Als das letzte Mario-Fußballspiel erschien, hieß der deutsche Meister noch VfB Stuttgart und an einen vierten WM-Titel für Deutschland glaubten höchstens die größten Optimisten. 15 lange Jahre mussten Fans der actionreichen Klempner-Kickerei auf einen neuen Teil warten, jetzt dürfen sie in Mario Strikers: Battle League Football für die Switch endlich wieder auf dem Rasen gegen die virtuelle Pille treten. Und dabei zeigt sich der Titel auch durchaus in Form, es hakt allerdings an anderer Stelle.
Aber eins nach dem anderen: Mit normalem Fußball und dessen klassischen Regeln hat Battle League Football nur wenig gemein. Hier gibt es weder eine Halbzeitpause oder Aus-Linien, noch Schiedsrichter, die strafbare Fouls abpfeifen oder Karten verteilen. Stattdessen pfeffern sich hier Mario und Co. auf kompakten Feldern in 4-gegen-4-Partien die Bälle um die Ohren.
Da hagelt es dann Chancen nahezu im Sekundentakt, Gegner werden rabiat in die Elektrobande gerempelt und natürlich dürfen auch die typischen Items wie Schildkrötenpanzer oder Superpilze nicht fehlen. Klingt spaßig? Ist es auch, zumindest für eine ganze Weile.
Online-Performance
Da Online-Partien nur zu bestimmten Zeitpunkten unserer Testphase möglich waren und dort auch nicht immer Spiele gefunden werden konnten, beschränken sich unsere Online-Eindrücke nur auf ein paar gespielte Matches. Die Performance war hier insgesamt aber nur solide, es kam in einigen Partien zu einigen deutlich merkbaren Hängern und Slowdowns, die wir offline nicht beobachten konnten.
Spielerisch mehr drin als man denkt
Denn was auf den ersten Blick wie eine hirnlose Bolzerei ohne Sinn und Verstand aussehen mag – und beizeiten tatsächlich ziemlich unübersichtlich sein kann – entpuppt sich bei längerer Beschäftigung als ausgefeiltes Fun-Fußballspiel, das vor allem dank einiger Steuerungs-Raffinessen mehr Fleisch auf den Gameplay-Knochen hat, als es zunächst den Anschein hat.
Natürlich gibt es übliche Standardaktionen wie Pass, Schuss oder Tackling, mit denen gerade Anfänger*innen die ersten Matches gut über die Runden kommen. Wirklich interessant wird es aber erst dann, wenn man sich an die fortgeschrittenen Aktionen wagt. Schüsse lassen sich beispielsweise antäuschen, Rempelangriffe abbrechen oder Pässe manuell in den freien Raum spielen.
Battle League Football vermittelt diese Techniken in gut verständlichen und umfangreichen Tutorials. Diese Aktionen dann aber in der Hektik eines Spiels umzusetzen, erfordert einiges an Übung, was die Lernkurve für ein Mario-Sportspiel in ziemlich beachtliche Höhen schraubt. Es lohnt sich aber, dran zu bleiben, denn es gibt kaum ein schöneres Gefühl, als die gegnerische Abwehr mit ein paar perfekt getimeten Doppelpässen ins Leere rauschen zu lassen und dann dem verdutzten KI-Torwart mit einem gezielten Schuss in den Winkel keine Chance zu lassen.
Die Keeper schwanken dabei leider recht regelmäßig zwischen Champions League und Kreisliga. Mal wehren sie katzenartig gleich mehrere Schüsse auf das kompakte Gehäuse hintereinander ab, dann wieder lassen sie harmlose Distanzschüsse ins Netz eiern. Das ist zwar kein Dealbreaker, hat uns beim Test aber an der ein oder anderen Stelle doch ziemlich aufgeregt.
Hyper, hyper!
Natürlich gibt es auch die obligatorischen Superschüsse wieder, die in Battle League Football “Hyperschüsse” heißen und etwas Geschick und Timing erfordern. Erst einmal müsst ihr eine der von Zeit zu Zeit auf dem Spielfeld erscheinenden Hyperkugeln einsammeln und dann nach langem Druck auf die Schusstaste zwei Cursor im blauen Bereich einer Leiste stoppen. Und dann bricht ein Effekt-Orkan los, denn der jeweilige Kicker lässt einen Raketenschuss vom Stapel, der bei richtigem Timing unhaltbar ins Netz rauscht und gleich zwei Tore auf einmal für den Spielstand einbringt.
Wario beispielsweise springt im hohen Bogen mit seinem Hinterteil auf den Ball, Rosalina zimmert die Pille zunächst ins Weltall und Mario legt einen furiosen Fallrückzieher hin. Die Hyperschüsse sind aber nicht nur ein optisches Highlight, sondern können knappe Partien bei richtiger Ausführung drehen, was natürlich gerade in Multiplayer-Matches für entsprechende Emotionsausbrüche vor dem Bildschirm sorgt – wir sprechen da aus Erfahrung.
Allerdings hat jeder Charakter nur einen Superschuss auf Lager und damit kommen wir auch zu Battle League Soccers großem Problem. Denn in Sachen Umfang steht der Mario-Kick gerade im Vergleich zu anderen Nintendo-Sportspielen kurz vor dem Abstieg. Unsere Vierertruppe können wir aus gerade mal zehn Charakteren zusammenstellen, und auch wenn da die bekanntesten Gesichter dabei sind, wünscht man sich schon nach wenigen Partien mehr Variation.
Des Kickers neue Kleider
Immerhin unterscheiden sich die Nintendo-Kicker*innen in sechs Charakterwerten wie Kraft, Schuss oder Technik. Und die sind auf dem Platz dann auch deutlich spürbar, insbesondere zwischen den bulligen Vertretern wie Bowser oder Donkey Kong und flinken Wirbelwinden wie Toad oder Rosalina.
Mit den neuen Ausrüstungsgegenständen lässt sich das dann sogar noch auf die Spitze treiben. Helme, Handschuhe, Westen und Schuhe schrauben nämlich auf Wunsch manche Werte in die Höhe, lassen andere dafür aber absacken. Das sorgt durchaus für etwas Experimentierfreude, weil es spielerisch sehr wohl einen Unterschied machen kann, wie ihr das Team zusammenstellt.
Allerdings wollen diese Gegenstände erst mal gekauft werden (100 Münzen pro Stück, jeder Charakter hat zunächst 20 Optionen) und um Geld zu scheffeln gibt es gerade offline nur wenige Möglichkeiten. Die insgesamt sechs Pokalturniere gegen CPU-Teams werfen bei Erfolg pro Cup einmalig 400 Münzen ab, bei erneutem Erfolg rieseln dann nur noch 50 der Goldstücke ins virtuelle Portmonee. Allerdings: Wer die sechs Cups “durchspielt”, schaltet deutlich herausforderndere Varianten frei, die satte 1.000 Münzen beim Cup-Gewinn einbringen.
Trotzdem will uns Nintendo bei Battle League ganz eindeutig in die Online-Komponente “Strikers Club” schubsen. Und deren Konzept ist auch eigentlich ziemlich spannend. Wir können entweder einem Club beitreten oder selbst einen gründen und uns dann in Testspielen oder Saisons und Ligen mit anderen Teams messen, um Münzen oder Club-Chips zu erspielen, mit denen sich dann unter anderem Details des eigenen Heimstadions anpassen lassen.
Der Strikers Club hat zumindest das Potenzial, für Langzeitmotivation zu sorgen, aber auch hier werden DLC-Pakete mit neuen Charakteren unabdingbar sein. Denn auch online stehen lediglich fünf Stadien zur Verfügung, außerhalb der Spiele gibt es keine weiteren Aktivitäten.
Gelb-rot für die Langzeitmotivation
Offline bleibt dagegen die Wahl aus einem Einzelspiel oder einem Turnier, das allerdings nur alleine oder mit anderen im Koop gegen CPU-Teams gespielt werden kann. Ein selbst zusammengestellter Cup für ausschließlich menschliche Teilnehmer*innen gibt es ebenso wenig wie einen Karrieremodus oder freischaltbare Minispiele. Abgesehen von den Ausrüstungsgegenständen bietet Battle League Soccer im Offline-Modus also weniger Umfang als sein 15 Jahre alter Vorgänger.
Das ist natürlich etwas, das mit künftigen Zusatzinhalten entschärft werden kann, trotzdem stellt sich die Frage, warum Nintendo hier nicht direkt vom Start weg ein größeres Paket angeboten hat. Denn spielerisch hat Battle League Football einiges auf dem Kasten und die flotten Partien sind vor allem im Multiplayer eine Riesengaudi.
Auch optisch kann sich der Titel mit seiner butterweichen Framerate und vielen liebevollen und witzigen (Jubel-)Animationen sehen lassen. Dafür wirken die Präsentationen der Matches mit ihren immer gleichen Intros recht dröge und auch die Sprachsamples wiederholen sich ziemlich schnell. Ein zumindest rudimentärer Live-Kommentar hätte diese Scharte etwas auswetzen können, aber den gab es nur im Marketing-Trailer zum Spiel – schade.
Hier könnt ihr euch den Buschi-Trailer noch einmal anschauen:
Ernüchterndes Fazit
Unter dem Strich bleibt ein ziemlich launiges Fun-Fußballspiel, das zwischendurch dank seiner gleichermaßen guten Zugänglichkeit wie spielerischen Tiefe viel Spaß machen kann. Allerdings geht dem Mario-Kick schon auf mittlere Distanz aufgrund des mageren Umfangs ziemlich schnell die Puste aus.
Bleibt zu hoffen, dass Nintendo hier möglichst schnell nachlegt – und dafür nicht 15 Jahre braucht. Denn im gegenwärtigen Zustand fühlt sich Mario Strikers: Battle League Football alles andere als fertig an.
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