Es ist ein regnerischer Tag Anfang November in Warschau, wir betreten den Präsentationsraum des Palac Kultury i Nauki im Herzen der Stadt. Die modernen Spiele-PCs wirken wie Fremdkörper neben all den kommunistischen Gemälden, dunklen Holztischen aus den 80ern und schweren Teppichen, die den protzig hohen Raum sonst für sich alleine einnehmen. Der Stilbruch ist für diesen Pressetermin bewusst gewählt und passt perfekt zum vorgestellten Spiel. Phantom Doctrine heißt das neue Rundenstrategiespiel der Macher von Hard West (nur PC), das sich mit "XCOM im Kalten Krieg" sehr treffend umschreiben lässt.
"Dieses hässliche Haus hier ist der Palac Kultury i Nauki. In diesem Gebäude hat mein Vater vor über 20 Jahren die erste Aufführung des Film Apokalypse Now geschaut", erklärt uns Jan Rawski (Game Designer bei Creative Forge Games), als er unsere Verwunderung ob des Gebäudes bemerkt. "Und als er rauskam, standen da wirklich Panzer des kommunistischen Regimes vor der Tür. Nur zur Sicherheit, falls der Film revolutionäre Gedanken weckt oder so!", fügt er schmunzelnd hinzu.
Ganz ähnliche Geschichten hören wir im Gespräch mit den Entwicklern vor und nach der Präsentation noch öfter. Auch wenn die meisten der rund 50 Mitarbeiter des 2011 gegründeten polnischen Entwicklerstudios erst während oder nach dem Ende des Kalten Kriegs geboren wurden, gibt es viele Erinnerungen und Anekdoten, wie sie und ihre Eltern diese schwierige Zeit in Polen erlebt haben. Ein idealer Nährboden für Phantom Doctrine, das genau vor diesem historischen Hintergrund spielt und die Stimmung dieser bedrückenden Ära einfangen will.
Traue niemandem!
In einer fiktiven, alternativen Version des Jahres 1983 stehen sich die großen Streitmächte USA und UdSSR wie gewohnt in Lauerstellung gegenüber, doch eine viel größere, unbekannte Gefahr bedroht den Weltfrieden. Noch wollen die Entwickler nicht preisgeben, wer oder was sich genau hinter dieser bisher nur angedeuteten, ominösen grauen Eminenz verbirgt. Klar ist, dass wir als Anführer der Untergrundorganisation The Cabal ehemalige KGB- und CIA-Agenten rekrutieren, um der dunklen Macht, die im Hintergrund die Fäden zieht, das Handwerk zu legen. Die Storykampagne, die rund 30-40 Spielstunden Umfang bieten soll, wird primär diese Verschwörung behandeln und sich nur vereinzelt von wahren Begebenheiten der echten Historie inspirieren lassen.
Wie auch beim großen Genrevorbild XCOM ist das Spiel in zwei Ebenen aufgeteilt: rundenbasierte Taktikkämpfe und eine strategische Planungsphase. In der Strategieansicht können wir in unserem virtuellen Hauptquartier Agenten auf neue Einsätze über eine Weltkarte entsenden. Dort erlangen diese weitere Informationen und Ressourcen. Alternativ erfahren wir die Geheimnisse auch durch das Verhören feindlicher Agenten. Je nach unseren eigenen Moralvorstellungen ist es auch möglich, feindlich gesinnte Agenten einer Gehirnwäsche zu unterziehen und sie danach mit einer "Trigger Phrase" zu Doppelagenten auszubilden.
So freigelassene Agenten kehren dann erstmal in ihre Heimat zurück und behaupten, sie wären unserer Gefangenschaft entkommen. Treffen wir diese Personen später auf dem Schlachtfeld, können wir den eingeimpften Erkennungssatz ausrufen und der Agent wechselt das Lager, um fortan auf unserer Seite zu kämpfen. Herrlich fies! Doch Obacht: In dieser von Lügen und Misstrauen erfüllten Welt kann das natürlich auch uns passieren.
Bilder vom PC
Bei unserem Besuch in Warschau haben wir ausschließlich die PC-Version gespielt, von der stammen auch die Screenshots auf diesen Seiten. Wie beim Vorgänger im Geiste - Hard West - planen die Entwickler auch eine Konsolenversion. Allerdings hat es das durchaus brauchbare Hard West nie zu einem Konsolen-Release geschafft. Wir wünschen Phantom Doctrine da mehr Erfolg!
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