Raus aus dem Auto!
In den Städten kommt es immer wieder mal zu »Außerhalb des Autos«-Erlebnissen wie eingangs beschrieben. Durch fest vorgeschriebene Ereignisse wird Jack zeitweilig zum Fußgänger. In Chicago ist es ein unausweichliches Auto, das an einer bestimmten Stelle zuverlässig in die Seite seines Fahrzeugs kracht. Daraus resultieren Dachflucht und Streifenwagen-Diebstahl. Dass diese Sequenzen so gut aussehen, liegt daran, dass der Spieler nur eingeschränkte Kontrolle hat. Inszeniert sind sie als »Quick Time Events«: Alle Kamerablickwinkel und Animationen sind vorbestimmt; wir müssen nur halbwegs flott auf dem Bildschirm angezeigte Tasten drücken, damit Aktionen wie Sprünge oder Boxhiebe spektakulär gelingen. Nicht sonderlich anspruchsvoll, aber irgendwie befriedigend; der Hochglanz-Faktor der Inszenierung lässt die Sparflammen-Interaktionen verschmerzen.
In der anschließenden Fluchtsequenz müssen wir innerhalb von fünf Minuten einen bestimmten Checkpunkt erreichen. Dabei werden wir vom Polizeihubschrauber verfolgt, der wild MG-Salven ballert (mit Kleinkram wie Knöllchen halten sich die erbosten Ordnungshüter nicht mehr auf). Gerät unser Auto ein paar Sekunden lang ins Licht der Suchscheinwerfer, wird es schrottreif geschossen. Also schlingert man hin und her, um immer wieder dem Lichtkegel zu entwischen; das Heli-MG sorgt um uns herum für eine Schneise der Verwüstung.
Solche Situationen, bei denen äußere Umstände eine besondere Fahrweise erfordern, sollen laut Produzent Alex Grimbley öfters für Aufregung sorgen: »Der Helikopter ist nur ein Beispiel für eine besondere Spielmechanik. Es gibt immer wieder Situationen in The Run, die den Spieler überraschen werden.«
Kamera wie bei Avatar
Auch der Rennabschnitt mit dem Hubschrauber endet mit einem geskripteten Ereignis: Unser Fluchtfahrzeug kommt von der Fahrbahn ab und überschlägt sich. Den Unfall übersteht Jack mit beneidenswert wenigen Blessuren (vernünftigerweise hatte er den Sicherheitsgurt angelegt). Aber der Wagen hat Totalschade-Charme, und wir müssen unserem eingeklemmten Helden helfen, dem Wrack zu entkommen - das Signalhorn eines Güterzugs kündet von nahendem Unheil.
Hier können wir in verschiedene Richtungen blicken und mit der Aktionstaste unser Glück versuchen. Verflixt, das Fensterglas hält Ellbogenstößen stand. Ausgerechnet heute streiken die Lokführer nicht, das Signalhorn kommt näher. Was gerade noch rechtzeitig klappt, ist das Auftreten einer Autotür; in letzter Sekunde rollt sich Jack in Sicherheit.
»Spiele können durch schlechte Kameras ruiniert werden« - so begründet Director of Photography Adam Myhill, warum wir uns bei den actionreichen Story-Sequenzen nicht frei bewegen können. Interaktions-Einschränkung zugunsten der Inszenierungsqualität, das habe zum Beispiel auch Modern Warfare 2in seiner berühmten Eispickel-Sequenz gemacht. Außerdem habe man die große Freiheit mit Testern ausprobiert und wieder verworfen: »Wenn die Spieler beliebig herumlaufen und die Kamera bewegen können, schwächt das die Hauptmotivation. Und die ist es nun mal, so schnell wie möglich wieder in ein Auto steigen und Gas geben zu können«, betont der Executive Producer Jason DeLong den Renn-Fokus.
Dem Spieler bei den Story-Sequenzen die Kamerakontrolle wegzunehmen, erlaubt den Entwicklern auch, den Detailgrad der Inszenierung drastisch raufzuschrauben. Beim Motion Capturing der The-Run-Schauspieler betrieb Electronic Arts einen für Spielproduktionen hohen Aufwand. 97 Marker pro Gesicht fingen die Mimik ein; die neue Frostbite-Engine ist in der Lage, diese Detailfülle auch im Spiel darzustellen. Und im Gegensatz zum für seine Charakter-Mimik gerühmten Konsolenspiel L.A. Noirewurden Gesichtsausdruck und Körperbewegungen gleichzeitig aufgenommen.
Myhill verwendete eine ähnliche Kameratechnik, wie James Cameron sie für Computergrafik-Szenen im Avatar-Film einsetzte: In Echtzeit sieht der Kameramann die Bilder, welche anhand der Aufnahmedaten des Motion Capturings berechnet werden. Dadurch kommt physische Handkamera-Führung in die Renderszenen, was das Geschehen realistischer wirken lässt. Von der Runzelbildung durch Mischen von Normal Maps bis zur Messung der Elektrizität, die vom Gehirn an die Augenmuskeln übertragen wird, greift das Computergrafik-Team tief in die technische Trickkiste. Adam Myhill verspricht ein ebenso schönes wie spannendes Endresultat: »Wieviel Kontrolle du in diesen Sequenzen genau hast, wird sich immer wieder mal ändern. Aber du wirst dabei nie das Gamepad weglegen und nur tatenlos zusehen.«
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