Protagonist Heinrich hat eigentlich schon im ersten Kingdom Come: Deliverance eine komplette Heldenreise absolviert. Das bringt ihm in Teil 2 aber herzlich wenig. Nach einem Zwischenfall auf einer Reise steht er nämlich wieder als armer Schlucker da und muss noch mal komplett bei null anfangen.
Um das zu ändern, lässt uns Kingdom Come: Deliverance 2 ganz schön schuften und versohlt uns zu Beginn immer wieder den Hintern. Wir hatten aber trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – in unseren ersten acht bis zehn Stunden richtig viel Spaß.
Pech für Heinrich: ein Botengang endet im Desaster
Zum Spielstart ist Heinrichs Welt noch in Ordnung: Er ist als Leibwächter mit dem Adligen Hans Capon unterwegs, der einem Nobelmann namens Otto von Bergow einen wichtigen Brief übergeben soll. Aber bevor sein kleiner Trupp bei dessen Burg ankommt, werden die Männer von Banditen überfallen und ordentlich dezimiert.
Genau gesagt überleben nur Heinrich und Hans und das auch nur knapp. Als wäre das nicht schon genug, gibt es noch ein ganz anderes Problem: Ohne den Brief und in den schäbigen, von den Banditen gemopsten Klamotten nimmt ihnen niemand ab, dass sie wichtige Gesandte sind.
Bei von Bergows Burg Trosky werden sie abgewiesen und schließlich kommt es auch noch zu einem Eklat, der für Heinrich und Hans am Pranger endet. Nach abgegoltener Strafe zieht Hans beleidigt ab und Heinrich muss zusehen, wie er die Mission alleine noch retten kann.
Darum drehen sich dann die ersten Spielstunden, die uns einiges an Arbeit abverlangen. Dabei fängt die Geschichte sehr langsam an.
Haupt- und Nebenmissionen sind in Kingdom Come 2 kaum zu trennen
Die Geschichte ist zwar in Haupt- und Nebenmissionen unterteilt, diese sind aber sehr eng miteinander verknüpft. Beispielsweise treffen wir bei Kräuterfrau Bozena, die den verwundeten Heinrich anfangs in einer Storymission rettet, auf deren Tochter Pawlena.
Später verschwindet die junge Frau spurlos und Bozena bittet uns, sie aufzuspüren – eine rein optionale Aufgabe. Auf der Suche nach Pawlena haken wir bei sämtlichen Personen nach, die wir bereits von anderen Aufträgen kennen. Und das rückt die Beziehung zwischen den beiden Frauen und den Dorfbewohner*innen in ein ganz neues Licht.
In Dialogen haben wir in der Regel sehr unterschiedliche Antwortmöglichkeiten, können unser Gegenüber auch beschwatzen oder anlügen - und bei der Lösung von Problemen dürfen wir stets kreativ werden: Meucheln wir eine Person, die uns im Weg steht, nachts im Schlaf? Greifen wir sie offen an oder lenken sie ab und bestehlen sie? Oder suchen wir stattdessen den Dialog?
In den ersten Spielstunden erledigen wir jede Menge Jobs, um uns Groschen, Ansehen und die Hilfe der Dorfbewohner*innen zu verdienen. Mal töten wir Wölfe für einen Schäfer, mal suchen wir das Pferd eines betrunkenen Wildhüters. Dabei treffen wir auf interessante, wendungsreiche Geschichten, aber auch auf einige weniger originelle Handlungsfäden oder Figuren.
Insgesamt wirkt die Geschichte in den ersten Stunden sehr kleinteilig mit vielen involvierten Personen, Orten und Beziehungen. In der Hauptstory bleiben die ganz großen Highlights erst mal aus. Sie wird aber dennoch in schön inszenierten Zwischensequenzen präsentiert.
Und übrigens: Keine Sorge, falls ihr Heinrich noch nicht kennt. In dem Fall holt euch das Spiel auf sehr schöne Weise ab: Nach dem Banditenangriff wird der schwer verletzte Held nämlich in Halluzinationen mit Szenen aus seiner Vergangenheit konfrontiert. Zusätzlich gibt es ab und an Dialogoptionen, mit denen sich bestimmte Themen vertiefen lassen.
Das Leben im Mittelalter ist kein Zuckerschlecken – dank Survival- und Sim-Elementen
Eine Herausforderung für alle, die sich zum ersten Mal ins Böhmen des 15. Jahrhunderts stürzen, sind dagegen die komplexen Spielmechaniken, die nicht immer gut erklärt werden. Ähnlich wie in Survivalspielen muss Heinrich regelmäßig schlafen und essen, Lebensmittel im Inventar verderben nach einiger Zeit.
Das ist vor allem zu Beginn knifflig, wenn wir kein Pferd, keine Schnellreisepunkte und kaum kostenlose Betten bei neuen Freunden haben. Und eben auch kaum Groschen, um uns einen Schlafplatz und legalen Zugang zum Suppentopf zu erkaufen.
Um nicht irgendwo mitten in der Pampa beim Kämpfen einzupennen, müssen wir gut planen und zum Beispiel heimlich tagsüber ein paar Stunden in fremden Betten ratzen oder still und leise den Eintopf anderer Leute auslöffeln.
Dabei dürfen wir uns aber auf keinen Fall erwischen lassen, denn in der Welt von Kingdom Come gibt es strenge Regeln und Bestrafungen, die richtig wehtun. NPCs werden nicht nur stinksauer, wenn sie uns beim Diebstahl ertappen, sondern auch wenn wir uns in privaten Bereichen oder nachts draußen ohne Fackel rumtreiben.
Gibt es Ärger, können wir uns häufig nur mit hart verdienten Groschen wieder rauskaufen. Wütenden NPCs eins auf die Nase zu geben, empfiehlt sich selten. Heinrich ist nämlich kein Superheld und jede gewaltsame Auseinandersetzung kann ihn schnell aus den Socken hauen. Um wieder heil zu werden, wenn wir ordentlich eingesteckt haben, hilft am Anfang meist nur eine Mütze Schlaf.
Technik: Auf der Xbox Series X läuft der hauptsächlich von uns gespielte Performance-Modus weitgehend relativ stabil. Kleinere Schwankungen gibt es zwar, aber diese stören das Spielerlebnis keineswegs. Daneben sind uns nur kleine Bugs untergekommen. Mal hat sich ein NPC einen halben Meter teleportiert, mal ist der Cursor auf der Map irgendwo in die Pampa gerutscht.
Das Regelsystem und die Sim-Elemente können sich zu Beginn einschränkend anfühlen oder Neulinge überfordern. Aber genau darin liegt eben für uns auch der große Reiz des Spiels. Haben wir nämlich die grundsätzliche Maschinerie erst mal ins Laufen gebracht, ist das richtig befriedigend. Außerdem wirkt die Spielwelt lebendig und glaubwürdig, gerade weil ihre Bewohner*innen so vielfältig auf uns reagieren und Heinrich ein ganz normaler Typ ist.
Kingdom Come 2 erzieht uns dazu, vorsichtig zu sein, genau hinzuschauen und eigene Taktiken zu entwickeln, wo uns andere Spiele an die Hand nehmen. Auch bei Nebentätigkeiten wie Schmieden oder Tränke Brauen müssen wir selbst mitdenken und frei nach Augenmaß arbeiten.
Das Progressionssystem: So lernt Heinrich dazu
Zu Beginn wählen wir in Kingdom Come 2 eine von drei Spezialisierungen, die uns beispielsweise kleine Vorteile bei Kämpfen oder dem Überzeugen von Personen verschaffen. Das hat aber nur Auswirkungen auf die anfängliche Punkteverteilung und danach können wir frei weiter an seinem Skillset schrauben.
Fähigkeitenpunkte und freischaltbare Perks erhalten wir für so ziemlich alles, wie Aufträge erledigen, Bücher lesen, reiten oder ausführliche Gespräche führen. Und die Freischaltungen sind extrem motivierend, weil sie richtig große Vorteile bringen – egal ob wir die Haltbarkeit der Ausrüstung verlängern, Schlösser leiser knacken können oder beim Blocken im Kampf weniger Ausdauer verbrauchen.
Kämpfen bleibt riskant, macht aber jetzt Spaß!
Die Kämpfe fühlen sich dieses Mal präziser und runder an als in Teil 1. Bei diesem wurde das Kampfsystem häufig als sehr “clunky” kritisiert. Wir attackieren immer noch gezielt Körperteile, um ungeschützte Stellen zu erwischen.
Daneben können wir gegnerische Schläge blocken oder parieren und Konter setzen. Außerdem müssen wir ständig Heinrichs Ausdauer im Blick behalten. Kommt er nämlich aus der Puste, kassiert er ruckzuck ein paar Treffer und beißt ins Gras.
Übrigens kann Heinrich neben Schwertern und Schilden auch schwere Waffen wie Streitkolben oder Bögen führen. Eine große Unterstützung ist außerdem Heinrichs treuer Köter. Haben wir den verloren gegangenen Hund in einer langen Questreihe erst wieder zurückgewonnen, beißt er unseren Gegnern nur zu gerne in den Hintern.
Insgesamt hält sich Kingdom Come 2 in den ersten Spielstunden sehr nah am stimmigen Grundgerüst von Teil 1, nimmt aber sinnvolle kleine Verbesserungen vor. Wir freuen uns auf mehr!
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