Den richtigen Namen für eine Videospielfigur zu finden ist gar nicht so einfach - vor allem, wenn es sich um den Sohn des Vampirfürsten Dracula handelt. Die Entwickler von Konami finden dennoch schon für das NES-Spiel Castlevania 3 eine ganz simple Lösung. Sie lesen den Namen des Urvampirs einfach rückwärts - aus Dracula wird Alucard. Kein Meilenstein der Namensfindung, dafür einer der Castlevania-Reihe. Der blasse Schönling mit dem silber-blonden Haar, halb Vampir, halb Mensch, trägt aber nicht nur einen kreativen Namen, sondern ist auch Hauptdarsteller von Castlevania: Symphony of the Night, einem der besten Playstation-Spiele überhaupt.
In die bluttriefenden Fußstapfen seines alten Herren tritt Alucard allerdings nicht: Dank der menschlichen Mutter überwiegt das Gute in seinem gespaltenen Wesen. Also stürmt Alucard das Schloss Castlevania, um die Untoten-Armee seines Vaters mit Schwert und Magie zu vernichten. Doch das ist leichter gesagt als getan: Konami bringt mit Symphony of the Night 1997 ein Action-Adventure auf den Markt, das so komplex ist wie kein Castlevania-Spiel zuvor. Wochenlang streifen wir durch das gigantische Schloss, bis auch das letzte Areal erkundet, der letzte Gegner besiegt und das letzte Geheimnis gelüftet ist.
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Alucard ist Spielers Liebling
Zu Beginn des Spiels überlässt Alucard jedoch erstmal einem Kollegen die Bühne: Wir schlüpfen in die Rolle von Richter Belmont - genau, vom berühmten Vampirkiller-Clan der Reihe - und spielen das Finale aus Castlevania: Rondo of Blood nach. Diesen Rückblick haben die Entwickler eingebaut, weil Richter Belmont in der Story von Symphony of the Night eine wichtige Rolle spielt. Also lauschen wir einem (englisch) vertonten Dialog zwischen ihm und Dracula und hauen dem Vampirfürsten anschließend die Peitsche um die Ohren.
Nach diesem Prolog hängen wir den heiligen Lederriemen aber an den Nagel - denn Alucard setzt im Hauptspiel auf konventionellere Waffen wie Schwerter, Streitkolben oder Schlagringe. Nur ein Beispiel für die vielen Dinge, die in dieser Castlevania-Episode anders sind. So ist das Schloss keine Ansammlung von abgeschlossenen Levels, wie in den meisten Vorgängern, sondern ein Geflecht aus Gängen, Hallen und verschlossenen Türen, das wir nach und nach entwirren - und zwar nach dem Metroid-Prinzip.
Wie Samus Aran findet auch Alucard reihenweise Gegenstände, die ihm neue Wege eröffnen - daher auch der Fanbegriff »Metroidvania« für Spiele dieser Machart. Einer der großartigsten Momente in Symphony of the Night ist deshalb jener, als wir die Fledermaus-Verwandlung finden und freischalten. Endlich können wir durch all die engen Durchgänge und Schächte flattern, die wir entlang unseres Weges entdeckt haben. Unser Forscherdrang wird so mit Geld, neuer Ausrüstung und dauerhaften Aufbesserungen der Lebensenergie belohnt.
Letztere sind besonders wichtig, weil das Schloss mit unzähligen Feinden gespickt ist: Zombies schlurfen umher, Skelette werfen ihre Knochen, Hexen schleudern mächtige Flüche. Dank der griffigen Steuerung strecken wir sie mit Schwerthieben oder Zaubersprüchen nieder und kassieren dafür Erfahrungspunkte, die bei jedem Levelaufstieg Alucards Fähigkeiten verbessern. Symphony of the Night ist also nicht nur ein Action-Adventure, sondern hat auch einen Rollenspiel-Anteil. Trotz der neuen Komplexität fühlt sich das Spiel jederzeit nach Castlevania an, Erkundungen und Rätsel wechseln sich immer wieder mit dynamischen Kämpfen ab - und das in einer 2D-Grafik, die sich mit Pixel-Präzision vor dem Stil der 16-Bit-Ära verneigt, während andere Reihen längst ins 3D-Zeitalter aufgebrochen sind. Retro-Flair im Jahre 1997.
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