Es riecht nach verbranntem Gummi und Benzin. Das Dröhnen aufheulender Motoren klingelt in unseren Ohren. Und unsere Augen wandern unaufhörlich über die Rundungen wunderschöner Karosserien. Es wirkt fast so, als wollte uns Sony auf dem Enthüllungs-Event von GT Sport in London mit allen Sinnen auf das erste PS4-Gran-Turismo einschwören.
Denn vor der Copper Box Arena auf dem Olympiagelände der britischen Hauptstadt flitzen bei unserer Ankunft bereits etliche echte Sportwagen herum, driften wild um Kurven, trompeten beim Beschleunigen ein Hunderte-PS-Konzert in den englischen Nachmittagshimmel.
Der perfekte Rahmen also für die Präsentation des neuen Spiels von Polyphony Digital unter der Leitung von GT-Schöpfer Kazunori Yamauchi, der es sich natürlich nicht nehmen lässt, sein Baby höchstpersönlich vor dem internationalen Journalistentross vorzustellen.
VR-Unterstützung
GT Sport wird zum Launch PlayStation VR unterstützen. In London wollte Kazunori Yamauchi zu diesem Thema aber nicht ins Detail gehen und verriet auch nicht, ob man das Headset zum Beispiel auch in den Showrooms oder dem Foto-Modus einsetzen kann. Wie genau die VR-Unterstützung funktioniert, wird voraussichtlich erst im Laufe der nächsten Monate bekannt gegeben.
2-Spieler-Splitscreen
Polyphony denkt bei GT Sport auch an alle Fans von lokalen Mehrspielermodi und hat einen Splitscreen-Modus für bis zu zwei Spieler eingebaut. Es steht allerdings weder fest, ob neben den beiden menschlichen Fahrern dann auch Computergegner auf der Strecke unterwegs sind, noch ob man im Splitscreen auch online spielen kann.
Gottseidank, kein Prologue
Kaum ist der Japaner auf der Bühne, schwingt er die Superlativ-Kelle. GT Sport habe den größten Innovationslevel seit dem ersten Teil auf der PlayStation 1, behauptet Yamauchi zum Beispiel. Naja, gehört haben wir so etwas schon oft, aber stimmt das auch?
Wäre zumindest nicht schlecht, denn mit der Forza-Motorsport-Reihe ist Gran Turismo auf den Xbox-Konsolen ein würdiger Konkurrent erwachsen, und auch auf der PS4 gibt es mit DriveClub, Project Cars und dem kommenden Assetto Corsa erstklassiges Rennspielmaterial. Was stellt GT Sport dagegen? Yamauchis knapp 45-minütige Präsentation zeigt: Vor allem Routiniertes, aber auch deutlich mehr, als es die ersten Befürchtungen (»Das wird doch nicht schon wieder so ein halbgares Prologue-Spiel?«) vermuten ließen.
Im Hauptmenü findet der geneigte Rennspielfan die Punkte Arcade-Modus für schnelle Rennen, eine Karriere (die statt »GT Mode« jetzt »Campaign« heißt), den Sport-Multiplayer-Modus sowie die neuen Punkte »Brand Central« und »Scapes«.
Karriere mit Knigge
Der Karrieremodus von GT Sport ist in vier Bereiche unterteilt, von denen der erste schon ein echter – wenn auch ein von vielen verfluchter – GT-Klassiker ist: die Fahrschule! In diversen Übungen lernt man hier das Verhalten des Autos kennen, bekommt Nachhilfe im Ideallinienfahren oder dem Bremsen.
Diese Grundlagen lassen sich dann in den Bereichen »Circuit Challenge« und »Mission Challenge« anwenden. Bei erstem gilt es, Teilabschnitte von Rennkursen möglichst schnell und perfekt zu fahren, beim zweiten müssen wir klassische Rennen absolvieren.
Der letzte Bereich nennt sich »Racing Etiquette«. Was das ist? Uns kommt es vor wie eine Art »GT-Knigge«, denn hier lernen wir anhand von Beispielen und Videos, wie man sich auf der Rennstrecke wie ein echter Sportsmann verhält, zum Beispiel beim Überholen.
Selbst ausprobieren können wir den Karrieremodus in London allerdings noch nicht; es scheint aber, als seien die Soloaufgaben eher als Training für den Sport-Modus gedacht, denn eine klassische Karriere, in der man nach und nach diverse Rennklassen durchläuft und Punkte sammelt, bietet GT Sport nicht.
Dafür aber immerhin einen ordentlichen Umfang. Insgesamt 177 Events sind direkt zum Launch geplant, 62 davon sind Missions-Herausforderungen.
Neue Dimension dank FIA-Lizenz
GT Sport ist aber ohnehin ganz klar auf Wettbewerb ausgelegt, deswegen ist das eigentliche Herzstück des Spiels der Sport-Multiplayer-Modus. Hier treten wir in Rennen gegen andere Rennbegeisterte an. Klingt erst mal recht gewöhnlich, ist es aber nicht, denn GT Sport besitzt die offizielle FIA-Lizenz.
Es ist also eng mit dem größten Automobildachverband der Welt verzahnt, was wiederum einen ausgeklügelten Turniermodus ermöglicht. Die »FIA Gran Turismo Championships« sind in die Punkte »Nations Cup« und »Manufacturers Cup« unterteilt. In ersterem kämpfen die Fahrer unterschiedlicher Nationen gegeneinander, in letzterem die Fans von bestimmten Automobilmarken.
Es soll regelmäßige (wöchentlich und monatlich) Events, Vorausscheidungen, Finalrunden und Weltfinals geben, die werden dann sogar live im Spiel samt professioneller Kommentatoren-Unterstützung übertragen.
Die Termine sind jederzeit über einen Kalender einsehbar, außerdem soll jeder teilnehmen können, denn die Turniere werden nach Parametern wie Alter oder teilnehmende Bundesländer sortiert. Den Siegern winken noch nicht näher benannte Belohnungen.
Der absolute Knaller ist allerdings, dass man sich mit GT Sport theoretisch sogar eine echte Rennfahrerlizenz erfahren kann. Wenn man bestimmte Bedingungen im Spiel erfüllt – also zum Beispiel ein gewisses Niveau im Sport-Modus erreicht hat – erhält man die Berechtigung, beim regionalen Motorsportverband die digitale FIA-Gran-Turismo-Lizenz zu beantragen, die dann einer echten Rennfahrerlizenz entspricht – eindeutiger hat wohl noch nie ein Rennspiel seinen Simulationsanspruch unterstrichen.
Einen großen Haken hat die Sache allerdings: Die FIA-Verbände der einzelnen Länder müssen an diesem Programm erst teilnehmen, England ist zum Beispiel dabei, Deutschland aktuell (noch) nicht.
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