In den vergangenen Tagen sind die Neuauflagen der PS2- und Xbox-Klassiker GTA III, Vice City und San Andreas zur Meme-Fabrik verkommen. Extremitäten mit dreimal so vielen Gelenken wie üblich, furchtbares Charakter-Design, Grafik-Bugs – selbst wenn ihr nicht danach Ausschau haltet, ihr stoßt zwangsläufig auf zahlreiche Verschlimmerungen, welche die Sammlung zur Lachnummer verkommen lassen.
Lukas hat sich die GTA-Trilogie auf der Xbox angeschaut und zieht ein enttäuschtes Fazit:
Damit ist aber noch nicht das Ende des Abgrunds erreicht. Für die Nintendo Switch ist eine angepasste Version erschienen, die alle weiteren Fassungen wie technische Errungenschaften sondergleichen dastehen lässt. Ziehen wir den Vergleich zu einer stationären Konsole, in unserem Fall zur PlayStation 4, offenbart sich ein desaströser Zustand, der uns beinahe sprachlos macht.
Die Performance auf der Switch
Zum Vollpreis veröffentlicht Rockstar Games einen technischen Totalausfall für die Nintendo Switch. Pacing-Probleme sind zwar auch auf der PS4 ein ständiger Begleiter, die Version für Nintendos Hybridkonsole verbucht zusätzlich jedoch immense Einbrüche der Bildwiederholrate. Je nach Titel und Situation stürzt diese regelmäßig auf unter 20 fps ab.
Schuld daran scheint vor allem das Streaming von Assets zu sein, da Framedrops häufig beim Durchqueren der Stadtzentren auftauchen. Wir vermuten eine massive Rechenlast auf der CPU, Explosionen und Schießereien bleiben nämlich relativ flüssig. Die Grafikeinheit wird also nur selten vor Probleme gestellt.
GTA III ist von allen drei Titeln noch am angenehmsten spielbar, allzu komplex ist die Spielwelt allerdings auch nicht. Rechnet dennoch mit fortwährenden Einbrüchen auf unter 25 fps. Die PS4-Version hat mit dem Titel mitunter die größten Probleme, da ein aufwendiges, dynamisches Beleuchtungssystem eingesetzt wird, das auf der Switch lediglich in Ansätzen erhalten bleibt. Dadurch fällt eine weitaus geringere Rechenlast an.
Vice City ist auf der Switch nahezu unspielbar ruckelig, wir haben regelmäßig Werte von unter 20 fps gemessen. In einer Zwischensequenz brach die Framerate sogar auf einstellige Werte ein. Die Straßen des fiktiven Miami-Abbilds bereiten nun auch der Grafikeinheit horrende Probleme, schickere Lichteffekte und komplexere Szenen belasten die Hardware enorm.
San Andreas kann sich nur minimal von Vice City abheben. Im Schnitt pendelten wir zwischen 18 bis 24 fps während wir uns im Auto durch die Stadt bewegten. Viele Fahrmissionen führen durch enge Gassen, aufgrund der ständigen Ruckler sind sie nur schwer zu bewältigen.
Grafische Unterschiede
Den visuell größten Unterschied zur PS4-Version verbucht die Fassung für die Nintendo Switch bei den Beleuchtungssystemen. Dynamische Lichter werden stark zurückgefahren, Schatten erkennen wir nur noch aus nächster Nähe. Reflexionen, egal ob diffus oder klar, werden zudem nur noch in geringer Auflösung gerendert, die abstrahlende Fläche ist um einiges kleiner.
Verwaschenes Bild: Da alle Switch-Remaster in nativen 648p ausgegeben werden, entsteht ein unscharfer Eindruck. Dieser wird durch eine temporale Kantenglättung verstärkt, Bildinformationen aus vorherigen Frames werden genutzt, um Polygonkanten weicher darzustellen. Im Zusammenspiel mit der niedrigen Basisauflösung bilden die temporalen Techniken darüber hinaus unschöne Artefakte, etwa wenn sich Kanten innerhalb des sichtbaren Bildausschnitts verschieben.
Wie wichtig eine höhere Basisauflösung ist, zeigt die PS4-Version: Da sie in 936p ausgegeben wird, muss die Kantenglättung nicht so aggressiv agieren, weshalb die Spiele direkt sauberer als auf der Switch erscheinen.
Weitere Unterschiede:
- Rasenflächen sind auf der Nintendo Switch spärlicher bewachsen, einzelne Büschel werfen keine Schatten.
- Schattendarstellungen sind deutlich reduziert oder fehlen völlig.
- Texturen wirken flacher und weniger detailliert.
- Die Anzahl anderer Verkehrsteilnehmer*innen sowie Passanten wurde in allen Spielen reduziert. Sie tauchen außerdem sehr spät im Bild auf.
- Anpassungen beim Level-of-Detail werden verzögert vorgenommen, zum Teil erst, wenn sich Objekte direkt vor uns befinden. Der Wolkenkratzer mittig oben im Beispiel befindet sich beispielsweise schon seit Längerem im sichtbaren Bildausschnitt, Texturen laden aber erst, wenn wir uns auf einige hundert Meter nähern.
- Es bilden sich keine Pfützen bei starkem Regenfall, in allen anderen Versionen (Bild: PS4) reflektieren diese die Umgebung.
- Volumetrische Lichter fehlen völlig. In der PS4-Version von GTA III (im Bild) prägen diese am deutlichsten den Look während nächtlicher Autofahrten. Vice City und San Andreas verwenden eine unauffälligere Implementierung.
Lediglich einen positiven Aspekt konnten wir der Switch-Version abringen: Regeneffekte sind wegen des niedrigeren Kontrasts nicht so grell und gleichen somit eher dem authentischen Original.
Gyro-Steuerung
Zusätzlich zum rechten Analogstick können wir die Gyro-Sensoren der Nintendo Switch einsetzen, um zu zielen. Legen wir eine Waffe an, damit wir präziser schießen können, wird die Funktion aktiv. Die Umsetzung ist jedoch ungemein wackelig geraten, wir müssen den gesamten Bildschirm neigen, um uns horizontal zu drehen.
Fazit zur Collection
GTA III: Die überarbeitete Version des ersten 3D-Ablegers wirkt sehr dunkel, Kontraste gehen verloren. Das Beleuchtungsmodell wurde stark vereinfacht, weshalb die gesamte Spielwelt karg und detailarm wirkt.
Vice City: Rein optisch betrachtet weiß der Ausflug in das farbenfrohe Setting am meisten zu gefallen, die Performance ist jedoch untragbar schlecht, weshalb sich der Spielspaß in Grenzen hält. Vice City leidet zugleich am meisten unter visuellen Bugs, etwa flackernden Lichtern und Texturen.
San Andreas: Genau wie in GTA III vermittelt die Beleuchtung in San Andreas wenig Tiefe. Da Schattenwürfe so gut wie immer fehlen, bilden aneinander liegende Texturen harte Kontraste. Zusätzlich ziehen sich die Ladezeiten enorm in die Länge. Bereits die Fahrt im Intro wird mehrfach von sekundenlangen Schwarzblenden unterbrochen. Auch später im Spiel müssen wir ständig abwarten, bis die Spielwelt bei Übergängen geladen wurde, beispielsweise wenn wir das Haus von CJ verlassen.
Ein Erklärungsversuch
Für die Neuauflage wurden die Klassiker auf die Unreal Engine 4 portiert. Deren Performance nimmt jedoch rapide ab, sofern Spiele nicht umfangreich optimiert werden. Auf leistungsfähigeren Systemen kann die Hardware diesen Nachteil ausgleichen, bei der Switch ist das jedoch nicht der Fall, dementsprechend weit abgeschlagen ist die Version für Nintendos Konsole.
Entwickler Grove Street Games beschäftigte sich zuvor ausschließlich mit Smartphone-Portierungen einzelner Rockstar-Spiele, die Sammlung ist das erste große Projekt des Teams, weshalb eine gleichzeitige Veröffentlichung auf neun Plattformen (PS4, PS4 Pro, PS5, Xbox One S, Xbox One X, Xbox Series S, Xbox Series X, Nintendo Switch, PC) ambitioniert erscheint. Eine Überforderung des Teams ist daher nicht auszuschließen, vor allem, wenn man die knapp bemessene Terminierung zum Weihnachtsgeschäft bedenkt.
Letztendlich liegt die Verantwortung aber bei Rockstar Games als Publisher, da klar erkenntlich sein musste, dass die angestrebten Ziele nicht zum Release eingehalten werden können und erhebliche Qualitätsmängel vorliegen. Letztere sind dermaßen gravierend, dass wir eine Kaufwarnung für die Switch-Version aussprechen: Lasst die Finger von diesem Murks!
Hattet ihr euch überlegt, die GTA-Trilogie für die Nintendo Switch zu kaufen?
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