Eigentlich ist es kaum zu glauben. Obwohl der knuffige Kirby seit mittlerweile 30 Jahren über Nintendos Konsolen und Handhelds turnt, ist Kirby und das vergessene Land für die Switch tatsächlich das erste echte 3D-Abenteuer des pinken Nimmersatts. Und das weckte gleich bei seiner Ankündigung Hoffnungen und Sehnsüchte. Würde das neue Kirby etwa in Richtung Super Mario Odyssey mit seinen offenen Gebieten gehen? Erwartet uns hier gar das allererste Open World-Kirby?
Nachdem wir Kirby und das vergessene Land für unseren Test durchgespielt haben, können wir diese Fragen mit einem ganz klaren "Nein" beantworten. Ein spitzenmäßiges 3D-Debüt von Kirby ist das Spiel aber auch ohne offene Spielwelten – unter anderem wegen einer großen Parallele zum Klempner-Superhit.
Ihr wollt bewegte Gameplay-Szenen? Hier ist unser Test-Video zu Kirby und das vergessene Land:
Story pfui, Gameplay hui!
Zunächst mal wollen wir euch einen der wenigen Gründe verraten, weshalb ihr Kirby und das vergessene Land nicht spielen müsst. Denn die Rahmenhandlung ist wenig überraschend weder besonders spannend noch in irgendeiner anderen Form interessant.
Kirby und seine Umgebung werden eines Tages durch ein mysteriöses Sternentor in eine andere Dimension gesaugt, wo ihm nach kurzer Zeit ein niedliches Wesen namens Elfilin eröffnet, dass die ebenfalls niedlichen Waddle Dee-Wesen gekidnappt wurden und Kirby bei deren Rettung mithelfen soll.
Es ist mal wieder der typisch seichte Aufhänger ohne jegliche Überraschungen, was sich auch bis zum Ende durchzieht. Das mag Tradition für viele Nintendo-Spiele sein, aber es ist mittlerweile eben auch irgendwie eine lästige Tradition.
Es heißt also auch bei Kirby und das vergessene Land mal wieder “Gameplay first” und erfreulicherweise sorgt genau das auch dafür, dass man die lahme Story innerhalb von Minuten vergessen hat. Grundsätzlich funktioniert das erste 3D-Kirby nach dem bewährten Muster vieler anderer Nintendo-Jump&Runs. Wir klappern entweder alleine oder im Zweispieler-Koop einzelne Level in insgesamt sechs thematisch unterschiedlichen Welten ab, um darin die erwähnten Waddle Dees zu befreien, und geben an deren Ende jeweils einem Endboss auf die Mütze.
Es beginnt in den überwucherten Ruinen der Naturebenen, später geht es dann unter anderem in eine obligatorische Eiswelt namens Winterkuppe, ein karibisch angehauchtes Areal (Ewigblau-Küste) und einen verrückten Freizeitpark.
Tausendsassa Kirby
Wir können uns in den einzelnen Leveln zwar frei bewegen, diese sind allerdings stets streng linear und haben somit nicht annähernd den Hubwelt-Charakter wie die Welten in Super Mario Odyssey. Dass sich das Ganze trotzdem wunderbar verspielt anfühlt, liegt vor allem an den “Specials Powers” des Hauptcharakters.
Das Einsaugen bestimmter Gegnertypen verleiht Kirby nämlich besondere Kräfte, lässt ihn beispielsweise Feuer spucken, als Stachelkugel durch die Level rollen, sich unter die Erde graben oder mit Pistolen um sich ballern. Zwölf dieser Special Powers lassen sich insgesamt entdecken und wir finden es fast ein bisschen schade, dass es nicht noch mehr geworden sind.
Denn das abwechslungsreiche Leveldesign ist natürlich so auf die Fähigkeiten von Kirby abgestimmt, dass sie nicht nur für die Gegnerbeseitigung nützlich sind, sondern auch an bestimmten Stellen kleinere Rätsel und Aufgaben lösen. Diverse Schalter warten beispielsweise auf ihre Aktivierung, um dann Geheimgänge oder weitere Waddle Dees freizuschalten.
Jeder Level bietet gleich mehrere Bonusziele – z.B “entdecke die geheime Passage” oder “Lasse fünf Blumen erblühen” – was den Wiederspielreiz erhöht und tatsächlich enorm motiviert, sich in den kunterbunten Arealen genau umzuschauen. Hier gibt es dann tatsächlich die Parallele zu Super Mario Odyssey und der Fähigkeit des Klempners, Objekte mithilfe seiner Mütze zu übernehmen.
Vollgestopft mit witzigen Ideen
Die sprichwörtliche Krone setzen dem Ganzen aber die neuen “Vollstopfen”-Objekte auf, die in vielen Levels verteilt sind. Hier nimmt Kirby nämlich den Mund im wahrsten Sinne des Wortes ordentlich voll und verschluckt Autos, Glühbirnen oder Getränkeautomaten, um sich dann im Anschluss genau deren Eigenschaften zunutze zu machen. Also etwa mit Dosen Hindernisse kaputt zu schießen, als Verkehrshütchen Schildkröten zu erledigen oder als Auto durch die Gegend zu brausen.
Das ist nicht nur herrlich kurios und skurril, sondern gleichzeitig auch so gut in die Level eingebunden, dass sich alles auch dank der sehr präzisen Steuerung wie aus einem Guss anfühlt. Schade nur, dass die Kamera vergleichsweise starr ist. Wir können sie zwar ein wenig in bestimmte Richtungen neigen, frei drehen lässt sie sich aber nicht, was uns in manchen Hüpfpassagen aber definitiv geholfen hätte.
Die in den Levels eingesammelten Waddle Dees sind einerseits notwendig, um den Endboss-Level am Ende einer Welt freizuschalten, und bevölkern andererseits die als Hubwelt fungierende Waddle Dee-Stadt, die Kirby im Laufe des Spiels nach und nach wieder aufbaut. Je mehr Waddle Dees wir sammeln, desto mehr Gebäude und damit verbundene Nebenaktivitäten und Minispiele schalten wir frei.
Im Café müssen wir etwa möglichst viele Gäste bedienen oder beim Angeln dicke Fische aus einem Teich ziehen. Später wartet in der Stadt unter anderem noch eine Arena, in der wir die Bosse des Spiels nacheinander besiegen müssen, und in Kirbys Haus können wir verschnaufen oder Musikstücken aus älteren Kirby-Spielen lauschen.
Der wohl wichtigste Anlaufpunkt in der Waddle Dee-Stadt ist aber der Waffenladen, in dem wir Kirbys Spezialkräfte in drei Stufen aufrüsten können, wodurch sie dann unter anderem mehr Schaden verursachen. Aus dem normalen Feueratem wird etwa direkt ein Vulkanfeuer und mit dem kolossalen oder gar Meta-Knight-Schwert vermöbeln wir Gegner noch effektiver.
Die Verbesserungen sehen aber nicht nur schick aus, sondern bringen insbesondere bei den toll inszenierten Bosskämpfen merkbare Vorteile, in denen sich Kirby etwa einem riesigen Affen oder einem bestimmten Baum stellen muss, der Kirby-Kennern sicherlich bekannt vorkommen dürfte. Schade finden wir dagegen, dass die verbesserten Fähigkeiten nicht für bestimmte Minirätsel in den Levels benötigt werden, das hätte die Upgrade-Motivation noch einmal erhöht.
Nicht zu leicht
Umsonst sind die Upgrades natürlich nicht, denn einerseits müssen wir zunächst eine entsprechende Blaupause finden und danach im Waffenladen neben normalen Münzen auch sogenannte seltene Steine bezahlen.
Und die gibt es hauptsächlich in den Herausforderungsaufgaben der sogenannten "Straße der Schätze", in denen wir innerhalb eines Zeitlimits mithilfe von Kirbys Fähigkeiten kompakte Level absolvieren müssen. Das normale Ziel, das uns dann jeweils den begehrten seltenen Stein spendiert ist dabei meist gut schaffbar, die Bonus-Zielzeit dagegen in vielen Fällen eine knackige Herausforderung.
Ohnehin lässt sich dem ersten 3D-Kirby der "Viel zu leicht"-Vorwurf vergangener Serienteile nur bedingt machen. Zwar werden geübte Spieler*innen auch auf dem normalen Schwierigkeitsgrad recht problemlos durch das Spiel kommen, insbesondere gegen Ende nehmen die größeren Kämpfe aber merkbar zu und man muss die Fähigkeiten geschickt einsetzen, um zu bestehen.
Da hilft es ungemein, dass Kirby später Items mitnehmen kann, die unter anderem Gesundheit auffüllen oder sogar kurzzeitig die Angriffskraft erhöhen. Doof nur, dass es lediglich einen einzigen Item-Slot gibt, hier hätten wir uns noch mindestens einen weiteren gewünscht. Überfordernd wird Kirby und das vergessene Land aber nie, für Einsteiger*innen gibt es zudem einen leichten Schwierigkeitsgrad, auf dem der Knubbel mehr Energie hat.
Koop-Modus
Kirby und das vergessene Land kann optional auch im Zweispieler-Koop angegangen werden. Eine Person übernimmt dann den rosa Knubbel, während die andere in die Rolle eines Waddle Dee-Gehilfen schlüpft. Dieser kann zwar nicht die besonderen Fähigkeiten nutzen, ist aber dank einer Lanze besonders wehrhaft. Laune machen die Koop-Partien in jedem Fall, auch die Übersicht leidet nicht merklich, das war in vergangenen Kirby-Titeln oft anders.
Gute Laune!
Eine weitere ganz große Stärke des Spiels lässt sich dagegen kaum in Worte fassen und das ist der immense Gute-Laune-Charme, den Kirby und das vergessene Land vom Fleck weg versprüht. Umgebungen, Feinde und natürlich Kirby und seine teils kuriosen Fähigkeiten sind so farbenfroh und mit derart viel Knuffigkeit designt, dass hier vermutlich selbst dem grummeligsten Griesgram das Herz aufgehen wird.
Dazu trägt übrigens auch der tolle Soundtrack bei, für den viele bekannte Kirby-Melodien mit einem Orchester eingespielt und adaptiert wurden, und die sich stellenweise so intensiv in die Gehörgänge brennen, dass wir von einigen davon sogar nachts geträumt haben.
Technisch läuft die Hüpferei vor allem im Docked-Modus sehr stabil, allerdings schraubt das Spiel Animationen von Gegnern und Objekten in der Distanz etwas herunter, um eine flüssige Bildrate zu gewährleisten. Das wirkt dann so, als würden die Bewegungen in der Entfernung "ruckeln" dem Spielspaß abträglich ist das aber nicht.
Im Handheld-Modus haben wir diesen Effekt nicht beobachtet, gerade bei viel Action auf dem Bildschirm haben wir hier aber zudem kurzzeitige Framedrops bemerkt, die allerdings nicht wirklich stören. Irritierend ist dagegen, dass die wenigen Zwischensequenzen wie das Intro-Filmchen nur mit Musik unterlegt sind, aber auf jegliche Soundeffekte verzichtet, was offenbar beabsichtigt ist, aber wie ein Fehler wirkt.
In unserem Test hat es knappe zehn Stunden gedauert, bis der Abspann über den Bildschirm lief, danach ist aber nicht wirklich Schluss. Was anschließend noch freigeschaltet wird, verraten wir hier aus Spoiler-Gründen nicht, genug zu tun ist aber auch so dank der Aufgaben in der Waddle-Dee-Stadt, den aufrüstbaren Fähigkeiten und den etlichen Sammelfiguren, die ebenfalls in den Leveln versteckt sind. Es ist also wirklich kaum zu glauben, dass Kirby für sein 3D-Debüt angesichts der Klasse von Das vergessene Land so lange gebraucht hat. Eine mögliche Fortsetzung wünschen wir uns jedenfalls schon jetzt.
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