War die fixierte Kamera vor 20 Jahren der absolute Standard im Horror-Genre, so stellen Titel mit festem Blickwinkel inzwischen eher die Ausnahme dar. Das Paradebeispiel für diese Entwicklung ist die Resident Evil-Reihe, die uns inzwischen in der Egoperspektive durch die Hölle jagt. Eine Umfrage im FYNG-Stream von GamePro, GameStar und Mein-MMO zeigte, dass das ganz eurem Geschmack entspricht. Da die Egoperspektive natürlich die Immersion stützt, ist das durchaus verständlich. Trotzdem finde ich, dass die feste Kamera im Horror-Genre immer noch ihre Berechtigung hat. Aber fangen wir doch mal von vorne an:
Zeitreise: 1996 bis 2004
Zwei große Serien dominieren das Horror-Genre. Sie heißen Resident Evil und Silent Hill und definieren unser Bild von gruseligen Spielen unter anderem durch ihre Inszenierung mit festen Kamerapositionen. Das Konzept geht noch viel weiter zurück, nämlich auf Alone in the Dark, 1992, und ist in der folgenden Zeit nicht immer eine Design-Entscheidung, sondern kam - zumindest unter anderem - den damaligen technischen Möglichkeiten entgegen. Beim ersten Resident Evil wurde beispielsweise zunächst mit verschiedenen Spiel- und Kamera-Konzepten experimentiert.
Samara Summer
@Auch_im_Winter
Samaras Faszination für Horror-Games keimte bereits in den 90ern auf, als Monster aus faustgroßen Pixeln noch gruslig waren. Als sie einem Kumpel bei den frühen Resi- und Silent Hill-Teilen beistehen musste, war es endgültig um sie geschehen. Seither verfolgt die Zockerin die Entwicklung des Genres und begeistert sich für Blockbuster-Titel, hat aber auch ein Herz für innovative und ungewöhnliche Indie-Spiele
Zurück in die Gegenwart mit The Medium
Lustigerweise setzt The Medium, das neue Horrorspiel für Xbox Series X/S, viele Jahre später erneut aus praktischen Gründen auf feste Kamerapositionen. Das Spiel lässt uns im geteilten Bildschirm gleichzeitig durch die normale und die Geisterwelt wandern - und dabei würde uns ohne die festen Kamerawinkel richtig schlecht werden, wie die Entwickler*innen verraten.
Die Art der Kamera ist also notwendig, aber in meinen Augen alles andere als ein "notwendiges Übel", denn diese Optik verleiht dem Titel trotz des innovativen Konzepts, einen Retro-Touch - und der passt richtig gut zu einem Spiel, bei dem Erkundung im Vordergrund steht.
Nostalgie ist jedoch nicht alles
Der feste und zuweilen eingeschränkte Blickwinkel erinnert mich - bei The Medium und anderen Spielen - nicht nur an die gute alte Zeit, sondern sorgt gleichzeitig für eine beklemmende Atmosphäre. Ich habe nicht die volle Kontrolle, kann nicht mal schnell um die Ecke linsen. Die Entwickler*innen entscheiden, wie ich auf das Geschehen schaue, was sie mir zeigen und was halb im Verborgenen bleibt. Das kann für unglaublich wirkungsvolle Inszenierungen genutzt werden.
Little Nightmares 2 als perfektes Beispiel
Bei Little Nightmares 2 setzt Entwickler Tarsier Studios diese Technik perfekt ein. Noch stärker als beim ersten Teil habe ich bei dem gruseligen Rätsel-Plattformer das Gefühl, dass jeder Blickwinkel ideal gewählt ist. Einen wesentlichen Anteil an der Gruselatmosphäre des Titels haben natürlich Grafikstil und Sounddesign, aber das Ganze wird durch die Kameraposition eben gekonnt in Szene gesetzt.
Durch die Art, wie Räume in Gebäuden unter- und nebeneinander angeordnet sind, habe ich außerdem das Gefühl, ein überdimensionierter Stalker zu sein, der in ein mysteriöses Puppenhaus späht. Das fühlt sich völlig anders an, als wenn ich in der Rolle von Ethan Winters durch das Anwesen in Resi 7 irre und alles durch seine Augen sehe.
Die Perspektive muss zum Spiel passen
Wenn ich wählen müsste, welcher Blickwinkel der ultimative für das Horror-Genre ist, könnte ich mich nicht entscheiden. Aktuell freue ich mich darauf, RE: Village in der Egoperspektive zu erkunden, bei Song of Horror einen Nostalgie-Trip mit fester Kamera zu erleben - und natürlich auch auf Titel mit Schulterkamera wie The Callisto Protocol, das uns an den guten alten Dead Space-Horror erinnert.
Welche Kamera-Perspektive bevorzugt ihr im Horror-Genre?
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