Es ist ein symbolträchtiger Ort, an den Activision zur Enthüllung von Modern Warfare 4 geladen hat: Im Vorgängerspiel war das mondäne Londoner Hotel Royal Palace noch virtueller Schauplatz einer zerstörerischen Schießerei, nun drängen sich im (unversehrten) Spiegelsaal rund 150 Journalisten vor dem Executive Producer Finn Desiecle, um die weltersten Blicke auf den bislang nur als »Projekt ADS« bekannten nächsten Teil der populärsten Shooter-Serie der Welt zu erhaschen.
Ohne Umschweife startet Desiecle den Trailer, der mit einem Knalleffekt beginnt: Ein US-Soldat hechtet aus dem (in Modern Warfare 3 wiederaufgebauten) Weißen Haus, das Sekunden später von einem Raketeneinschlag zerrissen wird. Die US-Hauptstadt steht unter Feuer, rundum explodieren in schneller Folge Häuser, Autos, Busse, Häuser, Hubschrauber, Zeitungsbuden, Kirchen, ein Dackel, Häuser und Autos. Die Kamera zoomt in die Vogelperspektive, um das ganze Ausmaß zu zeigen: Während russische Panzerbattaillone, chinesische Kampfflugzeuge und ein Drohnenschwarm radikaler Öko-Separatisten das von Erdbeben geschüttelte Washington verwüsten, nähert sich von Westen ein Tornado, im Osten zünden arabische Fundamentalisten eine schmutzige Atombombe.
Inmitten des Chaos rennt eine Gruppe US-Marines durch das Gespreißel wie Ameisen durch einen Topf mit Popkorn, sie schreien, fuchteln und deuten auf einstürzende Dinge, es ist klar: Hier geht’s um Sekunden, wenn jetzt nicht schleunigst die Tür da drüben eingetreten und die einzige noch unbeschädigte Satellitenschüssel der Ostküste hochgejagt wird, ist es vorbei mit den USA. Auf dem Höhepunkt der Dramatik blendet der Trailer über auf das Logo: Modern Warfare 4.
Störende Gefechte zwischen Explosionen stark reduziert
Wenn es nach Activision geht, sollen die Tage statischer Actionspiele gezählt sein. »Wir hatten es einfach satt, dass in Shootern kaum etwas um dich herum passiert«, erklärt der Executive Producer Finn Desiecle, »du läufst durch eine Gegend und schießt auf Leute. Das ist nicht das, was einen Shooter ausmacht.« 60 Prozent aller Spieler von Modern Warfare 2, hat Activision herausgefunden, kamen nie über den zweiten Level hinaus. »Wir hatten da eine Passage, in der ist fast 45 Sekunden lang nichts explodiert. Da haben die Leute abgeschaltet«, reut sich Desiecle. »Das passiert uns nicht noch mal.«
In Modern Warfare 4 sind die Skriptsequenzen auf einer Schaltuhr getaktet, spätestens alle drei Sekunden muss dem Spieler ein Gegenstand (Haus, Auto, Dackel) ins Gesicht fliegen. In einer Beispielszene laufen wir mit Sergeant Joseph Allen (dessen Rückkehr Modern Warfare 3so spektakulär in Szene setzte) durch eine Militärbasis in Südchina, die gerade von US-Marines und indischen Freischärlern gleichzeitig angegriffen wird. Dabei toben um uns so viele Handgemenge, Helikoper-Überflüge und Artillerieeinschläge, dass sie in bis zu drei Bild-im-Bild-Fenstern eingeblendet werden. Parallel telefoniert der Doppelagent Allen am Handy mit seinem Auftraggeber Makarov.
Kein Wunder, dass Activision angesichts dieser inszenatorischen Wucht einen der wichtigsten Störfaktoren der Serienvorgänger ausschaltet. »Die Gefechte laufen automatisch ab«, verrät Desiecle. »Generell reduzieren wir das Schießen auf ein Minimum.« Damit schlägt das Team zwei Fliegen mit einer Klappe: »Das Problem der Gegner-KI hat sich damit natürlich erledigt.« Die Feinde stürmen zwar immer noch ins Feuer, nun aber völlig skriptgesteuert.
Protagonist wechselt (stirbt) alle zehn Minuten
Die Hintergrundgeschichte von Modern Warfare 4 ist schnell erzählt: Nachdem sich Erzterrorist Makarov in Modern Warfare 3 als Doppelagent der iranischen Ultras entpuppt, die den Krieg zwischen Russland und den USA nur als Ablenkungsmanöver angezettelt haben, um China einen Angriff auf Europa zu ermöglichen, hat er nun das Nukleararsenal Pakistans unter seine Kontrolle gebracht und plant, die weltweiten Börsenplätze auszulöschen, um die westlichen Länder in den finanziellen Kollaps zu stürzen. Verzweifelt kapern »Soap« MacTavish und der tibetische Guerillakämpfer Li Tiang einen französischen Flugzeugträger, um ihren alten Kumpel Nikolai in Albanien aus den Fängen der Drogenmafia zu befreien. Wie die beiden Handlungsstränge zusammenhängen, ist noch unklar.
Im Spielverlauf wird man in die Rolle von zehn verschiedenen Soldaten schlüpfen, von denen acht überraschend sterben, einer davon zweimal. In einer beklemmenden Schlüsselszene inszeniert Modern Warfare 4 den Selbstmord des zuvor mehrere Minuten lang von chilenischen Guerilla-Mafiosi gefolterten Private »Telenovela« O’Reilly, indem es den Spieler zwingt, selbst den Abzug zu ziehen. »Es ist eine Herausforderung ans Game Design, die Spieler dahin zu bringen, dass sie sich selbst erschießen wollen«, beschreibt Finn Desiecle, »zumal wir dafür nur zwei Spielstunden Zeit haben.« Bei uns stellte sich der Effekt schon nach fünf Minuten ein – ein Beleg für die Leistungsfähigkeit des Entwicklerteams. Überraschenderweise endet das Spiel nach dieser Szene. »Wir müssen ja noch was für die DLCs übrig lassen«, feixt Desiecle, räumt aber gleich ein, dass es sich dabei wie gewohnt um Multiplayer-Kartenpakete handeln wird.
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