Hogwarts Legacy schickt mich als Schülerin in die berühmteste Zauberschule der Welt - Für mich eine spannende Prämisse, obwohl ich mit der Wizarding World eigentlich gar nicht viel am Hexenhut habe. Ich wollte nämlich richtig gerne in die Rolle einer Sechzehnjährigen schlüpfen, die in einer geheimnisvollen magischen Welt ziemlich mächtig werden kann.
Mein Plan war es, dabei die launische Klischee-Teenagerin raushängen zu lassen oder sogar mal richtig hinterhältig zu sein. Doch das lässt das Spiel einfach nicht zu.
Disclaimer: Auf Wunsch der/des Autor*in, wurde der Artikel anonym veröffentlicht.
Dialogoptionen machen kaum einen Unterschied
Hogwarts Legacy ist ein Rollenspiel: Ich kann das Aussehen meiner Hexe anpassen, ihr einen Namen geben und sie nach meinen Wünschen einkleiden. In Gesprächen kann ich mir außerdem oft aussuchen, was sie sagt.
Dabei stehen mir aber meist nur ziemlich höfliche Optionen zur Wahl - und selbst, wenn ich mal etwas flapsiger antworten kann, provoziert das keine entsprechende Reaktion meines Gegenübers.
Transfeindlichkeit bei J.K. Rowling: Der Erfolg von Hogwarts Legacy kommt indirekt Harry Potter-Autorin J.K. Rowling zu Gute, die durch bestehende Verlagsrechte und den damit einhergehenden Verkauf der Bücher partizipiert. Rowling fällt weiter aktiv durch Anti-LGBTQIA+-Rhetorik auf und unterstützt aktiv die Anti-Trans-Politik in UK. Wollt ihr euch näher über die Thematik informieren, findet ihr hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Kontroversen um Hogwarts Legacy.
Dazu kommt, dass die Erwiderungen von meinem Charakter ausgesprochen zudem häufig wesentlich harmloser klingen, als das, was da als Auswahloption stand.
Die Antwortmöglichkeiten beschränken sich außerdem oft darauf, dass ich Interesse oder Desinteresse an einem Thema äußern kann; beispielsweise wenn meine Pflanzenkunde-Lehrerin mich fragt, was ich eigentlich generell von den grünen Gewächsen halte. Gestehe ich, dass ich damit wenig anfangen kann, klingt das trotzdem noch relativ freundlich, genau wie die Antwort von Professor Garlick.
Gibt es sehr viele Dialogoptionen, dienen diese in vielen Fällen nur dazu, mir mehr Infos über einen bestimmten Sachverhalt oder die damit verbundene Quest einzuholen. Spreche ich einfach mal in den Korridoren mit meinen Mitschüler*innen, haben diese meist ein Anliegen.
Ich kann dann aber nur entscheiden, ob ich Zeit dafür habe. Damit wähle ich, ob ich ihre Nebenaufgaben annehme oder nicht. Die Gespräche dienen also mehr dem Gameplay als der Story. Ich vermisse die Möglichkeiten, einfach mal ein bisschen zu sticheln und Drama zu provozieren, denn genau das macht authentische Teenie-Geschichten für mich aus.
In einem Alter, in dem Menschen gerade anfangen, erwachsen zu werden, herausfinden müssen, wer sie sind und noch dazu mit Hormonen kämpfen, sind die Wenigsten immer ausgeglichen und angenehm im Umgang. Zugang zu einer Fülle von gefährlichen Geheimnissen und mächtigen Zaubern sollte da meiner Meinung nach nicht gerade förderlich sein.
Übrigens könnt ihr euch hier noch einmal unser Testvideo zu Hogwarts Legacy ansehen:
Aber ich stecke in der Haut einer netten Musterschülerin fest
Ich möchte eine Hexe spielen, der genau das anzumerken ist: Der typische Kampf, den Jugendliche in ihrer Entwicklungsphase austragen und auch mal an anderen auslassen. Aber die Person, die ich spiele, vermittelt per se ein ganz anderes Bild.
Schon in der ersten Cutscene, in der sie als besonderer Schützling eines alten Professors anreist, wirkt sie mir viel zu brav und wie ein Abziehbild. Dieser Eindruck hat sich bisher im Verlauf der Handlung nicht geändert.
Klar, nicht alle Teenagerinnen sind Rebellinnen oder streitlustige Stichlerinnen, aber ich würde eben gerne eine spielen. Rollenspiele sind schließlich dafür da, in eine Wunschrolle zu schlüpfen und auch mal Grenzen zu überschreiten, die ich in der echten Welt lieber unangetastet lasse.
Und ja: Ich kann in Hogwarts Legacy natürlich richtig schlimme Dinge tun. Als Sechzehnjährige kann ich durch die Welt ziehen und Menschen mit einem Todesfluch das Leben aushauchen. Aber da das keine Konsequenzen hat, fühlt es sich eben auch lediglich wie eine Spielmechanik an und trägt nichts zur Charakterbildung bei.
Außerdem ist das ja auch gar nicht der Charakterzug, den ich mir für meine Teen-Hexe wünsche. Ich will keine ruchlose Massenmörderin sein, sondern einfach nur ein biestiges Gör, das manchmal über die Stränge schlägt und mit ihren Mitschüler*innen und Lehrkräften aneinander gerät.
Ich möchte meiner Hexe anmerken, dass sie eine Jugendliche ist, die sich in einem schwierigen Reifeprozess befindet. Aber das habe ich nicht erreicht, so sehr ich mich auch bemüht habe.
Wie geht es euch da: Würdet ihr eure Hexe oder euren Zauberer gerne auch kantiger und womöglich ein bisschen fies spielen oder passt das so für euch?
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