»Ich habe diese Geschichte gehasst«, ist das vernichtende Urteil von John Wagner, Hauptautor der Judge-Dredd-Comics, über den ersten Versuch von 1995, den wortkargen Gesetzeshüter auf die Leinwand zu bringen. Denn genau wie für viele eingeschworene Fans war Wagner der Plot des Films »Judge Dredd« mit Silvester Stallone in der Hauptrolle zu sehr durch »die typische Hollywood-Cliché-Mühle« gedreht worden.
Der zweite Anlauf, Dredd 3D, hat hingegen vom Meister persönlich schon vorab den Ritterschlag bekommen. So bleibe das Drehbuch von Alex Garland (The Beach, 28 Days Later, Enslaved: Odyssey to the West) laut Wagner der Comic-Vorlage »sehr viel treuer, als der Vorgänger«. Aber reicht das auch für einen guten Film?
Story
In der Zukunft sind weite Teile Amerikas zum radioaktiv verstrahlten Ödland verkommen. Nur in gigantischen Städten, den sogenannten Mega Citys, ist das Leben überhaupt noch möglich. In Mega-City One, einer Riesenmetropole mit 800 Millionen Einwohnern, die sich vom heutigen Boston bis Washington D.C. erstreckt, kämpfen die »Street Judges« gegen das Verbrechen. Weil täglich mehr als 17.000 Straftaten innerhalb der Stadtmauern begangen werden, hat man das Justizsystem an die Praxis angeglichen: Street Judges sind Richter, Jury und Henker in Personalunion; Kriminelle werden direkt am Tatort abgefertigt.
Einer dieser Gesetzeshüter ist Judge Dredd (Karl Urban; Der Herr der Ringe, Die Bourne Verschwörung): Jahrelange Berufserfahrung, unerschütterlicher Glaube an Recht und Ordnung und dem Ausspruch »Ich bin das Gesetz« als Markenzeichen. Von der Führung im Justizpalast bekommt Dredd den Auftrag, die junge Rekrutin Cassandra Anderson (Olivia Thirlby; Juno, New York I Love You) zu evaluieren. Die ist zwar eigentlich durch den Judge-Eignungstest gerasselt, kann aber wegen einer strahlenbedingten Mutation Gedanken lesen. Weil sich die Judges davon einen unschätzbaren Vorteil im Kampf gegen das Verbrechen erhoffen, räumt man ihr ein, sich in der Praxis zu beweisen.
Der erste Arbeitstag wird zur Feuertaufe: Dredd und Anderson kommen im gigantischen Wohnkomplex »Peach Trees«, dem Drogenlabor von Bandenchefin Ma-Ma (Lena Headey; 300, Terminator: Sarah Connor Chronicles) auf die Spur. Ma-Ma riegelt den Turm ab – und Dredd und Anderson müssen ohne Verstärkung ums Überleben kämpfen.
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Dreckiger als Stallone
Sich vom 95er-Dredd abzuheben, gelingt der Produktion von Regisseur Pete Travis (8 Blickwinkel) bereits in den ersten Einstellungen.
Denn während das Stadtbild der damaligen Mega City One durch pompöse Statuen, bunt beleuchtete Straßenzüge und fliegende Autos bestimmt wurde, bleibt Dredd 3D im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Boden: So ragen zwischen den »Ruinen der alten Welt« einige kilometerhohe Zukunfts-Wohnkomplexe in die Höhe; Lightshows, Roboter und fliegende Autos spart sich der Regisseur. Das wirkt zwar einerseits glaubhafter, kostet den Film aber auch Staun-Momente. Denn wo Silvester Stallone in schwindelerregender Höhe Bösewichte auf seinem schwebenden Lawmaster-Motorrad jagt, verfolgt Karl Urban auf einem unförmigen Plastikbock einen VW-Bus durch den Berufsverkehr – unnötigerweise in 3D .
Die Entscheidung für »schmutzige« Schauplätze behält Dredd 3D auch den Rest des Films bei. Statt aufwendige Kulissen mit gigantischen Gold-Adlern oder futuristischen Gen-Labors betritt das Helden-Duo in der Neuauflage nur triste Flure des Peach-Tree-Komplexes.
Das muss nicht schlecht sein; immerhin hatte zuletzt die indonesisch-britische Produktion The Raid: Redemption eindrucksvoll bewiesen, dass ein dreckiges Wohnhaus als Schauplatz für einen tollen Action-Film durchaus geeignet ist. Doch an dessen Kampf-Choreographie reicht Dredd 3D zu keiner Zeit heran. Dredd und Anderson kommen in einer Etage an, ballern dutzende Gangster routinemäßig über den Haufen, steigen ins nächste Stockwerk und erschießen die gleichen Gangster in den gleichen tristen Gängen. Dabei weiß Dredd 3D selbst am besten, dass es auch anders geht.
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