Wer hätte gedacht, dass noch einmal so viel Bewegung in den Handheld-Markt kommt? Nintendo dominierte diesen bisher sicher, als einziger Konkurrent scheiterte Sony gleich in mehreren Anläufen. Wohl auch, da sich die Philosophien beider Unternehmen sehr ähnelten. Das sieht bei Steam Deck anders aus - Valve verknüpft die Stärken des PCs mit den Wünschen der Zielgruppe. Statt eines Quality-of-Life-Updates mit OLED-Bildschirm gibt's Leistung satt, Zugriff auf eine gigantische Spiele-Bibliothek und völlige Plattformunabhängigkeit.
Folgende Aspekte haben wir verglichen:
- Grafikeinheit
- Hauptprozessor
- Arbeitsspeicher
- Systemspeicher
- Bildschirm
- Docking Station
- Akkulaufzeit
- Spieleauswahl
- Bedienkonzepte und Nachhaltigkeit
Grafikeinheit
- Nintendo Switch: 256 Shader-Kerne bei 307 bis 768 MHz, Nvidia Maxwell
- Steam Deck: 512 Shader-Kerne (8 Compute Units) bei 1.0 bis 1.6 GHz, AMD RDNA 2
- Xbox Series S: 1280 Shader-Kerne (20 Compute Units) bei 1.565 GHz, AMD RDNA 2
Der Vergleich in der Grafikleistung erübrigt sich fast von selbst. Valves Steam Deck könnte kaum weiter vor der Nintendo Switch liegen. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass sich Performance selten in rohen Leistungsdaten misst, sondern letztendlich von der Software abhängig ist. Das geschlossene Konzept der Switch erlaubt eine bessere Optimierung. Dennoch sehen wir Steam Deck klar vorn, denn die verwendete Architektur ist deutlich aktueller und leistungsfähiger. Nvidias Maxwell befand sich bereits drei Jahre auf dem Markt, bevor die Switch überhaupt angekündigt wurde.
So stark ist Steam Deck: Das Leistungspotenzial von Steam Deck demonstrierte Valve bereits gegenüber IGN. Portal 2 ist in 60 fps mit den Standard-Einstellungen spielbar, Death Stranding, Hades und Star Wars Jedi: Fallen Order liefen mit hohen Einstellungen in einer nicht näher benannten Framerate.
Vor allem aufwendige 3D-Spiele bereiten der Switch hingegen große Probleme. Selbst die sehr gut optimierten Portierungen aus dem Hause Panic Button (Doom: Eternal, Wolfenstein 2: The New Colossus) weisen gewaltige Einschränkungen im Hinblick auf Auflösung und Details auf.
Mit Blick auf die Xbox Series S zeigt sich, dass Steam Deck technisch recht nah bei den aktuellen Heimkonsolen liegt. Die Anzahl der Compute Units ist geringer, dafür muss der tragbare PC aber auch nur eine maximale Auflösung von 1280x800 darstellen.
Hauptprozessor
- Nintendo Switch: 4 Kerne, 4 Threads, 1.02 GHz, ARM Cortex-A57
- Steam Deck: 4 Kerne, 8 Threads, 2.04 bis 3.5 GHz, AMD Zen 2
- Xbox Series S: 8 Kerne, 16 Threads, 3.6 Ghz bzw. 3.4 GHz bei Multithreading, AMD Zen 2
Auch hier wird noch einmal die Nähe zu den Heimkonsolen deutlich. Die CPU von Steam Deck taktet zwar niedriger und besitzt weniger Kerne, allerdings ist das wenig überraschend, da Valve versucht, unter einem Stromverbrauch von 20 Watt zu bleiben. Die Series S erreicht je nach Bedarf über 85 Watt.
Dass Zen 2 einiges auf den Kasten hat, beweist AMD nun schon seit geraumer Zeit im Desktop- und Konsolensegment. Die Architektur ist erprobt und immens leistungsfähig. Auch größere Szenen mit vielen NPCs sollten von Steam Deck bewältigt werden können. Die Switch wird hingegen vor immer größere Probleme gestellt. In den Spielen der Hyrule-Warriors-Reihe rutscht die Framerate aufgrund der Massen an Gegnern regelrecht ins Bodenlose.
SmartShift könnte zum Einsatz kommen: Auffällig ist die Verwendung variabler Taktraten sowohl bei der CPU als auch bei der GPU. Das kennen wir bereits von der PS5 - Je nach Bedarf wird der Takt auf einem Teil der APU angehoben oder gesenkt, um situativ das Maximum an Leistung zu liefern.
Arbeitsspeicher
- Nintendo Switch: 4 GB Low Power DDR4 mit 2662 MT/s (Handheld) bzw. 3200 MT/s (Docked)
- Steam Deck: 16 GB Low Power DDR5 mit 5500 MT/s
- Xbox Series S: 8 GB GDDR6 mit 14000 MT/s, 2 GB mit 3500 MT/s
MT/s gibt die Anzahl an Datentransfers an, 1 MT/s = 1 Million Transfers pro Sekunde
Steam Deck vollführt ebenfalls einen Generationssprung beim Arbeitsspeicher. LPDDR5 wird seit Ende 2020 in immer mehr High-End-Smartphones eingesetzt und findet nun auch im Handheld-Segment Einzug. Die Bestückung mit 16 GB ist beachtlich und passt zur AMD-Hardware, welche stark von hohem RAM-Takt profitiert und hohe Anforderungen an die Speichermenge stellt.
Die Switch ist dahingehend stärker eingeschränkt, weshalb die Texturqualität in aufwendigen Multiplattform-Spielen sehr gering ist.
Systemspeicher
- Nintendo Switch: 32 GB eMMC, 64 GB eMMC (OLED)
- Steam Deck: 64 GB eMMC (419€), 256 GB NVMe-SSD (549€), 512 GB NVMe-SSD (679€)
Die Speicherkapazitäten fallen beim Steam Deck deutlich höher aus, einzig die OLED-Variante der Switch liegt mit dem günstigsten Modell gleichauf. Greift ihr tiefer in die Tasche, kommt eine NVMe-SSD zum Einsatz. eMMC-Speicher bietet Transferraten von maximal 250 Mbit/s, typische microSDXC-Karten liegen in etwa bei 160 Mbit/s. Sehr geringe Zugriffszeiten sorgen auch bei der Switch für kurze Ladevorgänge.
NVMe-Speicher ist deutlich schneller: In Endgeräten übliche NVMe-SSDs bieten eine Transferrate von ungefähr 1,7 Gbit pro Sekunde, weshalb Ladezeiten auf ein Minimum reduziert werden. Völlig ausgereizt wird NVMe-Speicher aber nur selten. Assets wie Texturen nehmen bei PC-Spielen noch immer den Umweg über den Arbeitsspeicher, anstatt direkt vom Datenträger geladen zu werden. Entsprechende Technologien befinden sich erst noch in den Startlöchern.
Dennoch raten wir zu größeren Speichermengen: Installationen von PC-Spielen werden für ein breites Spektrum an Hardware zur Verfügung gestellt, weshalb der Speicherbedarf ein gutes Stückchen größer ist. Mit 64 GB wird es, je nach gewähltem Betriebssystem, schnell knapp. Immerhin lassen sich beide Handhelds mit microSDXC-Karten erweitern. Wer ein bisschen Geduld mitbringt, kann also auch am Speicher sparen.
Möglichkeit zur Nachrüstung entdeckt: Im Datenblatt des Steam Deck findet sich mittlerweile ein Eintrag, dass alle Modelle über einen M.2-Steckplatz verfügen. Schrauber könnten damit das System nachträglich aufrüsten, passende SSDs, die dem Formfaktor 2230 entsprechen, sind für Endkunden aber nur im Fachhandel erhältlich. Zudem könnte Valve Vorkehrungen treffen, die einen Austausch erschweren.
Bildschirm
- Nintendo Switch: 6.2 Zoll LCD bzw. 7 Zoll OLED, Touchscreen, 720p, 16:9-Ratio
- Steam Deck: 7 Zoll LCD, Touchscreen, 800p, 16:10-Ratio
Auf dem Papier sind hier beide Geräte recht nah beieinander. Mit 400 nits ist das Display des Steam Deck leicht heller, die Switch erreicht beim 2017er-Modell 291 nits bzw. 318 nits bei der Revision aus dem Jahr 2019. Vergleiche zum OLED-Modell müssen wir vorerst abwarten. Generell lässt sich sagen, dass OLED-Bildschirme kontrastreicher sind und ein echtes Schwarz bieten, LCD dafür heller leuchtet.
Ungewöhnliche Ratio: Steam Deck nutzt ein 16:10-Display. Ein Großteil aktueller PC-Spiele kann damit perfekt umgehen. Sollte das nicht der Fall sein, füllen jeweils 40 Pixel breite schwarze Balken den oberen und unteren Bildschirmrand auf.
Entspiegelung bei der teuersten Variante: Spiegelungen können bei der Switch gerade beim Außeneinsatz ein gewaltiger Störfaktor sein. Erwerbt ihr teuerste Variante des Steam Deck, kommt ihr in den Genuss eines vollständig entspiegelten Displays.
Docking Station
- Nintendo Switch: 1x USB 3.0, 2x USB 2.0, HDMI 1.4b, LAN-Port (OLED-Modell), wird mitgeliefert
- Steam Deck: 1x USB 3.1, 2x USB 2.0, HDMI 2.0, DisplayPort 1.4, LAN-Port, muss zusätzlich gekauft werden
Valve bietet ein wenig mehr Flexibilität bei der Docking Station. Über den DisplayPort-Anschluss werden sich Monitor-Besitzer freuen, 4K bei 120 Hz sind damit kein Problem. Die Verwendung von HDMI 2.0 lässt maximal 4K bei 60 Hz zu, eine reduzierte Farbunterabtastung ist für 120 Hz notwendig.
Second Screen beim Steam Deck: Auf Valves Werbematerial ist zu erkennen, dass die Docking Station nach vorn hin offen ist und das Display nicht ausgeschaltet wird, wie es bei der Switch der Fall ist. Daher können wir etwa parallel Youtube-Tutorials schauen oder die Freundesliste griffbereit haben.
Ein tragbarer Mini-PC: Jegliches USB-Zubehör lässt sich problemlos mit SteamOS bzw. anderen Betriebssystemen nutzen, sofern Treiber dazu veröffentlicht wurden. Auf der Switch lassen sich hingegen ausschließlich verkabelte Controller, Headsets oder Adapter (z. B. für einen LAN-Port oder GameCube-Controller) nutzen.
Akkulaufzeit
- Nintendo Switch: 2.5 - 6.5h (altes Modell), 4.5 - 9h (neues Modell), 3 - 7h (Lite)
- Steam Deck: 2 - 8h
Der Akku des Steam Deck bietet eine Kapazität von 40 Wattstunden, die Nintendo Switch hingegen lediglich 16 Wattstunden. Dennoch wird dem Steam Deck wohl etwas früher der Saft ausgehen als dem neuesten und sehr effizienten Modell der Switch, da Valve leistungsfähigere Hardware verbaut. Die Laufzeiten sind jedoch sehr abhängig vom gewählten Spiel. Ein 16-Bit-Indie-Titel ist selbstverständlich genügsamer als etwa Doom: Eternal bei 60 fps.
Spieleauswahl
Valves SteamOS ist zu einer großen Anzahl an Spielen kompatibel. Entscheidend ist dabei die zusätzliche Kompatibilitätsschicht "Proton", welche DirectX-Befehle zum offenen Standard "Vulkan" übersetzt. Ungefähr 80 Prozent der beliebtesten Singleplayer-Titel auf Steam performen auf dem Niveau ihrer Windows-Konterparts, bei manchen sind leichte Anpassungen notwendig. Proton wird ständig weiterentwickelt, vor allem bei DirectX-12-Titeln und Multiplayer-Modi muss aber noch nachgebessert werden.
Nintendos Exklusivmacht: Sollten Zelda, Pokémon, Mario und co. zu euren liebsten Videospielereihen zählen, führt kein Weg an der Switch vorbei. Man sollte jedoch nicht außer Acht lassen, dass jedes Spiel, welches bisher keine Portierung für die Switch erhalten hat, zum Pluspunkt für Valves Handheld wird - und die Anzahl derer ist überwältigend.
Bedienkonzepte und Nachhaltigkeit
Trackpads sollen euch beim Steam Deck die Möglichkeit geben, unterwegs einen Mauszeiger bewegen zu können. Zudem befinden sich auf der Rückseite vier zusätzliche Knöpfe, die sich frei belegen lassen und den Paddles teurer "Pro-Controller" ähneln. Somit wirkt man auch ein wenig den sehr eng beieinander liegenden Bedienelementen an der Front entgegen.
Gyro-Steuerung: Videos demonstrieren, dass Steam Deck auch über ein Gyroskop verfügt. Einige Nintendo-Titel wie Splatoon 2 nutzen dieses Feature ebenfalls. Auf beiden Systemen ist es gleichzeitig möglich, mit dem Analogstick Feinjustierungen vorzunehmen.
Link zum Reddit-Inhalt
Die Switch lässt sich leichter reparieren: Joy-Con-Drift ist eine nervige Konstante bei der Nutzung der Nintendo Switch, lässt sich aber leicht beheben. Notfalls ist der Joy Con schnell ausgetauscht. Für die Lite-Version gilt dieser Komfort nicht, immerhin lassen sich Schäden aber auch dort nach dem Zerlegen vergleichsweise leicht reparieren. Bei Valves Steam Deck ist die Lage noch unklar. Bisherige Abbildungen weisen auf fest verlötete Sticks hin, die damit verbundene Platine könnte aber auch abgeschraubt werden.
Persönliche Meinung
Chris Werian
@DrChrisRespect
Steam Deck ist für mich in etwa das, was der PC in Relation zur stationären Konsole ist: Ein flexibles System, das ich mir formen kann, wie ich es möchte. Zwar wird meine Switch weiterhin mit Nintendos Exklusivspielen gefüttert, allerdings zeichnet sich ab, dass sich die anderweitige Nutzung auf ein Minimum reduzieren wird, sobald mein Steam Deck eintrudelt.
Die Möglichkeiten sind schlicht grenzenlos und auf einmal öffnet sich eine riesige Auswahl an Spielen, die weitestgehend gar nicht auf einer Switch denkbar wären. Darunter auch Titel, von denen ich immer dachte: "Boah, wie geil wäre es, die jetzt im Bett oder auf der Couch lümmelnd zu zocken?"
Valve ermöglicht genau das. Ohne doppelt kaufen zu müssen, ohne einen neuen Spielstand zu beginnen. Weder bin ich an meinen Rechner gebunden, noch muss ich beim mobilen Spielen große Einschnitte hinnehmen. Steam Deck verfügt über mächtige Hardware, die man eher in einem günstigen Gaming-Notebook vermuten würde. Valve-Boss Gabe Newell gab bereits zu, dass ihm der Verkaufspreis Bauchschmerzen bereitet, was aus Kundensicht aber ein großartiges Signal ist.
Habt ihr schon ein Spiel ins Auge gefasst, das ihr auf dem Steam Deck spielen würdet?
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