Natürlich könnten wir es uns leicht machen. 87,6% (GameStar) und 90,2% (GamePro) der Heft-Abonnenten sowie 75,5% unserer Online-User wünschen sich, dass GamePro auch in Zukunft Spiele mit Zahlen bewertet. Wunsch erfüllt, Ende der Diskussion. Bei einer derart überwältigenden Mehrheit muss man schließlich nicht länger drüber nachdenken.
Oder vielleicht doch? Tatsächlich haben wir bei der Entwicklung unseres neuen Wertungssystems ebenso ausführlich wie kontrovers über den Sinn und Unsinn von Zahlen unter einem Spieletest diskutiert. Und ja, es stand durchaus zur Debatte - wenn auch nur kurz - auf Wertungen künftig komplett zu verzichten. Denn natürlich liegt einem Spieljournalisten nicht die Zahl unter einem Text am meisten am Herzen, sondern der Text selbst. Wir geben täglich unser Bestes, überlegen uns neugierig machende Einstiege, ungewöhnliche Formulierungen, mehr oder wenige witzige Wortspiele. Warum das alles? Damit ihr jeden Test vom ersten bis zum letzten Buchstaben lest! Und ganz sicher nicht, damit ihr gleich zur Wertung springt.
Trotzdem können und wollen wir auch in Zukunft nicht auf wertende Zahlen bei einem Spieletest verzichten. Und zwar aus den folgenden sechs Gründen.
Der Autor
Heiko Klinge diskutiert über Spielewertungen, seit er lesen kann. Weil als kleiner Steppke seine Lieblingszeitschrift die Powerplay war, plädiert er seit Jahren für alberne Grimassenfotos in den Meinungskasten. Zu seinem Bedauern hält sich die Begeisterung im Team für diese Idee jedoch in Grenzen.
Und so wichtig er auch Wertungen findet: Wer ihn auf die Palme bringen möchte, muss einfach nur eine Wertung krtisieren, ohne den dazugehörigen Test gelesen zu haben.
1. Wertungen sind ein Service
Wir können noch so viel Herzblut und Liebe in einen Artikel stecken, Fakt ist dennoch: Der Blick des Lesers wandert als Erstes zur Wertung. Immer. Nicht, um den Autoren zu ärgern, sondern weil sie ihm als erster Ankerpunkt dient. Die Wertung kondensiert unsere gesamte Arbeit auf einen schnell erfassbaren Punkt. Was sagt GamePro zu Spiel X? 85, danke, gern geschehen.
Denn so schön es auch für uns wäre, wenn alle immer den kompletten Test lesen würden, so wissen wir aus Leserbefragungen und Online-Abrufzahlen doch ebenso, dass manchen manchmal eben auch nur die Zahl interessiert. Nicht aus böser Ignoranz unserem Text gegenüber, sondern schlicht aus der Notwendigkeit heraus. Zum Beispiel, wenn man im Elektromarkt per Handy eine schnelle Kaufhilfe benötigt. Oder wenn man in der Diskussion mit dem Kumpel über die Stärken und Schwächen von GTA 5 fix die Wertung seines Lieblingsmagazins als Argumentationsverstärker braucht. Auch dann wollen wir in Zukunft für euch da sein.
Wäre natürlich trotzdem schön, wenn ihr euch hinterher noch Zeit für den restlichen Artikel nehmt. Ein guter Text ist uns nämlich nach wie vor fundamental wichtig, er wird die Stärken und Schwächen eines Spiels immer besser wiedergeben als selbst das komplizierteste Wertungssystem. Das heißt aber nicht, dass Text und Wertung nicht koexistieren dürfen.
2. Wertungen schaffen Transparenz
Den alten GamePro-Wertungssystemen kann man einiges vorwerfen, aber ganz sicher nicht mangelnde Transparenz. Wir haben mal mehr, mal weniger aufgeschlüsselt, wie eine Wertung zustande gekommen ist. Das hat viel Arbeit gemacht (immer mehrere Kategorien, Dutzende Pros und Contras), uns vor manches Problem gestellt (Wie bewerten wir Minecraft?), für heftige Diskussionen gesorgt (»Frustrierendes Inventarsystem« als Kontrapunkt bei Resident Evil Remastered), aber unter dem Strich war genau das mitentscheidend für das Vertrauen in unsere Testartikel.
Wer nur einen Text schreibt, kann sich immer damit verteidigen, dass dieses oder jenes ja gar nicht so gemeint oder missverständlich formuliert war. Das können wir nicht, und das wollen wir nicht. Auch in Zukunft. Wir wollen uns festlegen, ein klares Urteil fällen. Aber eben zusätzlich darlegen, wie dieses Urteil zustande gekommen ist. Denn je transparenter wir arbeiten, desto leichter fällt es Ihnen, sich Ihr eigenes Urteil zu bilden.
3. Wertungen ermöglichen Differenzierung
Natürlich ist es eine subjektive Haarspalterei, ob ein Spiel jetzt eine 83 oder 84 bekommt. Gerade im Zeitalter der jährlichen Updates von Assassin's Creed, Call of Duty, FIFA und Co. sind es jedoch genau diese Nuancen im Vergleich mit dem Vorgänger, die für Serienfans ausschlaggebend bei der Kaufentscheidung sein können. Ein FIFA 16 wird sich von FIFA 15 auch dieses Jahr wieder nur in Kleinigkeiten unterscheiden, aber diese Kleinigkeiten sollten unserer Meinung nach auch von einer Wertung reflektiert werden. Ob die nun besser oder schlechter ist - nun das hängt von der Qualität dieser Kleinigkeiten ab. Und davon, ob sich in unseren Augen wirklich genügend getan hat, um einen Vollpreis-Nachfolger zu rechtfertigen.
Außerdem möchten wir euch auch weiterhin mehr Entscheidungshilfen geben als nur eine Ziffer. Es gibt nun mal Spieler, die viel Wert auf eine bombastische Präsentation legen. Andere können auch mit Textkästen und Strichmännchen leben, wenn denn Spieldesign und Umfang stimmen. Je stärker sich die Spiele unterscheiden und je ungewöhnlicher die Ideen werden, desto wichtiger wird es unserer Meinung nach, auf einen Blick herauszustellen, für wen genau sich dieses Spiel eignet.
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