Zukunft ist Vergangenheit. Unter diesem Motto versammelten sich vor ein paar Jahren die X-Men rund um Michael Fassbender und James McAvoy. Aktuell schreiben sich aber auch gleich mehrere Entwickler diesen Spruch auf ihre Fahnen, um uns damit weg von Sci-Fi-Schauplätzen und hin zu historischen Schlachtfeldern zu lotsen. Das prominenteste Beispiel dafür liefert Battlefield 1.
Wie dessen Closed Alpha kürzlich bewies, gräbt der Multiplayer-Shooter das Niemandsland des Ersten Weltkriegs zur prallgefüllten Spielwiese um – und das zur Freude vieler Spieler, die sich an Raumanzügen oder Exo-Suits sattgesehen haben.
Einen etwas anderen Ansatz verfolgt Sudden Strike 4. Der Echtzeitstrategietitel lenkt sein Scheinwerferlicht eher in Richtung Realismus und zum Gameplay der mehr als zehn Jahre alten Vorgänger. Auf moderne Design-Ideen musste ich deshalb zum Glück trotzdem nicht verzichten, als ich vor kurzem zwei Solo-Missionen ausprobieren konnte.
Ein Spiel mit Geschichte
Entwickler Kite Games verfolgt bei Sudden Strike 4 eine klare Linie. Sie wollen der Serie einen Weg in die heutige Spielelandschaft ebnen, dabei allerdings nicht den spielerischen Kern zurücklassen. Sudden Strike 4 versteht sich demnach weder als Remake noch als Reboot. Uns soll ein vollwertiger Nachfolger erwarten, der zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs angesiedelt ist und bei den ersten beiden Teilen nach Anknüpfungspunkten sucht.
Konkret äußert sich das darin, dass klassischer Basisbau fehlt. Stattdessen zwingt mich Sudden Strike 4 dazu, mit den Fahrzeugen und Truppen zu haushalten, die es mir zum Start eines Level überlässt. Nachschub gibt es nur selten. Im Gegenzug breitet das Spiel eine taktische Tiefe vor mir aus, in die ich nur zu gerne abtauche – zumindest, sobald ich mich an sie gewöhnt habe.
Game Over für Neo
Zum Einstieg empfehlen mir die Macher eine Mission zur Ardennenoffensive aus Sicht der Alliierten. In einem verschneiten Waldstück lässt mich Sudden Strike 4 einen kurzen Blick auf seine grundlegenden Mechaniken werfen. Nach den ersten Kämpfen schickt mich das Spiel zum Truppenlager zurück, dort soll ich mich auf einen drohenden Angriff vorbereiten. Während ich noch darüber grübele, wie ich Reparatur- oder Versorgungsfahrzeuge, die diversen Panzertypen sowie die Fähigkeiten meiner Fußsoldaten am besten einsetze, tickt der Timer am Bildrand unaufhaltsam runter. »Schlage den Angriff zurück«, ruft mir Sudden Strike 4 plötzlich zu. Und ich fühle mich in etwa so wie Neo, der von Morpheus hört, dass er doch jetzt bitte mal von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer hüpfen soll. Die mitunter störrische Wegfindungs-KI tut ihr übriges. Denn Fußsoldaten und Vehikel verkeilen sich schnell, wenn sie aufeinandertreffen. Daher muss ich ihre Laufwege öfter nachjustieren.
Den Ausgang der Schlacht könnt ihr euch wohl vorstellen. Immerhin verraten die »Game Over«-Bildschirme links und rechts von mir, dass ich damit nicht alleine bin. Also auf ein Neues.
Learning by doing
Beim zweiten Versuch lege ich mir von vornherein eine Taktik zurecht. Meine Infanterie-Einheiten schicke ich in Schützengräben, anstatt sie einfach auf ihre Feinde zustürmen zu lassen. Zudem achte ich unter anderem darauf, Gegnern mit den wendigeren Panzern in die Flanke zu fallen. Das alles mag schrecklich banal und naheliegend klingen, fordert mir aber einiges ab, da ich in kurzer Zeit an vielen kleine Stellschrauben drehen und die auch erst einmal kennenlernen muss. So passe ich die Position meiner Panzerabwehrkanonen an die Lage der feindlichen Truppen an, bei kritischen Schäden rücken die bereits erwähnten Reparaturfahrzeuge aus und Feldsanitäter schicke ich zu den verwundeten Soldaten.
Mein Vorgehen klopft Sudden Strike 4 im Hintergrund permanent darauf ab, ob ich mich clever verhalte und belohnt mich gegebenenfalls sofort mit Abzeichen sowie Bonuspunkten, die meine Abschlussbewertung anheben. Auf diese Weise verbessere ich mich nach dem harten Einstieg umso intuitiver und hangle mich von einem Erfolgsmoment zum nächsten, bis ich zufrieden beim Missionsende lande.
Zumal ich von diesem System in gleich doppelter Hinsicht profitiere. Denn vor einem Level entscheide ich mich für einen sogenannten Strategen. Insgesamt gibt es neun Stück, die sich gleichmäßig auf die Kampagnen der Alliierten, der Sowjetunion und der Deutschen verteilen. Sie bieten mir teils einzigartige Fähigkeiten, die ich über genau die Sterne freischalte, die ich mir für klug gelöste Aufträge verdiene. Dadurch will Kite Games ein noch variantenreicheres Gameplay ermöglichen.
Fordernd bleibt fordernd
Nach dem Ausflug in die Ardennen versuche ich mich noch mit deutschen Truppen an der Schlacht um Stalingrad. Als der Ladebildschirm die Sicht auf die Stadt freigibt, erinnere ich mich an ein Versprechen der Entwickler: Sudden Strike 4 werde eines der hübschesten Strategiespiele. Große Worte, die der Titel mit viel Atmosphäre füllt.
Während meine Panzer durch die verwaisten Straßen rollen, zerbersten zurückgelassene Koffer, Möbelstücke oder kleinere Trümmer unter ihren Ketten. Als ich näher heranzoome, erkenne ich mit Brettern verbarrikadierte Fenster in den zerklüfteten Häuserfassaden. »Mein Gott… kannst du dir vorstellen, dass hier mal Leute gelebt haben?«, fragt einer der Soldaten und für einen Augenblick liegt neben dem Kriegsnebel auf ein nachdenkliches »Ja« über der Karte.
Aber nur wenige Momente später wischt das Missionsdesign diese Gedanken beiseite. Zuvor musste ich mich noch als Verteidiger beweisen, indem ich dem Feind Fallen stellte. Nun drohe ich alle paar Meter selbst in welche zu tappen. Obwohl ich mich in brenzeligen Situationen immer wieder gegen die drohende Niederlage stemme, kostet es irgendwann einfach zu viel Kraft. Auch bei meinem folgenden Anlauf gerate ich ins Straucheln – vorerst muss ich mich geschlagen geben.
Ob ich die Schlacht doch noch gewinne, will ich spätestens zum Release herausfinden. Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Und diese Faustregel dürfte nach dem mäßigen letzten Ableger ab dem Frühjahr 2017 endlich auch für die Sudden Strike-Reihe gelten.
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