Das große Mysterium - Davon lebt so ziemlich jede Gruselgeschichte. Ist es also sinnvoll, komplexe und verschlüsselte Storys zu erzählen, um den Reiz des Unbekannten nicht zu zerstören? Oder geht der Versuch, sich geheimnisvoll zu geben, auch schnell mal nach hinten los?
Um die Fragen zu beantworten, nehme ich verschiedene Horror-Games genau unter die Lupe, die Zockenden Rätsel aufgeben. Hier gehe ich der Frage nach, unter welchen Umständen eine mysteriöse Geschichte Gänsehaut erzeugt, anstatt unbefriedigend vage oder wirr zu wirken.
Rule of Rose - ein kryptisches Urgestein
Dass dieses PS2-Game für seine ganz besondere Gruselatmosphäre bekannt wurde, liegt neben Design, Musikeinsatz und befremdlichen Szenen sicherlich am komplexen Storytelling. In Rule of Rose geht es um Mädchen, die einen Club mit tyrannischen Regeln gründen.
Die Geschichte wird aber nicht chronologisch erzählt, das Setting springt zwischen einem Waisenhaus und einem Zeppelin hin und her, chiffrierte Namen wie "Streunerhund" und die "Prinzessin der Roten Rose" sowie merkwürdige Legenden spielen wichtige Rollen - und haben oft Symbolcharakter.
So entsteht eher eine Collage als eine klare Storyline
In einem Genre, in dem Täuschung, psychologische Tricks und Geheimnisse zu den Grundzutaten gehören, ist das ziemlich reizvoll. Am Ende habe ich sicher nicht alles kapiert und das, was ich mir zusammengereimt habe, war mir zum Teil too much. Stichwort: als Hund dressierter Mann. Trotzdem war ich während dem Spielverlauf investiert in dieses ominöse Gesamtkonstrukt, weil die Symbolik wie aus einem Guss wirkt und die Inszenierung etwas Künstlerisches hat. Das fehlt mir bei vielen anderen Games.
Manch anderer Titel ist für mich eher Flickenteppich als Collage
Remothered: Broken Porcelain setzt beispielsweise auch auf eine komplexe Erzählstruktur. Diese wirkt aber nicht so elegant wie bei Rule of Rose. Mir fehlt erstens die starke Symbolkraft, zweitens wirkt die Geschichte ungewollt sperrig. Die Zeitsprünge sind verwirrend und warum heißen gleich zwei Hauptpersonen Jennifer, bevor - beziehungsweise nachdem - sie ihren Namen ändern?
Auch die enigmatische Kreuzfahrt von Layers of Fear 2 hat mich nicht wirklich gepackt
Allerdings aus einem anderen Grund: Dieses Game strotzt nur so vor Metaphern und Andeutungen - und ich habe das Gefühl, die Hochsee-Geschichte ertrinkt darin. Oder besser gesagt: die beiden Geschichten, denn Layers of Fear 2 erzählt parallel zwei Storys, die für mich - samt ihrer Verbindung - auf unbefriedigende Art vage bleiben.
Samara Summer
@Auch_im_Winter
Samaras Faszination für Horror-Games keimte bereits in den 90ern auf, als Monster aus faustgroßen Pixeln noch gruslig waren. Als sie einem Kumpel bei den frühen Resi- und Silent Hill-Teilen beistehen musste, war es endgültig um sie geschehen. Seither verfolgt die Zockerin die Entwicklung des Genres und begeistert sich für Blockbuster-Titel, hat aber auch ein Herz für innovative und ungewöhnliche Indie-Spiele.
Wie drückt man sich eleganter um Klartext?
Na, indem man den Text einfach ganz weglässt und sich auf die Bildsprache beschränkt. Little Nightmares geht damit von vornerein einen alternativen Weg. Es verzichtet auf Dokumente mit Storyfragmenten sowie Dialoge. Was sich aus der visuellen Sprache ergibt, ist nicht wirklich eine konkrete Story, sondern vielmehr eine grobe und befremdliche Idee von dem, was sein könnte.
Schiff, gefangene Kinder, Fleischhunger…
Wie und warum? Keine Ahnung, aber genau so ist das eben mit Alpträumen - und deshalb hat das Konzept in diesem Fall so gut für mich funktioniert. Ja, es hätte auch etwas mehr Kontext sein dürfen, aber zu detaillierte Erklärungsansätze hätten mich aus diesem Traum hochschrecken lassen.
Komplex: ja, bitte. Wirr: nein, danke.
Für mich dürfen Horrorstorys gerne verschachtelt sein oder unkonventionell erzählt werden, aber das Konzept und die Symbolik müssen stimmig sein. Nur dann macht es Spaß, sich an eigenen Interpretationen zu versuchen und sich in der Atmosphäre zu verlieren.
Welche besonders kryptischen Horror-Game-Storys fallen euch ein? Und mögt ihr es generell lieber komplex oder gradlinig?
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