Wer über 18 und des Englischen mächtig ist, wird an den Kommentaren auf der Kickstarter-Seite von Oculus Rift seine helle Freude haben. Ohne zu sehr in nicht jugendfreie Details zu gehen: Die Unterstützer der Virtual-Reality-Brille sind nicht glücklich darüber, dass Oculus VR jetzt von Facebook übernommen wird, und verleihen dieser Meinung farbig Ausdruck.
Wer kann es ihnen verdenken? Fast 10.000 Menschen haben insgesamt knapp 2,5 Mio. Dollar aufgebracht, damit der Traum von der Virtual Reality wahr werden kann. Ein Gerät wie geschaffen für PC-Spiele, konzipiert und entwickelt im offenen Geist der frühen Computer-Bastler-Jahre. Und jetzt kommt dieser neureiche Schnösel Mark Zuckerberg und kauft die ganze Bude einfach für zwei Milliarden in sein Facebook-Datenkraken-Imperium?
Was will der überhaupt damit? Farmville VR? Und was bedeutet die Übernahme denn nun für uns Spieler, die wir uns schon so drauf gefreut haben, Spiele wie Elite: Dangerous wie in echt aus dem Cockpit zu erleben?
Was will Facebook eigentlich?
Die Gegensätze könnten nicht größer sein: Auf der einen Seite Oculus VR, eine kleine Firma von Tüftlern, die Technik-Stars wie den Quake-Erfinder und Ex-id-Software-Guru John Carmack beschäftigt. Und die es sich offenbar zum Ziel gesetzt hat, Spieler glücklich zu machen. Auf der anderen Seite Facebook: Ein riesiger Konzern der davon abhängig ist, ständig zu wachsen und immer neue User zu »generieren«, um deren Meinung er sich offenbar wenig schert.
Was also will der Moloch Facebook mit dieser VR-Klitsche? Die Antwort gibt Mark Zuckerberg selbst: »Das ist tatsächlich eine neue Kommunikations-Plattform.« Für Facebook ist Oculus eine weitere Plattform wie der Browser oder Smartphones. Eine Abspielstation, die man bedienen muss, wenn man auch in Zukunft erfolgreich (wachsende User-Zahlen!) sein will. Und je eher man sich in diese Technologie einkauft, desto billiger ist es. Und umso mehr kann man die Richtung bestimmen, in die sie sich entwickelt.
Es geht gar nicht um Spiele
Für Facebook ist die Sache also klar: Virtual Reality ist eine wichtige Zukunftstechnologie. Also sucht man sich den derzeit vielversprechendsten Anbieter aus und kauft ihn auf - Geld ist für solche Investitionen schließlich genug da. Dabei geht es Facebook gar nicht so sehr um den Spiele-Bereich von Oculus Rift. Den erwähnt Mark Zuckerberg zwar auch (»Oculus VR hat große Pläne für Spiele und die werden sich auch nicht ändern. Wir hoffen sogar, sie zu beschleunigen.«), viel wichtiger sind ihm aber andere Anwendungen.
Und die klingen erst mal ziemlich futuristisch: Da geht es um Sportereignisse, bei denen alle User auf dem besten Platz im Stadion sitzen können. Um virtuelle Arztbesuche und Vorlesungen. Oder auch einfach nur Facebook-typische Sonnenuntergang-Angeber-Postings aus dem Urlaubsort, zu denen man seine Freunde dann virtuell einladen kann. Das ist natürlich alles noch weit, weit weg und erfordert noch viele Jahre Entwicklungszeit an Hard- und Software. Doch Mark Zuckerberg besitzt offenbar genug Weitsicht (und Kleingeld), um sich schon jetzt einen Logenplatz in der VR-Zukunft zu sichern.
In der Praxis dürfte es noch mindestens drei bis fünf Jahre dauern, bis sich der Übernahme-Deal tatsächlich auf die Endprodukte auswirkt. Selbst bei leicht veränderbaren Smartphone-Apps geht Facebook bei solchen Aufkäufen behutsam vor. Die im April 2012 übernommene Foto-App Instagram etwa ist immer noch ohne Facebook-Logo. Am nächsten an der Verwirklichung sind bei Oculus VR tatsächlich Spiele - und die dürften erst mal von der Facebook-Übernahme profitieren.
Der reiche Onkel Mark
An den Spieleplänen von Oculus Rift soll sich also nichts ändern, Facebook will sich aus diesem Bereich heraus halten. Klingt sinnvoll, denn Oculus VR kann das auch allein und Facebook hat von Spielen ohnehin keine Ahnung. Profitieren werden VR-interessiere Spieler trotzdem. Denn natürlich wird Facebook ordentlich Geld in die Weiterentwicklung der Brille stecken. Das Ziel dürfte schließlich sein, möglichst schnell eine markttaugliche, erschwingliche Brille vorzustellen - das kann uns nur recht sein.
Je mehr dieser Brillen auf Spielerköpfen sitzen, desto mehr Entwickler und Publisher werden sie auch unterstützen. Kurz: Die Facebook-Übernahme könnte das Thema Virtual Reality in Spielen mehr vorantreiben, als es Oculus VR alleine jemals vermocht hätte! Vielleicht wird Oculus Rift noch in diesem Jahrzehnt, was in den 90ern CD-ROMs oder die 3D-Karten von 3DfX waren - Türöffner für völlig neue Technologien und damit Spielerlebnisse.
Wobei natürlich zu hoffen bleibt, dass Oculus VR keine für Spieler wichtige Features kappen muss, um die Brille schnell und günstig fertig zu kriegen. Im günstigsten Fall wird Oculus Rift also schneller fertig und vielleicht sogar auch besser als ursprünglich geplant. Im worst case liefert die Firma eine auf Instagram-Essensfotos optimierte Billigbrille. Das ist aber sehr unwahrscheinlich, schließlich bleibt Oculus-Gründer Palmer Luckey im Unternehmen, um auf Qualität und Benutzerfreundlichkeit zu achten. Auf Reddit.com verspricht er zum Beispiel, dass Rift natürlich auch in Zukunft ohne Facebook-Login funktionieren wird.
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