2014 traf ich eine folgenschwere Entscheidung: Ich legte mir eine Version des 2013 erschienenen Ni no Kuni: Der Fluch der weißen Königin für die PS3 zu - und war hin und weg. Seitdem hat es eigentlich nur ein Spiel geschafft, die gleiche Art von Zauber auf mich auszuüben, die Entwicklerstudio Level-5 mit seiner Mischung aus Studio Ghibli und Märchenbuch erreicht, und zwar der Nachfolger für die PS4.
Jetzt erscheint das Original jedoch nochmal als optisch generalüberholtes Remaster für die PS4 und als normale Portierung für die Nintendo Switch. Ich habe im Test in beide Versionen reingeschaut um zu prüfen, wie sie sich beim Anspielen schlagen. Wie die Versionen laufen, worum es in Ni no Kuni überhaupt geht und warum jeder die Geschichte von Oliver und Tröpfchen erlebt haben sollte, erfahrt ihr hier.
Zum Test
Das hier ist der Test zum Remaster auf der PS4 und dem Port auf der Switch, in dem die Qualitäten des Remaster im Vordergrund stehen. Seid ihr interessiert, haben wir natürlich auch den Test des Originals für euch.
Das zweite Land
Für alle, die nicht wissen, wer oder was ein Ni no Kuni ist, eine kurze Zusammenfassung: In Ni no Kuni geht es um den Jungen Oliver, der zwischen seiner eigenen Welt und einem magischen Reich hin und her wechseln kann. Immer mit dabei: sein treuer, rotzfrecher Begleiter Tröpfchen, der ihm hilft, in der neuen Welt zurechtzukommen.
Allerdings blickt Tröpfchen auf einen denkbar traurigen Ursprung zurück: Der Großfürst der Feen, wie er sich selbst nennt, ist eigentlich ein Kuscheltier, das von Olivers Tränen zum Leben erweckt wurde, nachdem der Junge den Tod seiner Mutter beweinte.
Und während in Olivers Realität alles aus den Fugen zu geraten scheint, bietet ihm Tröpfchen eine neue Perspektive: Die Reise in eine andere Welt und die Chance, dort seine Mutter zu retten. Denn diese 'zweite Welt', wie Ni no Kuni ins Deutsche übersetzt heißt, ist eng mit Motorville verbunden: Jeder der Bewohner hat einen geistigen Zwilling am jeweils anderen Ort. Wird jemand in Motorville angegriffen, leidet auch sein Gegenstück in der anderen Welt.
Und genau das soll auch mit Olivers Mutter passiert sein. Er muss also nicht nur ihr, sondern auch ihrem Weltenzwilling helfen - und dabei die gesamte Welt retten. Denn blöderweise werden die mächtigen Weisen, die ihn unterstützen sollen, ihrerseits vom bösen Zauberer Shadar bedroht und müssen erst einmal selbst aus der Bredouille geholt werden.
Pokémon in Echtzeit
Der kleine Junge hat also ziemlich viel vor. Glücklicherweise ist Oliver mit einem unentdeckten magischen Talent ausgestattet, das es ihm nicht nur ermöglicht, Zauber zu wirken, sondern auch Vertraute zu befehligen, die ähnlich wie Pokémon mit uns gegen Monster antreten und im Laufe des Spiels weiterentwickelt werden.
Die Unterstützung hat Oliver auch bitter nötig, denn neben dem bösen Zauberer selbst lauern unterwegs auch viele Feinde, denen er sich in Beinahe-Echtzeitkämpfen stellen muss. Beinahe deswegen, weil wir uns zwar auf dem Spielfeld frei bewegen können, die Zeit jedoch stillsteht, wenn wir einen Angriff auswählen, uns für eine Verteidigungshaltung gegen aufgeladene Angriffe entscheiden oder im Menü nach Heil-Items suchen.
Ein bisschen Taktieren ist schon dabei. Denn gerade am Anfang sind die Kämpfe richtig knackig. Betrete ich die Oberwelt einer neuen Region, sind alle anderen erst einmal sehr viel stärker als ich. Was mich dazu bringt, mich heimlich wie ein Salamander an den Feinden vorbei durch den Wüstensand, das Gras oder den Schnee zu schleichen und zu hoffen, dass mich niemand entdeckt.
Umso größer ist dann natürlich der Triumph, wenn ich später gestärkt zurückkehren und mit meinen Feinden den Boden aufwischen kann. Hier jedoch eine kleine Anmerkung: Zwischen Schwäche und Triumph liegt bisweilen ein bisschen Grind. Daran merkt man dann doch, dass Ni no Kuni eigentlich schon sechs Jahre alt ist.
Wie es sich für ein Rollenspiel gehört, trifft Oliver im Laufe des Spiels auf andere Figuren, von denen sich manche seiner Party anschließen. Vielen muss aber auch einfach nur geholfen werden, denn Shadar hat ihnen Teile ihrer Herzen gestohlen, die Mut, Zuversicht, Güte oder andere wichtige Charaktereigenschaften enthielten.
Dadurch verlieren die Menschen diesen Wesenszug, werden pessimistisch, ängstlich oder kalt. Nun ist es an Oliver, anderen Menschen, die diese Qualitäten im Überfluss besitzen, ein bisschen abzuzwacken und den Verlorenen zu geben.
Alles ist verbunden
Der Wechsel zwischen Olivers Heimat Motorville und der Parallelwelt bildet dabei ein zentrales Element des Spiels. Denn manchmal geht es einem Parallelweltbewohner schlecht, weil sein Motorville-Pendant in der Klemme steckt, oder umgekehrt. Je mehr Menschen wir helfen, desto mehr Erfahrungspunkte hagelt es und desto weiter kommen wir mit unserem Rettungsplan voran.
Und der ist nicht nur ehrenhaft, sondern auch wirklich schön inszeniert: Das Gesamtpaket aus Story und Gameplay ist nämlich in einer herzallerliebsten, detailverliebten Studio-Ghibli-Optik verpackt, die Ni no Kuni nach einem interaktiven Märchen aussehen lässt. Doch lasst euch von dem drolligen Äußeren nicht täuschen. Ni no Kuni ist keinesfalls "nur für Kinder".
Die Themen, die sich durch das ganze Spiel ziehen, sind nämlich durchaus ernst. Zum einen flüchtet sich Oliver, weil er den Tod seiner Mutter nicht begreifen kann, buchstäblich in eine andere Welt. Zum anderen wird immer wieder unterstrichen, dass Menschen sich , ohne die Hilfe anderer manchmal selbst verlieren. Dass Traurigsein nicht immer "mal eben" kuriert werden kann.
Dass wir dafür kämpfen müssen, glücklich zu sein, obwohl wir am Ende vielleicht doch nicht das bekommen, was wir wollen. Und dass das trotzdem okay ist und kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern weiterzumachen. Am Ende zieht wahrscheinlich jeder seine eigene Lektion aus dem Titel, doch auf irgendeine Art berührt er jeden.
Und jetzt, vier Jahre später, trifft mich das Spiel nochmal auf eine ganz andere Art und Weise. Weil ich mittlerweile jemand anders bin, aber Ni no Kuni mit seinem zeitlosen Charme nicht nur immer noch bezaubert, sondern auch Aspekte anspricht, die mir damals nicht wichtig waren, aber heute umso mehr auffallen.
Wie läuft's auf PS4 und Switch?
Grund genug also für mich, euch das Spiel ans Herz zu legen. Immerhin müsst ihr jetzt nicht mehr eure alte PS3 anschmeißen, sondern könnt auf der Switch oder der PS4 spielen. Auf letzterer hat das Spiel eine Generalüberholung bekommen, die 1080p und 60 Frames pro Sekunde auf der Standardund 4K-Auflösung auf der PS4 Pro verspricht.
Auf der normalen PS4 sind nur ein paar Ruckler auf der Oberwelt aufgefallen, und natürlich laufen die Animesequenzen nicht in 60fps, weil sie in der gängigen Filmgeschwindigkeit von 24fps produziert wurden. Alles in allem macht die PS4-Version eine sehr gute Figur.
Ni no Kuni auf der Switch läuft ruckelfrei, allerdings bleibt hier anzumerken, dass es sich nur um einen simplen Port und kein Remaster handelt. Was jedoch beim Spielen im Handheld- und Fernsehmodus nicht groß aufgefallen ist, denn der Ghibli-Grafikstil ist sehr gut gealtert. Beide Versionen verfügen über alle DLCs, es kommen also keine zusätzlichen Kosten für die volle Spielerfahrung hinzu.
Habt ihr Ni No Kuni noch nicht gespielt und gehört zu denen, die den zweiten nicht vor dem ersten Teil spielen wollen, habt ihr jetzt die Chance, es auf aktuellen Konsolen nachzuholen. Rechnet mit 60 bis 80 Stunden Wohlfühl-JRPG. Wer wie ich bereits das Original zuhause hat, erfährt zwar spielerisch nichts neues, aus persönlicher Erfahrung kann ich aber sagen, dass mich die Reise in die zweite Welt auch fünf Jahre später noch einmal komplett verzaubert hat.
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