Im Bezug auf Dragon’s Dogma (und die spätere Version Dragon’s Dogma: Dark Arisen) gibt es zwei Lager: Die einen können sich kaum an das Action-RPG von Capcom erinnern und haben es als "ganz nett" abgestempelt, die anderen feiern den Geheimtipp für die besondere Atmosphäre, das innovative Vasallensystem und die actionreichen Kämpfe. Dragon’s Dogma 2 schickt sich nun an, diese beiden Lager mit sinnvollen Verbesserungen zu vereinen.
Was habe ich gespielt?
Im Rahmen eines Presse-Events hatte ich die Gelegenheit, insgesamt 60 Minuten in einer unfertigen Version von Dragon’s Dogma 2 zu verbringen. Mir wurden drei vorgefertigte Charaktere bereitgestellt (inklusive 3 KI-Begleiter), die sich an unterschiedlichen Punkten der Weltkarte befanden. Den bereits bestätigten Charaktereditor bekam ich also nicht zu Gesicht.
- Bogenschütze: Eine kurze Reise durch das nahe Unterholz, in dem ich jemanden vor Harpyen befreit habe. Anschließend gab es Zwischensequenzen mit Einblick in die Story-Exposition.
- Krieger: Ein längerer Kampf gegen einen Greifen, der nach ausreichend eingesteckten Schaden davonflog.
- Dieb: Ein längerer Kampf gegen einen Zyklopen, den ich besiegen konnte. Anschließend ein Abstecher in die nahe Hauptstadt.
Dragon’s Dogma bleibt Dragon’s Dogma
Bevor ich ins Detail gehe, kann ich aber bereits eine Sache klar sagen, die vor allem Fans des ersten Teils freuen dürfte: Dragon’s Dogma 2 ist immer noch Dragon’s Dogma. Die Neuerungen und Anpassungen, die Capcom für den Nachfolger in Angriff genommen hat, ändern nicht viel an der grundlegenden Spielerfahrung. Und das ist in meinen Augen eine gute Nachricht, denn Dragon’s Dogma war auf seine Art einzigartig und insbesondere in Sachen Open World-Gameplay seiner Zeit sogar voraus.
So sehr sogar, dass mich die Erkundung der Welt von Elden Ring im letzten Jahr zunächst an meine einstigen Abenteuer in Gransys erinnert hat, dem Kontinent, auf dem Dragon’s Dogma spielt.
Auch Dragon’s Dogma 2 bietet eine Spielwelt, die zum Erkunden einlädt, gleichzeitig aber auch bedrohlich wirkt – vor allem in den stockdusteren Nächten. Langsames Vortasten und das Meiden zu starker Gegner sind dann das oberste Gebot.
Vier Freunde müsst ihr sein
Zur Story von Dragon’s Dogma 2 lässt sich noch nicht allzu viel sagen. Wir wissen aber bereits, dass wir erneut in die Rolle des Erweckten schlüpfen. Abermals wird das Herz unseres Helden oder unserer Heldin von einem Drachen aus der Brust gerissen und verspeist. Die Stimme des Drachen ertönt in unserem Kopf und spricht von unserem Schicksal. Um unser Herz (und unsere Menschlichkeit) jetzt wiederzuerlangen, muss der Drachen besiegt werden.
Als Erweckter durch Dragon’s Dogma 2 zu laufen, hat einige Vorteile. Denn als solcher haben wir die Fähigkeit, sogenannte Vasallen zu befehligen. Vasallen sind KI-Begleiter, die aber nicht nur prozedural generiert sind, sondern auch von anderen Spielern angeheuert werden können.
Denn neben unserer eigenen Spielfigur erstellen wir wir auch einen KI-gesteuerten Hauptvasallen, inklusive Aussehen, Rasse (Mensch oder Bestrie) und Laufbahn (aka Klasse).
Hat Dragon’s Dogma 2 Multiplayer?
Nein, es handelt sich um ein Singleplayer-RPG. Allerdings gibt es Online-Mechaniken, die den Austausch von Vasallen ermöglichen. Zusätzlich zu unserem Helden und unserem Hauptvasallen können wir im Spielverlauf nämlich stets zwei weitere Vasallen ins Team holen und diese jederzeit austauschen. Diese Vasallen sind die Hauptvasallen anderer Spieler, die wir uns sozusagen “ausleihen” und bewerten können, wenn wir sie wieder entlassen. Dies funktioniert sogar Cross-Plattform und ihr könnt eure PS5-Helden mit euren Xbox-Freunden teilen.
Das clevere Vasallensystem ist das schlagende Herz von Dragon’s Dogma. Ein besonders schönes Feature: Vasallen anderer Spieler nehmen auch ihr Wissen über bereits erledigte Quests mit. Haben wir also zum Beispiel einen Magier angeheuert, der unsere aktive Quest schon erlebt hat, kann er uns Tipps zu Rätseln geben und den Weg zum Zielpunkt weisen.
Einfaches, aber mitreißendes Kampfsystem
Das Kampfsystem von Dragon’s Dogma 2 bleibt größtenteils unverändert. Je nach gewählter Laufbahn (zu Beginn stehen Bogenschütze, Dieb, Magier und Kämpfer zur Auswahl) können wir neben passiven Perks (schneller Klettern) auf eine Reihe Spezialfähigkeiten zugreifen.
So kann der Bogenschütze neben seinem normalen Angriff beispielsweise auch einen Fächerschuss abfeuern, der drei Pfeile auf einer horizontalen Ebene auf den Weg schickt.
Der Dieb kann hingegen eine kleine Mine im Boden platzieren und auf Knopfdruck explodieren lassen, während der Magier eine Vielzahl von Zaubersprüchen zu bieten hat. Im späteren Spielverlauf können wir die Klasse auch wechseln und uns spezialisieren. Als Beispiel bringt Capcom die “Mystische Klinge” ins Spiel, die mit einem Duospeer bewaffnet auf Gegner einprügelt, aber auch mit Magie aus der Ferne kämpfen kann.
Das eigentliche Highlight der Kämpfe von Dragon’s Dogma 2 ist aber das Physik-System. Mit der R2-Taste können wir nämlich jederzeit Gegenstände, Gegner oder KI-Begleiter greifen, hochheben, durch die Gegend tragen und auf Wunsch auch werfen. So wird der Goblin schnell zu Geschoss, oder wir werfen eben einen Felsen den Abhang hinunter und beseitigen Räuberbanden fast schon wie in Zelda: Breath of the Wild.
Shadow of the Colossus lässt grüßen
Bei großen Gegnern wie Zyklopen können wir uns mit der R2-Taste sogar festhalten und auf ihnen herumklettern, stets auf der Suche nach dem Schwachpunkt, in den wir unseren Dolch jagen können. Shadow of the Colossus lässt hier grüßen. In meinem Kampf gegen einen mächtigen Greifen hing ich beispielsweise am Bein, als sich das geflügelte Biest plötzlich in die Lüfte erhob und mich als blinden Passagier mitnahm.
Auch in den Kämpfen kommt wieder die KI unserer Vasallen zum tragen, die beispielsweise Gegner hochheben und als Wurfgeschoss benutzen oder angeschlagene Kollegen aus der Schusslinie wuchten können.
Die Möglichkeiten des Physik-Systems sind vielzählig und laden zum Experimentieren ein. Noch wirken die Kämpfe in dieser Vorabversion von Dragon’s Dogma 2 aber recht holprig – was aber hauptsächlich an einigen hölzernen Animationen und Glitches liegt, die bis zur fertigen Version noch behoben werden können.
Das Klettern spielt nicht nur bei den Kämpfen gegen Minibosse eine Rolle, sondern auch beim Erklimmen von Felsvorsprüngen und dem Erkunden der Spielwelt. Entweder können wir auf diese Weise neue Gebiete erschließen, Geheimnisse entdecken oder einfach den Höhenvorteil zu nutzen, um Gegner aufs Korn zu nehmen.
Düstere, gefährliche Welten
Die offene Spielwelt von Dragon’s Dogma 2 ist groß und gefährlich. Erst nach und nach decken wir Teile der Karte auf und müssen unseren Weg durch die Ebenen finden. Neben großen Monstern und Gruppen, die uns tagsüber in deutlicher Überzahl angreifen, wird es vor allem in der Nacht bedrohlich. Noch stärkere Feinde stromern durch die Gegend und nur unsere Lampe bietet einen kleinen Lichtschein.
Hier muss aber auf das Öl geachtet werden. Geht das zur Neige, stapfen wir fast blind durch die Steppen. Neu hinzugekommen ist ein Lagersystem. Damit können wir jetzt an Lagerfeuern mit der Party rasten, etwas plaudern und Ressourcen opfern, um die Gruppe zu heilen und zu kochen. Je nach Gericht gibt es dann temporäre Buffs auf unsere Attribute. Eine willkommene Pause auf den langen Märschen.
Ebenfalls neu: Es gibt ein ausgebautes Schnellreise-System. Im originalen Dragon’s Dogma konnten wir nur zwischen wenigen Punkten auf der Karte schnellreisen, was den Einstieg ins Spiel erschwert hat. Mit dem DLC Dark Arisen kamen deshalb limitierte, aber frei platzierbare Transport-Kristalle dazu.
Dragon’s Dogma 2 öffnet sich hier merkbar und setzt mit den neuen Ochsenkarren auf eine Schnellreise-Mechanik, wie man sie aus vielen anderen Open-World-Spielen kennt. Sicher sind wir dabei aber nicht, denn wir können auf unseren Fahrten mit dem Karren auch von Gegnern überfallen werden und müssen uns zur Wehr setzen, bevor wir weiterreisen können.
Dragon’s Dogma 2 ist hübsch, aber kein Grafikfeuerwerk
Dragon’s Dogma 2 setzt auf die RE-Engine und das sieht man insbesondere den Charaktermodellen auch deutlich an. Die Vasallen und NPCs sehen abwechslungsreich aus und wirken auch in Nahaufnahmen ziemlich hübsch. Beim Detailgrad der Spielwelt sieht das schon anders aus, denn die Städte und Landschaften wirken bislang noch etwas leblos. Zudem sind manche Texturen matschig, wohingegen die Kampfeffekte und das Gegnerdesign schon jetzt überzeugen.
Insgesamt macht Dragon’s Dogma 2 aber einen guten Ersteindruck – Polishing ist bis zum Release aber definitiv nötig. Gerade hinsichtlich der Physik kam es noch zu unfreiwillig komischen Glitches, wie dem Soldaten, der mit dem Gesicht voran einem Geröllhaufen herabrutscht, während er sich bei mir für seine Rettung bedankte. Es wundert jedenfalls nicht, dass es noch keinen Releasetermin für den PS5-, Xbox Series- und PC-Titel gibt.
Fazit der Redaktion
Hannes Rossow
@Treibhausaffekt
Für mich ist es immer noch ein kleines Wunder, dass Dragon’s Dogma 2 überhaupt existiert. Lange hatte ich befürchtet, dass die Marke zu Unrecht in Vergessenheit geraten wäre und nur von einer leidenschaftlichen aber insgesamt zu kleinen Spielerschaft in Ehren gehalten wird. Dass Capcom sich erneut an das Spielkonzept wagt, die Technik modernisiert und auch Quality of Life-Verbesserungen wie die Schnellreise bringt, lässt die Hoffnung aufkommen, dass der zweite Teil Reihe mehr Anklang findet.
Das Vasallensystem ist so faszinierend wie damals und wird mit der neuen, wählbaren Rasse der Bestrien noch einmal komplexer. Die Spielwelt wirkt ebenso bedrohlich wie einst, alle NPCs folgen im dynamischen Tag- und Nacht-Wechsel ihren Tagesabläufen und die epischen Kämpfe mit Kletter-Mechanik haben mich sofort wieder in ihren Bann gezogen. Die Chancen stehen in meinen Augen gut, dass das besondere Spielgefühl des Originals wieder heraufbeschworen wird.
Ich hoffe aber, dass es Capcom noch gelingt, die Animationen etwas geschmeidiger zu gestalten und dass es insgesamt seltener zu Physik-Glitches kommt – auch wenn die ihren ganz eigenen Charme haben. Ausreichend Zeit scheinen die Entwickler jedenfalls zu haben, denn noch behält Capcom den Releasezeitraum für sich. So oder so empfehle ich Fans von fordernden, einzigartigen Action-Rollenspielen die Augen und Ohren offen zu halten, wenn es um Dragon’s Dogma 2 geht – erst recht nach meinem Anspieltermin.
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