Action-Adventures aus der First-Person habe ich in mittlerweile knapp drei Jahrzehnten so einige gespielt, Indiana Jones und der Große Kreis dürfte aber das erste "Adventure-Action" sein. So nennt es jedenfalls Axel Torvenius, seines Zeichens Creative Director von Entwickler MachineGame beim Anspieltermin in der englischen Hauptstadt London.
Diese Bezeichnung soll laut Torvenius klar signalisieren: "Adventure first", also Abenteuer zuerst! In Trailern kam das bislang schon hervorragend rüber, selbst ausprobieren ließ sich das Spiel bislang allerdings nicht. Deshalb war ich umso gespannter, als ich nach den einleitenden Worten des Creative Directors den Controller in die Hand nehme und loslege.
Das habe ich gespielt
Auf einem Preview-Event in London konnte ich eine nicht fertige, englischsprachige PC-Version von Indiana Jones und der Große Kreis spielen. Die insgesamt etwa zweieinhalb Stunden Spielzeit umfassten zwei lineare Missionen (Marshall College und Vatikan) sowie ein größeres offenes Gebiet (Gizeh).
Lockerer Einstieg im Marshall College
Indiana Jones und der Große Kreis spielt im Jahr 1937, zwischen den Ereignissen der beiden Filme "Jäger des verlorenen Schatzes" und "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" und der Start des Spiels ist eine der spielbaren Missionen auf dem Preview-Event.
Nachdem Archäologe Jones im Marshall College einen hünenhaften Einbrecher überrascht hat und von ihm bewusstlos geschlagen worden ist, stellt er fest, dass eine Katzenmumie aus der Ausstellung entwendet wurde. Und dass offenbar auch die Nazis – allen voran Antagonist Emmerich Voss – ein Interesse daran haben.
Die lineare und ziemlich kurze Einführungsmission im besagten Marshall College spielt sich abseits des chancenlosen Kampfes gegen den namenlosen Hünen ziemlich gemächlich und wie eine lockere Aufwärmübung. Jones sucht in den Ausstellungsräumen des College nach Hinweisen und muss dabei ein erstes kleines Rätsel lösen, indem er antike Exponate an die korrekten Positionen in einer zerborstenen Vitrine platziert.
Anschließend packe ich mit Indy in seinem Büro noch ein paar Reiseutensilien zusammen – darunter die legendäre Peitsche – und macht sich auf den Weg in den Vatikan. Der wird natürlich ganz wie in den Filmen auf einer Landkarte nachgezeichnet und mit der markanten Indy-Musik untermalt, die ich sofort unbewusst mitsumme. Die Atmosphäre stimmt schon mal!
Schleichend durch den Vatikan
Die zweite Mission meiner Anspielsession macht dann schon sehr deutlich klar, wo die spielerische Reise bei Indiana Jones und der Große Kreis hingeht. Im Vatikan gilt es, in das "Castel St. Angelo" einzudringen und einen alten Freund zu treffen. Der Weg dorthin ist allerdings schwer bewacht und da Indy nur seine Peitsche dabei hat, muss er sich auf seine Fäuste verlassen – und auf all das, was man unterwegs als Schlagwerkzeug missbrauchen kann.
In der Vatikan-Mission ist Indiana Jones und der Große Kreis vor allem ein Stealth-Spiel. Und macht dies auch ganz unmissverständlich klar, etwa mit Aufmerksamkeitsanzeigen über Gegnerköpfen und jeder Menge Deckungsmöglichkeiten.
Und es macht schon in den ersten Minuten unheimlich Spaß, Laufwege der Wachposten auszukundschaften, diese mit Flaschenwürfen abzulenken, sich anzuschleichen und ihnen dann von hinten etwa Schaufeln und Mandolinen über die Birne zu ziehen. Wie beispielsweise Sam Fisher kann Indy die bewusstlosen Körper verstecken, damit diese nicht von anderen Feinden gesehen werden.
So spielen sich die Kämpfe im neuen Indy-Spiel
Natürlich lassen sich an manchen Stellen Faustkämpfe nicht vermeiden. Diese spielen sich dank diverser Block-, Parier- und Schlagmanöver ziemlich gefällig, fühlen sich dank guten Treffer-Feedbacks wuchtig an und sind darüber hinaus auch nett inszeniert – vor allem dank kleiner technischer Details.
Gegner schauen uns zum Beispiel verbissen an und Faustschläge hinterlassen an den passenden Stellen Kratzer und Blutergüsse. Nett zudem: Indys Peitsche kann eingesetzt werden, um Gegner zu entwaffnen oder kurz zu stunnen – auch das funktioniert beim Anspielen bereits wunderbar.
Knifflig – und auch etwas hakelig – wird es allerdings, wenn zwei oder mehr Gegner auf Indy zustürmen. Da ein Hin- und Herschalten zwischen den Kontrahenten nicht wirklich zufriedenstellend möglich ist, enden diese Keilereien meist in einem wüsten Button-Mashing.
Schusswaffen kann Indy später natürlich auch nutzen, etwa seinen Revolver und von Gegnern aufgeklaubte Schießeisen wie Karabiner oder Maschinenpistolen. Das Zielen und Schießen funktioniert wie in einem klassischen Ego-Shooter und fühlt sich entsprechend kompetent umgesetzt an – kein Wunder, schließlich hat MachineGames zuletzt zwei hervorragende Wolfenstein-Shooter entwickelt.
Dennoch gibt mir das Spiel das eindringliche Gefühl, dass Geballer in den allermeisten Fällen die mit Abstand schlechteste Lösung ist. Denn die Knarren machen Lärm und locken dadurch andere Gegner an, die Munition ist extrem rar und Gegner schlucken unrealistisch viele Kugeln, bevor sie zu Boden gehen.
Einen flotten Shooter sollte hier also niemand erwarten, generell steuert sich Indy auch etwas schwerfälliger als Charaktere in anderen Ego-Spielen, insbesondere beim Klettern.
Adventure Points und Books: Freischaltbare Skills für Indy
Wie die Einstiegsmission ist auch der Indy-Einsatz im Vatikan recht linear, allerdings lassen sich in den italienischen Gassen bereits einige Nebenaufgaben und Rätsel entdecken. Als ich beispielsweise an einer verschlossenen Tür rüttle, die nach einem bestimmten Schlüssel verlangt, weckt das sofort meinen Erkundungsdrang, diesen zu suchen.
Und auch für das erste optionale "Mystery" (so die Bezeichnung im Spiel) an einer Gewölbewand bin ich direkt Feuer und Flamme – auch wenn für das Freilegen eines Geheimgangs dann „nur“ zwei Bilder richtig gedreht werden müssen.
Erledigte Ziele, entdeckte Schätze und Nebenaufgaben – die übrigens alle in Indys Journal festgehalten und jederzeit nachschaubar sind – belohnen mich mit sogenannten Adventure Points. Die lassen sich im Menü für verbesserte Skills eintauschen, welche allerdings wiederum in Form von Büchern entdeckt werden müssen.
Ich schalte beim Anspielen etwa eine Fähigkeit frei, mit der Indy nach einem K.O. nicht am letzten Checkpoint starten muss, sondern zu seinem Hut kriechen kann, um quasi eine "zweite Chance" zu bekommen.
Außerdem gibt es etwa Verbesserungen und Upgrades für Indys Ausdauer- oder Energieanzeige. Ob das Suchen und Finden dieser Skills aber auch dauerhaft motiviert, muss sich erst noch zeigen.
Artefaktjagd bei den Pyramiden
Das Highlight meiner Anspiel-Session ist das dritte spielbare Areal an den majestätischen Pyramiden in Gizeh. Hier führen die Nazis Ausgrabungen durch, die angeblich mit dem namensgebenden Großen Kreis zusammenhängen sollen.
Indy und seine Begleiterin – die italienische Journalistin Gina – müssen hier zunächst einen Kontakt treffen und für diesen dann insgesamt sechs antike Artefakte finden – soweit jedenfalls die Hauptaufgabe. Das Gizeh-Gebiet ist allerdings ein großes, offenes Areal, in dem sich zahlreiche weitere Nebenaufgaben und Mysterien verstecken.
Als ich beispielsweise in einen von Nazis kontrollierten Sperrbezirk schleiche, entdecke ich Hinweise auf eine alte Gruft in der Nähe, in der es schauerliche Geräusche geben soll. Gehe ich denen auf den Grund oder suche ich erst nach einer Uniform, die ich für den Eintritt in einen Hinterzimmer-Boxclub benötige?
Und dann warten auch noch diverse Sammelaufgaben, ein Arzt bittet beispielsweise darum, seine überall verteilten Medizinfläschchen zu finden.
Das klingt nach lapidaren Aufgaben, die beim Anspielen aber zielsicher mein Entdecker- und Problemlösungszentrum im Hirn triggern. Denn viele Quests sind an Rätsel geknüpft, die in Gizeh schon etwas anspruchsvoller ausfallen. Um beispielsweise eine überflutete Grabkammer zu erreichen, muss Indy zunächst einen Lift mit zwei Generatoren in Gang setzen.
Um die zu erreichen, muss ich zunächst einem Kabelstrang folgen, der teilweise aber durch verschlossene Gittertüren und andere Hindernisse führt – der richtige Weg muss also erst einmal gefunden werden. Diverse Hilfsmittel helfen Indy beim Weiterkommen.
Mit einem auf dem Basar erworbenen Feuerzeug lassen sich Büsche vor zugewachsenen Tempeleingängen abfackeln und mit der praktischen Kamera die Umgebung absuchen und Fotos knipsen – es gibt generell viel zu entdecken.
Auch wenn ich bei meinem Termin noch keine wirklichen Kopfnüsse vorgesetzt bekommen habe, wirken die Rätsel bereits sehr stimmig in die Umgebungen eingeflochten und machen Lust auf das, was da im fertigen Spiel noch so kommen mag – etwa im Himalaya oder dem thailändischen Dschungel, die schon in Trailern zu sehen waren.
Schwierigkeitsgrade
Indiana Jones und der Große Kreis hat zwei Schwierigkeitseinstellungen – eine allgemeine und eine, die ausschließlich für die Rätsel im Spiel gilt. Die allgemeine umfasst insgesamt vier Optionen (Light, Moderate, Hard, Very Hard), welche sich hauptsächlich auf Gegnerzahl und -zähigkeit auswirken. Für die Rätsel gibt es zwei Optionen (Light und Moderate). Wählt ihr die Erste, bekommt ihr Tipps und Hinweise an den entsprechenden Stellen, bei Moderate dagegen nicht.
Ich mag Ego!
Die Tatsache, dass Indiana Jones und der Große Kreis größtenteils aus der Ego-Perspektive gespielt wird, sorgte bei der Ankündigung für ein gemischtes Echo. Ich habe die Perspektive beim Anspielen als sehr angenehm empfunden, weil sich der Titel allein dadurch merkbar von thematisch ähnlichen Spielen wie Uncharted abhebt.
Besonders die Kämpfe und Rätsellösungen wirken durch die Indy-Augen einfach unmittelbarer und direkter, auch weil selbst kleinere Handgriffe animiert sind. Es mag abgedroschen klingen, aber so fühle ich mich tatsächlich ein wenig wie Indiana Jones persönlich.
Dass es sich bei der von mir gespielten Preview-Fassung um eine recht frühe Version handelte, war dem Spiel nicht wirklich anzumerken. Grafisch macht Indiana Jones und der Große Kreis auf mich jedenfalls bereits einen hervorragenden Eindruck.
Schicke Charaktermodelle, eine enorme Detailfülle in den Levels oder atmosphärische Kleinigkeiten wie das Hitzeflimmern im Gizeh-Gebiet machen große Hoffnungen, dass wir hier Ende des Jahres einen echten Optik-Leckerbissen bestaunen können.
Auch akustisch machte das Spiel schon eine ziemlich gute Figur, vor allem dank Troy Baker (u.a. Joel aus The Last of Us) als Indy, der den manchmal etwas gelangweilten und süffisanten Ton von Harrison Ford aus den 80er-Jahren-Filmen perfekt trifft.
Noch nicht völlig rund – und einige offene Fragen
An anderen Stellen habe ich aber auch noch Verbesserungsbedarf gesehen. Manche Kampfanimationen wirkten beispielsweise noch etwas abgehackt und hakelig, Markierungen auf der aufrufbaren Karte waren nicht immer eindeutig zu erkennen und teilweise teilen sich mehrere Aktionen – etwa die Kamera und das Feuerzeug – dieselbe Taste, weswegen dann umständlich durchgeklickt werden muss. Ein praktisches Ringmenü zur Schnellauswahl habe ich jedenfalls nicht entdecken können.
Außerdem bleiben noch einige Fragen offen: Taugt die Story? Gibt es weitere lineare Missionen zwischen den Open-World-Arealen? Und motivieren die Adventure Points dauerhaft? Für die Beantwortung war die Preview-Zeit schlicht zu kurz und die Auswahl spielbarer Gebiete zu überschaubar. Bis zum Release des Spiels dauert es aber glücklicherweise nicht mehr allzu lang.
Indiana Jones und der Große Kreis erscheint am 9. Dezember 2024 zunächst für die Xbox Series X/S sowie den PC – auch direkt im Game Pass. Eine Umsetzung des Adventure-Action-Spiels für die PlayStation 5 soll im Frühjahr 2025 folgen.
Einschätzung der Redaktion
Tobias Veltin
@FrischerVeltin
Durch die letzten beiden Wolfenstein-Spiele war klar, dass MachineGames Ego-Shooter ganz gut kann. Bei einem deutlich weniger actiongeladenen Spiel wie Indiana Jones und der Große Kreis war ich allerdings skeptisch – zumindest vor meinem Anspieltermin. Der hat nämlich derart viel Laune gemacht, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass MachineGames das fertige Spiel noch versemmelt.
Der Mix aus Nahkämpfen, Erkundung der Areale und einer teils filmreifen Präsentation wirkt schon ziemlich rund und auch wenn ich noch recht wenig vom Spiel gesehen habe, zeigt sich bereits, dass insbesondere das Lösen der Rätsel und das Entdecken von Geheimnissen in den (offenen) Gebieten der größte Reiz des neuen Indy-Spiels werden könnte. Die Ego-Perspektive ist dabei nicht hinderlich, sondern sorgt im Gegenteil meiner ersten Einschätzung nach für noch ein wenig mehr Atmosphäre.
Natürlich ist das nur ein erster Eindruck und vor allem das Adventure Point-System lässt mich noch etwas hadernd zurück, da das tatsächlich die einzigen Belohnungen im Spiel zu sein scheinen. Andererseits sind sie auch nur Mittel zum Zweck und das Erkunden der Areale hat mir beim Anspielen schon so viel Spaß gemacht, dass mir die Punkte irgendwann egal waren.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir Anfang Dezember ein ziemlich rundes Action-Adventure – pardon, Adventure-Action – spielen können. Ich werde dem Ruf des Abenteuers jedenfalls ganz sicher folgen.
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