Mass Effect: Meine Commander Shepard ist die perfekte RPG-Protagonistin

Die Mass Effect-Trilogie lässt Spieler*innen jede Menge Entscheidungen treffen. Eleen findet aber, dass besonders der feste Charakter von Commander Shepard dem Spiel Tiefe gibt.

Commander Shepard trägt viel zur Tiefe der Mass Effect-Trilogie bei. Commander Shepard trägt viel zur Tiefe der Mass Effect-Trilogie bei.

Die Mass Effect-Trilogie hat meine Liebe für Science Fiction begründet. Ich bin weder mit Star Wars noch mit Star Trek aufgewachsen, für mich klangen daher Fantasy-Geschichten wie Der Herr der Ringe immer spannender. Doch dann kam Mass Effect mit seinem drei Spiele umfassenden Weltraum-Epos, der mir zeigte, was Science Fiction-Storytelling erschaffen kann.

Einen wichtigen Teil dieses bleibenden Eindrucks hat die Trilogie dabei meiner Meinung nach Commander Shepard zu verdanken, der Hauptfigur der Spiele. Denn Shepard schafft es wie kaum ein anderer RPG-Held, den Spagat zwischen Entscheidungen der Spielenden und einem Charakter mit etablierter Persönlichkeit hinzulegen. Die Mischung dieser beiden Elemente bildet letztlich meine ganz persönliche Mass Effect-Erfahrung.

Shepard ist immer Shepard

Dabei lässt mir Mass Effect eine Menge Freiheiten dabei, wie meine oder mein Shepard sein soll. So kann ich noch vor Spielbeginn in der Charaktererschaffung die Herkunft, das psychologische Profil, die Kampfspezialisierung, Aussehen, Vornamen und Geschlecht festlegen. Doch während diese Elemente durchaus einen kleinen Einfluss auf die Handlung haben (etwa dass Shepards Mutter nur im Spiel vorkommt, wenn ich den Spacer-Hintergrund wähle,) so wird Shepard doch immer ein N7-Elitesoldat sein, das Kommando über die Normandy haben und in Mass Effect 1 zum ersten menschlichen Spectre ernannt werden.

Shepard ist kein "blank slate"-Charakter, also jemand, der keine vorgegebene Persönlichkeit hat und nur davon geformt wird, welche Entscheidungen ich als Spielerin treffe. Stattdessen ist er oder sie ein in der Welt etablierter und bereits bekannter Charakter. NPCs haben eine Meinung zu Shepard, selbst wenn ich sie als Spielerin im Spiel zum ersten Mal treffe. Wie Teammitglied Miranda über Shepard sagt: "dieses Feuer, das einen dazu bringt, Ihnen selbst in die Hölle zu folgen" - diese Aussage habe ich nicht meinen Entscheidungen im Spiel zu verdanken, sondern dem Charakter von Shepard.

Diese starke und stringente Charakterisierung sorgt auch dafür, dass ich jederzeit weiß, wie meine Shepard auf Situationen reagieren würde und dass - unabhängig davon ob ich vorbildlich oder abtrünnig spiele - Shepards Entscheidungen glaubwürdig sind.

Einfühlsam oder harsch, aber stets heroisch

Das mag nach einem Konflikt mit dem Rollenspielprinzip von Mass Effect klingen - schließlich habe ich durch das Moralsystem (und damit verbunden das Dialograd und die Unterbrechungshandlungen) die Möglichkeit, Shepards Entscheidungen zu beeinflussen. Doch tatsächlich kann ich selbst mit den schwierigsten Entscheidungen des Spiels nie aus Shepards etabliertem Charakter ausbrechen.

Ganz egal ob ich vorbildlich oder abtrünnig (oder eine Mischung aus beidem) spiele, das Ziel des Commanders ändert sich nie, lediglich der Weg dorthin. Das Dialograd etwa lässt mich zwar die Richtung einer Antwort wählen, aber die Worte sind letztlich die von Shepard. Ich kann ihn oder sie zwar harsch und teilweise sogar als ziemliches Artschloch spielen, aber nie als ein komplettes Ekel, das sich etwa gegen die Allianz stellt oder die Mission abbricht.

Shepard ist in jedem Falle idealistisch. Ein*e Held*in, die bereit ist alles von sich zu geben, um die Galaxie zu retten. Die einzige Frage zu Shepards Persönlichkeit, die ich durch meine Entscheidungen beantworten kann, ist: Wie viele Opfer ist dieses Ziel wert?

Spieler*innen-Freiheit versus epische Story

Klar schränkt das meine spielerische Freiheit auch zu einem gewissen Grad ein. Die Welt von Mass Effect ist nicht mein Spielplatz, in dem ich mich so austoben kann, wie ich möchte (wie das etwa in den früheren Fallout-Spielen möglich ist.) Das zeigen allein schon einige von Shepards Entscheidungen, die ich so vielleicht nicht getroffen hätte, wenn das Spiel mir die Wahl gegeben hätte: etwa dass Shepard das batarische Relay im Arrival-DLC in die Luft jagt oder im zweiten Teil Cerberus beitritt.

Dafür sorgt ein etablierter Charakter aber auch für Immersion, dafür dass ich mich von vorn herein wie ein Badass in einer epischen Story fühlen kann. Mass Effect führt mich durch die Geschichte und lässt mich dabei entscheiden, welchen Weg zum Ziel Shepard wählt und lässt mich somit dennoch meine eigene Mass Effect-Story erleben.

Meine ganz persönliche Commander Shepard (brillant von Jennifer Hale gesprochen) etwa ist eine Spacerin, auf Infiltration spezialisiert und ein bisschen in ihr Teammitglied Tali verliebt (okay, vielleicht projeziere ich da ein bisschen...) Sie versucht immer, die Entscheidungen zu treffen, die am meisten Leben retten, scheut sich aber nicht durchzugreifen, wenn die Situation es erfordert.

Und am Ende des Tages ist mein Commander ebenso "Shepard" wie der Renegade-Badass von unserem freien Autoren Stephan. Ob als Heldin oder Antiheld, Shepards Ziel ist es, die Galaxie vor den Reapern zu retten - wir sind dazu da, um zu wählen, wie Shepard dieses Ziel erreicht.

Dieser Artikel ist Teil unserer Held*innen-Themenwoche, die noch bis zum 13. August 2021 läuft undeuch täglich spannende neue Artikel rund um das Thema Videospiel-Charaktere präsentiert. Alle Artikel unserer Held*innen-Themenwoche findet ihr hier in der Übersicht.

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