Der Kampf gegen die unberechenbare KI
Ob wir in den Missionen eine schleichende oder eine direkte Vorgehensweise wählen, bleibt uns überlassen - zumindest in der Theorie. Denn in der Preview-Version machen uns die teils noch arg erratisch agierenden Feinde immer wieder einen Strich durch unsere sorgfältig ausgetüftelten Pläne. Manchmal werden wir übersehen, obwohl wir hinter einer lächerlich winzigen Topfpflanze kauern. In anderen Momenten bekommen wir aus heiterem Himmel eine Kugel in den Kopf, ohne auch nur zu ahnen, von wo uns der Schütze aufs Korn genommen hat. Überhaupt: Welcher Schütze?
Am meisten Erfolg und Spaß haben wir also, wenn wir Mafia 3 als Mischung aus Schleichspiel und Shooter angehen. Wenn wir die ersten Gegner heimlich, still und leise ausschalten, laufen wir seltener Gefahr, Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, die für unliebsame Verstärkung sorgen kann. Alarmiert durch Schüsse kann es nämlich durchaus sein, dass einer von ihnen zu einem Telefon sprintet, um seine Kameraden auf den Plan zu rufen. Plötzlich sind wir umzingelt und die Lage sieht um einiges finsterer aus. Schaffen wir es, ihn vorher kaltzustellen, bleibt uns dieses Schicksal erspart.
Kämpfe bestehen entweder aus brutalem, aber immerhin relativ leisem Nahkampf, bei dem Lincolns Messer zum Einsatz kommt, oder aus harten Schießereien. Und trotz der KI-Probleme machen die Schusswechsel schon jetzt jede Menge Spaß, vor allem dank des fantastischen Waffenhandlings. Jeder Rückstoß ist spürbar, die Knarren unterscheiden sich in ihrer Widerspenstigkeit wohltuend von dem, was uns Call of Duty und Co in die Hände drücken. Ein bisschen modernen Schnickschnack kann sich aber auch ein Mafia 3 nicht verkneifen, und auch wenn wir uns Mühe geben, ihn als reine Mechanik zu betrachten, kostet der sogenannte Intel View einiges an Atmosphäre. Der hebt ähnlich wie der Detektivmodus in den Batman-Spielen Feinde selbst durch Wände hervor, was zwar einerseits praktisch ist, andererseits aber auch in einem 60er-Setting schlicht deplatziert wirkt.
Deutlich besser gefallen hat uns da das Underboss-System. Nach und nach rekrutieren wir mit Cassandra, Burke und Vito drei Mafia-Oberhäupter, die uns im Kampf gegen die Marcanos unterstützen – für den richtigen Preis. Eine Hand wäscht auch in Mafia 3 die andere. Wir müssen immer darauf achten, niemanden zu sehr zu bevorzugen, um ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Gruppen zu halten, während wir den ein oder anderen Auftrag für sie erledigen oder ihnen später eroberte Bezirke zur Verwaltung zuteilen.
Und täglich grüßt die Nebenquest
Ein Element, an dem viele Mafia-Fans der ersten Stunde zweifeln, ist die Einführung einer weitläufigeren offenen Welt. Zu leicht lenkt sie in anderen Spielen von der eigentlichen Handlung ab, schwächt sie mit teils repetitiven Nebenaufgaben. Auch Mafia 3 leidet zumindest nach unseren bisherigen Eindrücken unter vielen Kinderkrankheiten, die Open Worlds mit sich bringen. So können wir Playboy-Heftchen und Schallplatten sammeln und Nebenaufgaben erledigt, die alle einen gleichen Aufbau haben - ohne dass uns dafür ein spürbarer Mehrwert geboten wird.
Mehr als einmal drängte sich in unseren rund sechs Stunden Spielzeit der Verdacht auf, dass die meisten Missionen lediglich aus »Gehe zu X und töte Y« in verschiedenen Variationen bestehen. Im French Quarter wird uns zum Beispiel der Auftrag erteilt, Pornografie zu vernichten, während wir in Frisco Fields einen Informanten der Southern Union verhören sollen - Mafias Version des rassistischen Ku-Klux-Klans. Letztlich läuft es aber auf dieselbe Spielweise hinaus: Kommen, töten, gehen.
Aber um fair zu bleiben: Wir haben nur einen Teil des Spiels gesehen, wir haben längst nicht alles erlebt, was wir hätten erleben können. Und vielleicht haben wir auch einfach nur ein schlechtes Händchen bei der Missionsauswahl gehabt und stets die »Kommen, töten, gehen«-Dinger erwischt. Immerhin haben wir das Spiel nicht linear erlebt. Nach dem Prolog war für uns zunächst mal Schluss mit der Hauptstory, wir wurden »rund 15 Spielstunden später« (so die Entwickler) in die offene Spielwelt entlassen, begrüßt von unzähligen Questmarkern. Und nicht immer verbarg sich hinter den Markern eine Logik: So passierte es zum Beispiel, dass wir ein paar Aufgaben mehrmals erledigen mussten, weil sich die Spielwelt nicht daran erinnerte, dass wir den Ort bereits aufgesucht hatten. Während wir das erste Mal eher zufällig in ein Bordell stolperten und uns dort aus völlig schlüssigen Gründen – mild gesagt - danebenbenommen hatten, bekamen wir später die Mission, die dort eingesperrten Mädchen zu retten. Mädchen, denen wir vorher nicht begegnet waren, die mit Questbeginn nun aber die einzelnen Zimmer bevölkerten, während auch ihre Zuhälter, die wir bereits aus der Welt geschafft hatten, wieder mit von der Partie waren. Entweder ist dieses Wirrwarr durch unsere zerstückelte Version entstanden oder Mafia 3 muss noch mal auf Konsistenz hin abgeklopft werden.
Aber soweit lehnen wir uns schon mal aus dem Fenster: Mafia 3 scheint wirklich ein immens großes Spiel zu werden.
Schöne neue offene Welt
Zwar können wir selbst nach sechs Stunden nur schwer abschätzen, wie gut Welt und Missionsdesign funktionieren, aber für uns steht jetzt schon fest: New Bordeaux wird eine der spannendsten und eindrucksvollsten Schauplätze der Actionspiel-Geschichte. Zwischen bedrohlichen Bayous (Sumpfgebieten), finsteren Untergrundclubs, friedlichen Vororten, urbanen Industriezonen und farbenfrohen Karnevalsstraßen gibt es jede Menge visuelle und atmosphärische Abwechslung, die die einzelnen Handlungsstränge unterstreichen sollen. New Bordeaux ist keine bloße Kopie von New Orleans und sollte es nie sein.
Hangar 13 hat es allerdings geschafft, das Feeling der Stadt authentisch einzufangen, ohne sich dabei kreativ einzuschränken. Die Abweichungen vom Original dienen vor allem dem Gameplay: Breitere Straßen erleichtern das Fahren und die Kanalisation, in die wir in New Orleans wegen des hohen Grundwasserspiegels nicht vordringen, erweitert unseren Spielplatz in New Bordeaux nach unten. Es sind sinnvolle Änderungen, die nichts an der großartigen und ungewöhnlichen Stimmung ändern, die Mafia 3 verbreitet. Warum ist New Orleans eigentlich nicht schon viel früher Schauplatz eines Open-World-Spiels gewesen?
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