Es gibt ein altes Sprichwort, das sowohl die Herausforderung als auch die Chance von Risen 3: Titan Lords treffend beschreibt: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Hinter den Kulissen nämlich wird dieser Ausspruch gerne bemüht, wenn die Rede von Risen 2 ist. Jenem Rollenspiel also, mit dem Entwickler Piranha Bytes und Publisher Deep Silver im Jahr 2012 endlich den internationalen Markt erobern wollten - und das dann ausgerechnet in den Heimatgewässern absoff, weil es einen erheblichen Teil seiner bemerkenswert treuen und verschworenen Anhängerschaft nachhaltig vor den Kopf stieß.
Zum Vergleich: Das erste Risen (für den PC, die verkorkste Konsolenversion sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt) erhielt gleich zwei Gold Awards vom Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware für je 100.000 verkaufte Exemplare, den ersten gab's schon zwei Monate nach Erscheinen. Risen 2 hat bis heute keinen, trotz guter Presse von den inländischen Medien.
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Die Reihe der Schuldigen ist lang: Das neue Piraten-Szenario stieß in der Community auf wenig Gegenliebe, statt die weltweiten Verkäufe wie erhofft anzukurbeln, die ungeschickte DLC-Politik (alle drei kostenpflichtigen Mini-Addons waren bereits ins Hauptspiel integriert und ließen sich sogar mit einem Cheat freischalten) führte im traditionell DLC-skeptischen Deutschland zu einem verheerenden Echo, und das vermeintlich verbesserte Kampfsystem entpuppte sich als teils undurchdachte Klickorgie, die Piranha Bytes mit einem Patch nachträglich radikal überarbeiten musste.
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Hinzu kamen eine in mehrere Mini-Inseln zerstückelte Spielwelt - wohl um das Spiel auch für Xbox 360 und PS3 umsetzen zu können - sowie technische Defizite. Wohlgemerkt: Risen 2 war trotzdem kein schlechtes Spiel, im Gegenteil. Aber in den Augen vieler Fans war es eben auch kein echtes Risen - und schon gar kein Gothic.
Hat Piranha Bytes verstanden?
Unter diesen Vorzeichen könnte der Untertitel von Risen 3: Titan Lords auch »Wir haben verstanden« lauten, denn Piranha Bytes - so sieht es momentan jedenfalls aus - bügelt die Schwächen des Vorgängers glatt.
Das umstrittene karibische Ambiente? Größtenteils über Bord geworfen. Das Kampfsystem? Erfordert jetzt standardmäßig das geschickte Kontern, Blocken und Ausweichen. Und die Spielwelt? Die ist zwar immer noch in mehrere Inseln und Küstenabschnitte unterteilt, wirkt nun aber weitläufiger und lädt ähnlich wie das erste Risen oder Gothic 2 spürbar organischer zum Erkunden ein - zumindest in der von uns gespielten Küstenregion Calador.
Hier haben die Dämonenjäger in einer imposanten Zitadelle ihr Hauptquartier aufgeschlagen, aber bevor wir uns diese bislang noch unbekannte Gilde im Detail anschauen, wollen wir erst einmal nachschauen, ob Risen 3 seine Abschnitte auch mit Leben füllt und das Abweichen von ausgetretenen Pfaden mit spannenden Inhalten belohnt.
Im Fischerdorf am Strand ziehen wir schnell die erste Quest an Land, Riesenechsen machen einen Küstenabschnitt unsicher, wir sollen die Viecher ausräuchern. Bei dieser Gelegenheit erleichtern wir die bedauernswerten Fischer auch gleich noch um alles, was sie nicht an die Wand genagelt haben: Das Klauen funktioniert prinzipiell analog zu Risen 2, wir schleichen uns also geduckt in eine Hütte, und so lange uns der Besitzer dabei nicht sieht (zum Beispiel, weil er gerade friedlich schlummert), dürfen wir ihm nach Herzenslust die Bude ausräumen.
Kein moderner Komfort-Schnickschnack
Neben allerlei Tand fällt uns auch eine Schatzkarte in die Hände, das Quest-Logbuch wird umgehend automatisch aktualisiert, und wir stellen eine weitere Gemeinsamkeit mit Risen 2 fest. Eine Quest - und nur eine - dürfen wir aktiv schalten, dann wird der Zielort auf der Karte markiert.
Neu hingegen ist die einblendbare Minimap am unteren linken Bildschirm, dort weist uns ein Pfeil in Richtung der gerade aktiven Aufgabe. Wem das schon zu viel des modernen Komfort-Schnickschnacks ist, der schaltet einfach gar keine Quest aktiv und kann anschließend ganz altmodisch anhand der Questbeschreibung und Dialoge austüfteln, wo genau er eigentlich hin soll.
Über einen Ritualmord gestolpert
Aber wir wollten ja die Riesenechsen ausräuchern. Also schwimmen wir am Strand entlang (wir könnten freilich auch laufen, aber wenn wir schon mal schwimmen dürfen, das ging ja schließlich seit Gothic 3 nicht mehr, wollen wir's auch ausprobieren) und finden schließlich ... nein, nicht die gesuchten Riesenechsen, sondern einen seltsamen Kauz, der unter einem Felsvorsprung sein provisorisches Lager aufgeschlagen hat und offenbar gerade mit dem Ritualmord an einer jungen Frau beschäftigt ist.
Aus seinem Gefasel werden wir zwar einstweilen nicht schlau, aber das soll uns selbstverständlich nicht daran hindern, ihm gepflegt eine aufs ... hoppla. Der blöde Kauz kann zaubern, wir sind hinüber. Also das Autosave geladen, diesmal vor dem Gespräch schnellgespeichert und gleich nach dem Dialog das Schwert gezogen.
Auch das funktioniert wie in Risen 2 mit einem Druck auf die mittlere Maustaste, anschließend wird mit einem Linksklick schnell zugeschlagen und mit dem Halten der linken Maustaste ein schwerer Angriff ausgelöst. Klicken wir in den richtigen Abständen, lassen sich wie gehabt Kombinationen für zusätzlichen Schaden auslösen.
»Aha«, mag an dieser Stelle ein leidgeplagter Risen 2-Spieler rufen, »also doch wieder eine Klickorgie!« Nicht ganz, denn nachdem wir den Kauz umgehauen, die junge Frau befreit und unsere erste Riesenechse getroffen haben, merken wir, dass ohne Ausweichen und Kontern wenig geht, es genügt nicht mehr, stupide auf die linke Maustaste zu hämmern, wie das im ungepatchten Vorgänger noch der Fall war.
Gerade das Kontern ist essenziell und erfordert gutes Timing, wirkt in der von uns gespielten Version aber noch einen Tick zu übermächtig: Haben wir den Dreh einmal raus und das Angriffsmuster der Echse durchschaut, lässt sie sich relativ einfach zu Tode kontern.
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