Was braucht es eigentlich, um ein gutes Spiel zu erschaffen? Ist es tolle Grafik? Eine tiefschürfende Geschichte? Sind es komplexe, realistische Charaktere? Oder reicht es nicht manchmal auch schon aus, pfiffige Spielelemente zusammenzugießen und den Spieler selbst machen zu lassen? Wenn man Rare fragt, dann trifft Letzteres zu. Rare? Ja, richtig gehört! Das "Kultstudio", das im vergangenen Jahrtausend Hits wie Banjo-Kazooie, Donkey Kong 64 und natürlich Golden Eye 007 hervorgebracht hat, aber seit der Übernahme durch Microsoft nur noch Casual-Spielereien auf den Markt brachte - ausgerechnet dieses Studio entwickelt gerade eines der interessantesten und ungewöhnlichsten Spiele des Jahres: Sea of Thieves.
Sea of Thieves ist ein - Achtung! - "Shared-World Piraten-Abenteuer mit Survival-Elementen für Koop-Spieler". Das klingt, als wäre jemand aus Microsofts Marketing-Abteilung mit dem Kopf auf der Buzzword-Tastatur eingeschlafen, aber schmeißt nicht gleich die Flinte ins Korn, weil ihr an DayZ oder das PC-Spiel Rust oder so denkt. Sea of Thieves ist mit diesen Spielen nicht vergleichbar. Es nimmt sich weder besonders ernst, noch macht es all die Dinge nach, die die Konkurrenten bereits machen. Realismus? Braucht kein Mensch! Stattdessen gibt's: eine urkomische Multiplayer-Welt, die selbst Koop-Muffel zum Mitspielen bringt - und nicht weniger als die hübschesten Wassereffekte seit Langem!
Ahoi, ihr Landratten
Aber fangen wir doch von vorne an: Vorn ist der Bug, höhö! Verzeihung, wir hatten wohl etwas zu viel Grog. Jetzt aber ohne Jux: Sea of Thieves ist eine Piraten-Koop-Sause, die ihren Reiz nicht durch eine fein ausgearbeitete Story oder hochkomplexe Mechaniken entfaltet, sondern durch das Miteinander. Das insbesondere in den ersten Stunden höchst chaotisch und deswegen umso lustiger ausfallen kann.
Wir werden in eine nicht näher definierte Welt voller (irre gut dargestelltem) Wasser und knuffig pittoresken Inseln entlassen. Spielen wir zu viert, stellt uns das Spiel eine schicke Galeone, die dank ihrer drei mächtigen Segelmasten die Wellen förmlich reiten kann - vorausgesetzt, wir haben den Anker gelichtet, die Segel richtig gesetzt und nicht Hein Blöd ans Steuer gelassen. Was in anderen Spielen nämlich durch ein paar Klicks im UI erledigt werden kann, muss in Sea of Thieves "von Hand" erledigt werden.
Jeder der vier Spieler übernimmt eine Aufgabe an Bord. Richtige Rollen muss man nicht unbedingt verteilen, jeder kann ans Steuer oder die Kanonen abfeuern. Wichtig ist nur, dass überhaupt jemand den jeweiligen Job macht. Allein um vom ersten Pier abzulegen, muss ein Spieler den Anker lichten, einer die Segel setzen und einer am Steuerrad stehen. Da der Wind ständig dreht, muss man die Segel immer wieder nachjustieren, das allein ist schon ein Vollzeit-Job.
Wohin man steuert, erfährt man nicht aus einer Mini-Map oder einem Menü, dafür muss ein Spieler in den Bauch des Schiffes steigen und das Ziel auf einem Kartentisch aussuchen. Hier kommt eines der zentralen Elemente von Sea of Thieves ins Spiel: die Kommunikation. Ohne Voice Chat ist man ziemlich aufgeschmissen, denn anders kann man dem Steuermann nur schwer Richtungsanweisungen geben. Der kann bei voll gesetzten Segeln übrigens gar nicht sehen, wohin er den Pott lenkt, eine Außenansicht fehlt nämlich. Also sollte am besten noch ein Spieler in den Ausguck klettern und Bescheid geben, wo feindliche Schiffe oder Felsen lauern.
Wer richtig mitgezählt hat, erkennt schon das Dilemma: Kanonen besetzen, auf der Karte navigieren, Segel in den Wind drehen, steuern und im Ausguck sitzen - das sind schon fünf Aufgaben. Sea of Thieves ist also ein ständiges "Mangel-Management". Eigentlich sind vier Spieler nämlich zu wenig, um alle Arbeiten auf dem Schiff gleichzeitig zu erledigen. Wenn der Kahn leck schlägt, muss man beispielsweise auch noch die Löcher im Rumpf stopfen und eingedrungenes Wasser rauseimern. Und die Schweine wollen auch gefüttert werden, damit die nicht verhungern.
Das sorgt dafür, dass man ständig mit anderen kommuniziert und gefordert ist. Selbst wenn man seit 20 Minuten keinen Feindkontakt hatte, gibt es immer was zu tun. Das Ziel der Entwickler: Einen lustigen, zugänglichen und vor allem sozialen Sandkasten schaffen, in dem sich Spieler zusammen austoben können. Solisten gucken in die Röhre, denn als Service-Game ist man in Sea of Thieves immer online und spielt mit anderen zusammen in einer offenen Spielwelt
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