebt schwere Steine auf und lässt sie auf Schalter am Boden fallen, die Türen und verschlossene Wege öffnen. Die Rätsel variieren in ihrer Umsetzung, aber haben wiederkehrende Elemente und unterschiedliche Komplexitätsgrade. Viele Aufgaben sind bewusst sehr leicht, dafür finden wir auch hier und da mal ein paar komplexere Aufgaben.
Zusätzlich gibt es jede Menge Bonuspuzzles zu finden, die uns zwar keine Artefakte, aber dafür Federn oder mehr Ausdauer für die Sprints bescheren. Bleiben wir mal an einem Rätsel hängen und finden die Lösung nicht, ist das nicht dramatisch. Auf allen Plateaus des Landes gibt es deutlich mehr Artefakte zu entdecken und Rätsel zu lösen, als für die Aktivierung der jeweils drei Leuchttürme nötig ist.
Keine Schnellreise oder Minimap
Zentraler Reiz des Abenteuers ist es, diese versteckten Aufgaben überhaupt zu finden, denn The Pathless kommt komplett ohne Übersichtskarte, Minimap oder Schnellreise aus. Lediglich eine Maske mit einem "magischen Auge" steht der Jägerin zur Verfügung. Setzt sie diese auf, leuchten alle mit dem Fluch belegten Objekte rot auf, so dass wir grob wissen, wo es noch etwas zu lösen gibt.
Die großen, alles überragenden Türme und markanten Objekte wie Brücken oder Statuen geben zusätzlich ein natürliches Gefühl für den jeweiligen Landstrich und erleichtern die Orientierung. Trotz der fehlenden, ansonsten typischen Komfortfunktionen eines Open-World-Spiels haben wir uns nie verloren gefühlt. Hinzu kommt, dass wir uns gerne in der Welt aufgehalten und sie erkundet haben.
Die Lichtstimmungen sind atemberaubend schön, und der mystische, märchenhafte Tenor der Rahmenhandlung wird auch optisch konsequent aufrecht erhalten. Da ist es durchaus verzeihlich, dass die Geschichte über ein simples "Gut gegen Böse" nicht hinauskommt.
Volltreffer ohne Hektik
Toll durchdacht ist auch der Ansatz, dass wir in The Pathless nicht durch Game-Over-Screens oder Rücksetzpunkte bei einem gescheiterten Bosskampf aus der Immmersion gerissen werden. Bei Bosskämpfen werden wir für zu spätes Ausweichen bei starken Angriffen schlicht zurückgeschleudert, aber können nicht "sterben". Fehler kosten daher nur Zeit, aber die Anspannung der Situation bleibt erhalten, und auch wer kein Ass am Controller ist, wird die Konflikte frustfrei meistern können.
Dass Creative Director Matt Nava maßgeblich an der visuellen Ausgestaltung bei thatgamecompany für den PlayStation-3-Hit Journey verantwortlich war, merkt man von der ersten Sekunde an, in der man The Pathless spielt. Aber das ist nicht schlimm, denn Nava und seinem Team gelingt es mit Leichtigkeit, ein eigenständiges Spiel zu schaffen, das viele neue Ideen und frische Ansätze ins Genre bringt. Eine Empfehlung für alle Action-Adventure-Fans, die gerne auf eigene Faust erkunden und rätseln wollen und sich nach einem besinnlichen und ruhigen Ort für den derzeit so nötigen Eskapismus sehnen.
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