Einen Anime gelungen in das Live-Action-Format umzumünzen, ist ein schwieriges Unterfangen. Bei den Umsetzungen von Death Note, Cowboy Bebop oder Ghost in the Shell geizten sowohl die Presse als auch die Fans nicht mit Kritik, als ihre Lieblingscharaktere nicht wie erhofft adaptiert wurden. Die teils desaströsen Bewertungen auf der Aggregator-Webseite Rotten Tomatoes sprechen Bände.
Doch es gibt Ausnahmen wie die Netflix-Adaptation von One Piece, die wie die Mangavorlage direkt ein paar Rekorde gebrochen hat und komplette One Piece-Neulinge wie meine Eltern und eingefleischte Fans wie mich gleichermaßen begeistern konnte.
Dass gerade One Piece dieses “Wunder” schafft, ist eine dicke Überraschung. Immerhin sind die an Cartoons erinnernden, verrückten Kämpfe, der schräge Humor und die überzeichneten Charaktere doch vergleichsweise schwierig in einer Realverfilmung einzufangen. Stellt euch allein mal vor, wie die restliche Crew der Strohhut-Piraten umgesetzt werden soll. Der kleine Rentier-Doktor Chopper oder Skelett-Musiker Brook werden eine echte Herausforderung für kommende Staffeln.
Dennoch gelingt der Live-Action-Serie dieser Spagat: Insbesondere die Hauptdarsteller*innen geben Vollgas, werden den Charakteren gerecht und hauchen ihnen sogar frischen Wind ein. Einer stiehlt jedoch allen die (Zirkus-)Show und geht mir deshalb nicht mehr aus dem Kopf.
Buggy wird im Manga/Anime leider nur als Running Gag genutzt
Im Manga – beziehungsweise im Anime – wird Buggy zunächst als psychotischer, durchgedrehter und vor allem gefährlicher Pirat angepriesen. Mit seiner Trenn-Trenn-Frucht, die es Buggy erlaubt, seinen Körper in Einzelteile zu zerlegen, verbreitet er Angst und Schrecken bei den Einwohnern von Orange Town.
Doch dieses gefährliche Potenzial rückt schnell in den Hintergrund. Vielmehr wird während Buggys erstem Auftritt (und den vielen darauffolgenden) klar, dass der Clown eher eine Lachnummer ist. Er verkommt auf Dauer zum Running Gag, mit mehr Schein als Sein – selbst seine spätere Ernennung zu einem der sieben Warlords ist ein klassischer Fall von Hochstolpern: Buggy selbst weiß auch nicht so recht, wie er es zu dieser zweifelhaften Ehre gebracht hat.
Das ist zwar unterhaltsam, aber im Hinterkopf ist mir immer die Frage geblieben: Wie würde One Piece aussehen, wenn Buggy die Persönlichkeit von Heath Ledgers Joker aus Batman: The Dark Knight oder Bill Skarsgards Pennywise aus Es hätte?
Dank der Netflix-Serie wird Buggy endlich zum fiesen Killerclown
Genau hier setzt der grandiose Jeff Ward mit seiner Darstellung von Buggy in der Live-Action-Serie an. Schon das brachiale Soundtrack-Thema, das gespielt wird, während der Clown das erste Mal am Ende der ersten Folge präsentiert wird, ließ mir im Verbund mit dem psychopathischen Grinsen die Haare zu Berge stehen. Der Blick suggeriert nicht nur eine gewisse Überheblichkeit, sondern nimmt gewissermaßen durch die Kamera hindurch direkten Blickkontakt mit mir als Zuschauer auf – Gänsehaut!
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Der erste Eindruck verfestigt sich gleich in der nächsten Folge, denn während der zweiten Episode bedient sich die Live-Action-Adaptation kluger Kniffe, um die Verwüstung zu zeigen, die Buggy in Orange Town hinterlassen hat.
Anstelle der vielen verschiedenen Kämpfe, die wir im Manga/Anime sehen, verlegt die Netflix-Serie den Schauplatz nach innen. Genauer gesagt in einen abgehalftert aussehendes Zirkuszelt, in dem die verängstigten Einwohner*innen gefesselt zum Lachen und zum Applaudieren gezwungen werden.
Wann immer Buggy etwas (teilweise wirklich lustiges) sagt, werden die gequälten Gesichtsausdrücke ein Spiegelbild der perfiden Spiele, die Buggy hier treibt. Ich vermag es mir kaum vorzustellen, was Buggy getan haben muss, um die unschuldigen Menschen so abgerichtet zu haben. Das bleibt auch meiner Fantasie überlassen, denn die Serie zeigt dies ganz bewusst nicht.
Buggys Darsteller meistert den Drahtseilakt zwischen Genie und Wahnsinn
Das Ausmaß der Zerstörung von Orange Town wurde mir erst so richtig klar, als die rothaarige Navigatorin Nami ihren kurzen Fluchtversuch startet. War es im Anime noch primär Ruffy, der im Kampf gegen Buggy für zerstörte Gebäude sorgte, ist es in der Live-Action-Adaptation der Clown selbst, der die Kleinstadt zusammen mit seiner Crew abseits der Kamera in Schutt und Asche legte.
Den Rest erledigt Ward selbst mit einer phänomenalen Performance. Die Darstellung, die ich mit einer Mischung aus "selbst ernannter König der Welt" und "verzweifelter Gebrauchtwagenhändler" beschreiben würde, bringt den Psychopathen aus dem Clown so richtig hervor. So wirkt Buggy schon bei den ersten Dialogen mit den Strohhutpiraten gefährlicher und angsteinflößender, als er es im Original jemals war.
Dank der mitreißenden Killerclown-Performance wird bei mir erst recht eine ungeahnte Vorfreude auf die mittlerweile bestätigte zweite Staffel ausgelöst, in der Buggy dem Finale nach zu urteilen weiterhin eine ordentliche Rolle spielen dürfte.
Jetzt seid ihr gefragt: Wie fandet ihr die geänderte Darstellung von Buggy dem Clown in der One Piece Live-Action-Serie? Ist er auch zu eurem Liebling geworden, oder findet ihr, dass die Strohhut-Piraten die besten Charaktere in der Adaptation sind? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!
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