Das emotionale Bindeglied
All das sind extrem ermutigende Zeichen. Naughty Dog ist nicht nur offensichtlich mit viel Liebe zum Detail am Werk, sondern setzt die verfügbaren Stilmittel mit Bedacht ein. Viel Wert legt das Spiel auch von Anfang an auf die Beziehung zwischen Joel und seinen wenigen Mitstreitern. Insbesondere Ellie, die als Teenager nie die Welt vor der Seuche kennengelernt hat, ist Dreh und Angelpunkt der Geschichte. Für den Spieler ist sie ein Bezugspunkt. Wenn Joel ihr Geschichten aus der Zeit vor der Seuche erzählt, erfahren wir zugleich, was die Welt in den Abgrund geführt hat.
Für Joel hingegen ist Ellie natürlich ein emotionales Bindeglied. Je länger die beiden unterwegs sind, desto mehr wächst dem Raubein das Mädchen ans Herz. Ob das auch bei uns funktioniert, können wir nach der kurzen Spielzeit noch nicht sagen. Stand jetzt beschränkt sich der Grad unserer Zuneigung auf:»Weder Tess noch Ellie standen je im Weg.«
Körper-Horror
Das ist nicht unerheblich bei einem Spiel, dass Fehler noch hart bestraft. Wenn uns unweigerlich irgendwann die ersten Infizierten über den Weg laufen, wird es nämlich ernst und The Last of Us entpuppt sich als echter Survival-Horror. Statt Horden von Kanonenfutter erwarten uns kleine Gruppen zäher Gegner. Selbst die harmlosesten unter ihnen stecken mehrere Treffer unserer kostbaren Pistolenmunition ein, bevor sie endlich zusammenklappen.
Die Gruppe der Infizierten unterteilt sich dabei in den Fortschritt ihrer Erkrankung. Je mehr ihr Körper von den Pilzsporen verzehrt wurde, desto unmenschlicher werden sie. Frisch Befallene sehen daher eher aus wie klassische Zombies, stürmen bei Sichtkontakt auf uns zu und fallen nach wenigen Treffern. Doch andere, deren Köpfe bereits wie bizarre Korallenstöcke aussehen, stolpern blind durch die Gänge und orientieren sich anhand gutturaler Schreie und einer Art "Ultraschall"-Sinn.
Das Design dieser Kreaturen allein zeigt bereits, dass Naughty Dog keinen Survival-Horror-Light auf der Pfanne hat. Allein der Anblick der verunstalteten Kreaturen ist als Frühstücksbeilage zu vermeiden. Viel schlimmer ist aber das ganze Konzept hinter den Quasi-Zombies. Die Idee, nicht nur von einem Virus, sondern von einem parasitären Pilz befallen zu werden, lässt das Schicksal dieser Menschen noch grauenvoller erscheinen.
Während man versucht, an den stärksten Gegnern vorbeizuschleichen, erheischt man immer wieder genaue Blicke auf zerstörte Gesichter zwischen hervorbrechenden Pilzlammellen. Man sieht Arme, Beine und Körper, die als Nährboden für ein Gewirr aus Pilzkappen dienen, und Hälse, aus deren Haut in Geschwüre eingebettete Schwämme wuchern. »Körper-Horror«, nennt man diese Spielart im Fachjargong, deren intensive, für manche Menschen völlig abstoßende Wirkung aus der deutlich sichtbaren Zerstörung des menschlichen Körpers erwächst. The Last of Us hat für seine Infizierten-Fraktion eine extrem effektive Variante dieses Themas entdeckt. Das oft beschworene Schicksal, schlimmer als der Tod: hier scheint es plausibel.
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