Im September 2020, kurz nach der kostspieligen Übernahme von Bethesda Game Studios, id Software und Co., schrieb ich über den beeindruckenden Wandel der Xbox-Marke. Von einem Hersteller, der (so gut wie) keine exklusiven Spiele zu bieten hat, zu einem verlockendem Ökosystem, das endlich wieder auf Augenhöhe mit Sony agiert. Der gemeinsame E3 2021-Auftritt von Microsoft und Bethesda unterstreicht diesen Punkt nicht nur - er war sogar die beste E3-Konferenz von Xbox seit Jahren.
Spiele-Ankündigungen statt Studio-Aufkäufe
Waren es bis vor kurzem aber eher vage Versprechen auf eine rosige Zukunft für Xbox-Fans, konnte Microsoft in diesem Jahr endlich auch selbstbewusst zeigen, was da tatsächlich auf uns zukommt. Statt der nächsten, großen Akquisition, die irgendwann vielleicht ein neues Exclusive bedeuten könnte, schöpfte Microsoft aus den Vollen und lieferte einen umfangreichen Ausblick auf exklusive Titel. Von Halo: Infinite, Forza Horizon 5 und dem Microsoft Flight Simulator bis hin zu Starfield, Redfall, Contraband und Co. - das Xbox-Angebot wird immer größer.
In den letzten Jahren hat sich hinter den Kulissen viel getan. Die Riege der Xbox Game Studios wurden rasant und mit frisch gewaschenen Spendierhosen erweitert. Das war zwar notwendig, in der Außenwirkung waren das zunächst aber erst einmal nur Potenziale und wenig handfestes. "Xbox kauft Studio Y" ist eben eine andere Nachricht als "Xbox-Studio Y kündigt Open World-RPG für 2022 an". Auch wenn es noch an bereits erschienenen Titeln mangelt, die Investitionen von Microsoft und die lange Wartezeit der Fans scheinen sich endlich auszuzahlen.
Hannes Rossow
@Treibhausaffekt
Mit der erneuten Abwesenheit von Sony hatte Microsoft das Rampenlicht der E3 2021 fast für sich allein und das wussten sie auch zu nutzen, findet Hannes. Sowohl die Menge als auch die Abwechslung in den gezeigten Spielen macht ihm Lust auf die Xbox-Zukunft. Und seinen Game Pass will er nie wieder hergeben.
Mit S.T.A.L.K.E.R. 2, Starfield, A Plague Tale: Requiem und Redfall sind für das kommende Jahr bereits einige vielversprechende (Launch-)Exclusives in der Pipeline - Neuigkeiten zu Hellblade 2 und dem nächsten Forza Motorsport könnten das Lineup sogar noch wachsen. Und obwohl der E3-Showcase auch so bereits eindrucksvoll war, schwirren da noch immer Namen wie Fable, Avowed, Perfect Dark oder State of Decay 3 im Hintergrund herum. Microsoft hat die Xbox-Marke gepflegt und so langsam kommt die Maschine ins Rollen. Das starke Signal an alle Fans und Game Pass-Besitzer ist klar: Dieses Xbox-Ökosystem lohnt sich.
Der "beste Gaming-Deal" wird immer besser
Der Game Pass ist hier ein besonders wichtiges Stichwort. Denn bei allen Spielen, die für Xbox Series X/S angekündigt wurden - eigentlich ging es gestern nicht um Xbox als Konsolenplattform, sondern um Xbox als Software-Service, der sich immer weiter ausbreitet und immer mehr Leute erreicht. Über 40 neue Spiele wurden an diesem einen Abend für den Game Pass bestätigt. Manche sind absofort verfügbar, manche kommen im Laufe des Jahres und manche erst in der Zukunft. Oft hieß es zudem auch: "Play It Day One With Xbox Game Pass."
Das immense Angebot an Exclusives und Spielen, die zuerst für Xbox erscheinen, ist unweigerlich an den Deal gebunden, den der Xbox Game Pass verspricht. Es ist nicht nur so, dass Microsoft endlich auch viele Spiele vorzustellen hat und wieder offensiver mit Sony und Nintendo konkurriert, das passiert auch alles auf dem Rücken eines monatlichen Abonnements, das in finanzieller Hinsicht unschlagbar ist. Back 4 Blood wird auf PS4 und PS5 70 Euro kosten, für Game Pass-Besitzer ist der Koop-Shooter kostenlos. Zuletzt gab es den Überraschungshit Outriders zum Launch im Game Pass, während für denselben Titel auf PlayStation-Systemen bezahlt werden musste.
Sogar ehemalige Sony-Exclusives wie MLB The Show 21, die auf der PlayStation weiterhin Premiumpreise kosten, sind bei Xbox für 10 Euro im Monat zu haben. Schon bald kommen Titel wie Dungeon & Dragons: Dark Alliance, Atomic Heart, Psychonauts 2 und First Part-Spiele wie Halo: Infinite und Forza Horizon 5 noch dazu. Der Game Pass gilt schon seit geraumer Zeit als Angebot, das man eigentlich nicht ablehnen kann. Nach der gestrigen E3-Show ist das wahrer als je zuvor.
Xbox ist immer und überall
Der Mix aus dem großen First Part-Aufgebot und dem prall gefüllten Game Pass ist aber nur ein Teil der neuen Xbox-Philosophie. Wer in den letzten Monaten genau hingehört hat, wird gemerkt haben, dass "Hardware" für Microsoft längst kein Fokus mehr ist und in erster Linie dazu dient, die Kern-Spielerschaft bei Laune zu halten. Es ist nicht das Ziel, Spieler*innen zu Xbox zu holen, sondern Xbox dahin zu bringen, wo die Spieler*innen sind. Und dafür braucht es langfristig keine eigene Konsole mehr, die mehrere hundert Euro kostet.
In einem Blogeintrag, der ein paar Tage vor dem E3-Showcase veröffentlicht wurde, betonte Microsoft erneut das Ziel, Xbox und den Game Pass "auf neue Bildschirme" zu bringen. Aktuell ist man schon im Gespräch mit TV-Herstellern, um eine vorinstallierte Xbox-Erfahrung in internetfähigen Fernsehern zu gewährleisten - dann braucht es nur noch einen Controller. Die Cloud Gaming-Systeme sollen ebenfalls ausgebaut werden, um das Spielen selbst auf schwächsten Laptops zu ermöglichen.
Wie lange wird es dann wohl noch dauern, bis der Game Pass auch auf der Hardware der direkten Konkurrenz verfügbar sein wird? Ist eine Zusammenarbeit mit Nintendo wirklich derart unvorstellbar? Xbox baut das Ökosystem aus, Nintendo die eigene Hardware-Basis - eine Win-Win-Situation. So oder so wird die Frage, wie oft sich Series X und Series S verkaufen, immer unwichtiger werden. Die Xbox-Marke ist auf dem besten Weg, das Konsolen-Zeitalter hinter sich zu lassen - und dann wird es es schwer, diese Entwicklung noch aufzuhalten.
Das war erst der Anfang
Zugegeben, was den "Show-Charakter" der E3-Präsentation angeht, hatten Microsoft und Bethesda mit denselben Problemen zu kämpfen wie die anderen Konferenzen. Das fehlende Publikum und der daraus resultierende, Covid-19-begründete kühle Werbecharakter ließen nicht gerade E3-Feeling aufkommen. Es gab keinen Keanu Reeves-Moment, keinen Ikumi Nakamura-Auftritt - vielleicht wird uns also nicht viel vom gestrigen Abend in Erinnerung bleiben.
Doch das heißt nicht, dass Microsoft den Abend nicht trotzdem als Erfolg verbuchen kann. Denn auch wenn die E3 2021 selbst wieder in Vergessenheit geraten wird, das Game Pass-Versprechen und die kommende Exclusive-Welle werden jetzt sehr regelmäßig auf sich aufmerksam machen. Es wurde lange (und viel) in die Zukunft von Xbox investiert und wie es aussieht, ist diese Zukunft nun zur Gegenwart geworden.
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