"Samurai, du bist ein Krieger. Das kann ich sehen. Du hast dein ganzes Leben hierfür trainiert. Und du hast Kämpfe gewonnen, von denen schwächere Männer sagten, sie seien nicht zu gewinnen. Aber weißt du, wie ich mich auf diesen Tag heute vorbereitete, während du dein Schwert geschärft hast? Ich habe gelernt. Ich kenne eure Sprache, eure Traditionen, euren Glauben. Ich weiß, welche Dörfer ich unterwerfen und welche ich niederbrennen muss. Und so frage ich dich noch einmal, Samurai: Ergibst du dich?
Das sind die Worte eines finsteren Kriegsherrn, die er im Trailer zu Ghost of Tsushima an einen Samurai richtet, der kurz darauf zu einem düster gewandeten Schattenkrieger wird. Doch was hat es damit auf sich? Worum geht es im neuen Spiel der Sucker Punch Studios? Um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen, müssen wir uns ein wenig in der japanischen Geschichte umschauen. Genauer gesagt, im japanischen Mittelalter.
Kleine Geschichtsstunde
Die kleine Insel Tsushima gilt in der japanischen Mythologie als eine der acht ursprünglichen Inseln, die von den Shinto-Göttern erschaffen wurden. Sie liegt im Meer genau zwischen Korea und Japan - und war dadurch der ideale Ort für den ersten Invasionsversuch der Mongolen im Jahr 1274.
Mit einer mongolisch-chinesisch-koreanischen Flotte aus knapp 700 Schiffen setzte Kublai Khan, der finstere Herr aus dem Trailer, von Korea aus nach Japan über. Er wollte das Land nach mehreren gescheiterten Versuchen, es wie Korea zu einem Vasallenstaat der Mongolei zu machen, endgültig unterwerfen. Der erste Kontakt fand im Oktober 1274 auf Tsushima statt, wo ein Teil der Flotte am Komoda-Strand landete. Geschätzte 1.000 mongolische Kämpfer trafen dort auf gerade einmal 80 Samurai.
Es ist eine dieser faszinierenden Geschichten, in denen sich eine kleine Gruppe mutiger Kämpfer einer Übermacht von Invasoren entgegenstellt. Man denke nur an Leonidas und seine 300 Spartiaten gegen die übermächtige Armee der Perser bei den Thermopylen. Das ist der Stoff, aus dem Legenden entstehen. Oder im Fall von Tsushima eben ein Videospiel.
Der Geist von Tsushima
Die Schlacht von Tsushima war schnell vorbei und endete für alle beteiligten Samurai tödlich. Mut und ein Schwert allein können es eben nur in den seltensten Fällen erfolgreich mit einer Übermacht aufnehmen. Doch genau hier setzt das neue Spiel von Entwickler Sucker Punch an.
Die Infamous-Macher biegen sich die historischen Tatsachen ein wenig zurecht und stecken euch in die Rüstung von Jin, einem der 80 Samurai, der die Schlacht aber überlebt und es auf eigene Faust mit den Invasoren aufnimmt. Er wird zum Geist von Tsushima und bekämpft nicht nur die mongolischen Truppen, sondern hilft auch den unterworfenen Inselbewohnern.
Ghost of Tsushima betritt ausgetretenes Neuland, denn obwohl das Open-World-Gameplay nichts Neues ist, erweist sich das Setting als äußerst frisch. Trotz hartnäckiger Forderungen etwa der Fans von Assassin's Creed hat sich bisher kein Entwickler einer offenen Spielwelt im japanischen Mittelalter angenommen. Dabei ist der Schauplatz doch eigentlich wie geschaffen für ein visuell aufregendes Videospiel voller fremdartiger Architektur, malerischer Landschaften und einer ganz eigenen Mysthik.
Detailversessene Spielwelt
Die Animationen der Spielfiguren, ja selbst galoppierender Pferde, wurden per Motion-Capture umgesetzt. Jin wird dabei vom japanischen Schauspieler Daisuke Tsuji (»The Man in the High Castle«) verkörpert, während der irisch-chinesische Patrick Gallagher (Attila der Hunne in »Nachts im Museum«) den Kublai Khan gibt.
Um das Japan des Jahres 1274 möglichst realistisch und respektvoll abzubilden, unternahmen die Entwickler außerdem mehrere Reisen nach Tsushima, um Fotos von Landschaft und Schreinen zu machen und sich direkt vor Ort über die Invasion der Mongolen zu informieren. Auch Waffen, Rüstungen und Kleidung werden für das Spiel peinlich genau nachgebildet.
Dass Sucker Punch seine Hausaufgaben gemacht hat, zeigt sich etwa an einem kleinen Detail des Trailers. Held Jin wischt sein blutiges Schwert in der Ellenbeuge seines rüstungsbewehrten Arms ab. Dabei handelt es sich nicht um ein klischeehaftes Katana, wie es wohl jeder Unbedarfte erwarten würde, sondern um ein Tachi. Das ist der Vorläufer des in der Popkultur gängigeren Katana. Das kompaktere Schwert entwickelte sich erst gegen Ende der ersten Mongoleninvasion aus dem Tachi, das bei den Rüstungen der Mongolen an seine Grenzen stieß.
Assassin's Creed in Japan?
Was dürfen wir also vom Spiel erwarten? Laut eigener Angaben wird Ghost of Tsushima die bislang größte offene Spielwelt der Sucker Punch Studios - wir erinnern uns, dass das Team für Infamous: Second Son bereits halb Seattle nachgebildet hat. Die Spielmechanik wird sich mit großer Sicherheit zumindest zu einem gewissen Teil an dem Superheldenspiel orientieren, doch wir gehen davon aus, dass auch ein großer Teil Assassin's Creed in dem Samurai-Abenteuer stecken dürfte.
Jin trägt sein Schwert und seinen Bogen schließlich nicht zum Spaß mit sich herum, und auch Gelegenheiten für Nebenmissionen sollte es reichlich geben. Und nicht nur bei der Befreiung von Dörfern dürfte es zu Schlagabtauschen kommen. Jin wird es sicher auch mit gefährlichen Bossgegnern zu tun bekommen, die den gezielten Einsatz der Geister-Technik erfordern, einer mysteriösen Kampfkunst, zu der sich die Entwickler derzeit noch größtenteils in Schweigen hüllen.
Aber halt! Könnte der Trailer nicht bereits einen Hinweis darauf geben? Hier scheint Jin zu verbrennen, nur um plötzlich als schwarz gewandeter Ninja in einer düsteren Schattenwelt zu stehen. Da wir uns kaum vorstellen können, dass das Infamous-Team "Superkräfte" völlig ausschließen möchte, liegt es durchaus im Bereich des Möglichen, dass Jin zu einem Schattenläufer wird, der sich in eine parallele Welt versetzen kann. Handfestere Informationen zu Ghost of Tsushima erwarten wir spätestens im Juni zur E3 2018. Ein Veröffentlichungstermin wurde noch nicht genannt.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.