Wenn ihr mich fragt, wie mir die Geschichte von Dying Light 2 gefallen hat, kann ich keine einfache Antwort geben. Ich musste mein Urteil im Spielverlauf immer wieder korrigieren und am Ende war ich trotz einiger großartiger Momente und Charaktere nicht ganz zufrieden.
Der Zombieschnetzler hätte meiner Meinung nach noch so viel besser sein können, wenn er statt auf zwei Story-Komponenten nur auf eine gesetzt und diese konsequent auserzählt hätte.
Spoiler-Warnung: Dieser Artikel enthält Spoiler zur gesamten Story von Dying Light 2 und richtet sich vor allem an Spielerinnen und Spieler, die diese bereits beendet haben.
Suche nach Mia
Die Ausgangslage der ersten Story-Komponente ist denkbar simpel: Protagonist Aiden sucht seine Schwester Mia, von der er 15 Jahre zuvor getrennt wurde – und leider erfahren wir gar nicht viel über die gemeinsame Vergangenheit der beiden. Dabei gibt es dabei einen spannenden Aspekt:
Aiden und Mia wurden als Kinder Opfer medizinischer Experimente. Ersterer kommt dadurch scheinbar besser mit seiner Infektion klar, die er von einem Zombiebiss trägt. Genauer gesagt: Er kann eine Zeitlang der Verwandlung entgehen und verfällt nur temporär in eine Art Biest-Modus, der ihn stark, aber auch unkontrollierbar werden lässt.
Kampf um Villedor
Auf der Suche nach Mia gerät Aiden in das hinein, was ich als zweite Story-Komponente bezeichne. Es verschlägt ihn nach Villedor, eine chaotische Stadt, in der drei Fraktionen - Peacekeeper, Überlebende und Renegades - um die Vorherrschaft kämpfen. Um sein Ziel zu erreichen, muss er sich mit den Menschen dort verbünden und an allen Ecken und Enden helfen.
Dabei lernen wir interessante Charaktere wie den schwer durchschaubaren Hakon, den pflichtbewussten Aitor oder die launische, aber sympathische Lawan kennen. Das Problem dabei ist nur: Sie lassen Aidens eigentliches Ziel – Mia, über die wir fast nichts erfahren – völlig in den Hintergrund treten.
Lose Fäden
Eine Zeitlang habe ich Aidens Schwester einfach vergessen und bin komplett im Kampf um Villedor aufgegangen. Dann hatte ich jedoch auch bei dieser Story-Komponente mehr und mehr das Gefühl, dass das Entwicklerteam zu viel gleichzeitig erzählen wollte und dabei einzelne Handlungsstränge zu kurz kommen.
Manche Abschnitte fühlen sich unfertig oder gehetzt an. Das gilt für das Ende der Geschichte, aber auch für manch anderen Moment, wie beispielsweise, wenn wir uns dafür entscheiden, Aitor zu retten, nur um nie wieder von ihm zu hören.
Samara Summer
@Auch_im_Winter
Zombies verdreschen bereitet Samara große Freude - und wenn es dann noch eine gute Geschichte obendrauf gibt, ist die Autorin besonders glücklich. Düstere Geschichten faszinieren sie sowohl in Videospielen als auch in Serien, Filmen und Büchern. Ihr unübertroffenes Story-Highlight bleibt im Untoten-Sektor weiterhin der erste Teil von The Last of Us.
Verpasste Chance
Aber auch abgesehen davon stört es mich, dass Mia und die Kindheitsexperimente sich wie die Karotte vor der Nase anfühlen. Der Untertitel des Spiels lautet schließlich „Stay Human“ und ich habe erwartet, dass dies ein viel zentraleres Thema sein würde – Also, dass wir Aidens inneren Konflikt zu spüren bekommen, während er gegen seine Verwandlung ankämpft und die Experimente dabei eine viel größere Rolle spielen.
Gerade der „Biest-Modus“, der Aiden für kurze Zeit in eine Bestie verwandelt, die ihre Feinde ohne Weiteres zerquetschen kann, aber auch vor Verbündeten nicht Halt macht, hätte spannend sein können. Stattdessen wirkt auch dieser Aspekt untergeordnet und beschränkt sich zum Großteil auf eine nervend große Anzahl von Ohnmachtsanfällen in Cutscenes.
Erst sehr spät wird die Gefahr, die von Aiden ausgeht, für mich richtig greifbar. Dabei wäre dieses Element, genau wie eine nachvollziehbare Bindung zu Mia, so wichtig für Aidens Charakterbildung gewesen. Stattdessen bleibt der Protagonist blass.
Es hätte so packend sein können
Zugegeben: Ich hatte generell viel Spaß mit Dying Light 2, und die Story hatte auch ihre großen Momente, beispielsweise als ich mit Alberto eine Windmühle der Peacekeeper hochjagte und diese ihn dafür umbrachten, als ich herausfand, dass Hakon Lucas’ Mörder ist oder den VNC-Turm erkletterte, was alle für unmöglich hielten.
Aber genau deshalb schmerzen die verpassten Chancen. So bleibt nämlich der Eindruck, die Story hätte mich – in der stimmigen Endzeit-Welt – so richtig packen und aufwühlen können, wenn ihre guten Ansätze nur konsequent verfolgt worden wären.
Ging es euch ähnlich, oder hat euch die Hauptstory von vorne bis hinten abgeholt?
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