Scharfschützen-Spiele haben ihre eingeschworene Fan-Gemeinde, weil sie mit einer faszinierenden Idee spielen: Statt als Frontsoldat Kopf und Kragen zu riskieren und mit Sturmgewehr, Schrotflinte oder Mini-Gun jedes Ziel in einen Sieb zu verwandeln, ist man als Sniper ein Präzisions-Künstler. In Ruhe den Feind beobachten, den perfekten Schuss kalkulieren und am Ende das ahnungslose Ziel mit einer einzigen Kugel ausschalten - diese Rolle finden viele Spieler faszinierend.
Allerdings konnten die beiden bisherigen Ableger von Sniper: Ghost Warrior diese Fantasie nie so wirklich reibungslos umsetzen. An vielen Stellen waren sie zu wenig Scharfschützenspiel und zu viel generische Ballerbude. Umso überraschender, dass Sniper: Ghost Warrior 3 nach unseren Eindrücken auf der E3 nicht nur das Zeug zum besten Scharfschützenspiel hat, sondern auch eines der interessantesten Schleichspiele werden könnte.
Behind enemy lines
Unsere Spielfigur ist Mitglied einer amerikanischen Spezialeinheit - die Verbindung zum US-Militär bringt uns allerdings nichts als Probleme. Denn unser Auftrag findet mitten in feindlichem Gebiet statt. Genauer: in Georgien. Dort tobt eine Art Stellvertreterkrieg zwischen mehreren Fraktionen. In der Welt von Ghost Warrior 3 ist der Kalte Krieg zwischen Ost und West bis in die Gegenwart heiß gelaufen. Für uns als amerikanischer Soldat mitten im feindlichen Gebiet heißt das vor allem eins: Trotz offener Spielwelt überleben wir keine fünf Minuten, wenn wir diese Freiheit mit blindem Rumrennen verbringen.
Ghost Warrior 3 zwingt uns zu behutsamem Vorgehen. In der Wildnis von Georgien ist jeder falsche Schritt tödlich: Verborgene Minen, Patrouillen, feindliche Scharfschützen - unser Sniper hält keine zehn Schüsse aus, also dürfen wir nicht entdeckt werden. Noch lässt sich nicht einschätzen, wie sich das langsame Pirschen auf den Spielfluss einer offenen Welt auswirkt. Für den Rahmen der E3-Pressedemo funktioniert es aber ganz hervorragend.
Denn für das Ziel der Präsentation kommt uns die Freiheit gerade recht: Wir müssen einen feindlichen General ausschalten, der mitten in einer schwer bewachten Anlage unterwegs ist. Wie wir das bewerkstelligen, ist komplett unserer Kreativität überlassen. Ab dem Moment, in dem wir unsere Safehouse-Höhle verlassen, müssen wir planen, beobachten und kalkulieren.
Learning by doing
Zum Glück ist unser Soldat für den Einsatz ausgebildet. Wer keine Lust hat, alle fünf Meter nach Stolperfallen Ausschau halten zu müssen, der verfolgt einfach die Fußspuren der Wachen und findet den sicheren Weg. Das Ziel ist auf direktem Pfad nahezu unerreichbar - stattdessen nutzen wir die gebirgige Landschaft Georgiens zu unserem Vorteil, klettern bei Nacht an Felsen entlang, suchen uns einen guten Vorsprung.
Allerdings zeigt uns kein Marker an, wo das Ziel ist. Wir brauchen Informationen. Die kriegen wir zum Beispiel mit einer Drohne, die wir uns im Safehouse selbst zusammengebastelt haben - damit hacken wir die Sicherheitskameras der Militäranlage und kriegen raus, wo der General steckt. Erst dann wird er markiert. Alternativ hätten wir uns aber auch in das Gelände schleichen und mit Messer und Schalldämpfer durch gegnerische Wachen meucheln können. Tageszeiten, Wetterbedingungen, Wachroutinen, alles beeinflusst unseren Weg zum Kill.
Ebenso wichtig sind unsere Fähigkeiten. Sniper: Ghost Warrior 3 verzichtet auf ein Levelsystem, stattdessen werden Skills durch Gebrauch stärker. Wer oft mit dem Scharfschützengewehr feuert, verbessert seine Zielgenauigkeit. Das Kraxeln an Wänden wandert hingegen in unsere Akrobatik-Fertigkeiten. Am Ende der Pressedemo haben wir uns auf einen Vorsprung jenseits der Militäranlage geschlichen, einen gegnerischen Heckenschützen leise ausgeschaltet und durch die Drohne die Position des Generals erspäht. Wir nehmen das Ziel ins Visier, beachten die Windgeschwindigkeit und machen den tödlichen Schuss.
Der beste Teil der Serie?
Es gibt noch so viele Facetten von Sniper: Ghost Warrior 3, über die man berichten könnte. Sidequests, Nahkampf, Crafting - aber all das sind Aspekte der einen Sache, die das Spiel zu einem der interessantesten Stealth-Titel der letzten Jahre macht: die Freiheit auf dem Weg zum Ziel und die Notwendigkeit, die ganzen Möglichkeiten auch kreativ zu nutzen. Wir fühlen uns an die offenen Japan-Level von Hitman 2 erinnert, an die frühen Ghost Recon-Teile, ja selbst an eher unbekannte Kuriositäten wie Death to Spies - Spiele, in denen erfolgreiches Schleichen noch mit erfolgreicher Planung verbunden war.
Derzeit kämpft Ghost Warrior 3 zumindest in der Presse-Demo noch mit Einbrüchen in der Bildrate und einigen Bugs. Trotzdem hat es jetzt bereits das Potenzial, zum besten Teil der Sniper-Reihe zu werden und selbst die Konkurrenz von Sniper Elite ordentlich aufzumischen.
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