Fünf Jahre! So viel Zeit hatte das kanadische Studio Bioware, um Dragon Age: Origins zu entwickeln. Die Fortsetzung Dragon Age 2 paukte Bioware in nur 18 Monaten durch. Kann man in so kurzer Zeit ein Rollenspiel ähnlich epischen Ausmaßes zaubern? Eines, das dem grandiosen Vorgänger nicht nur gerecht wird, sondern diesen sogar überbietet? Skepsis macht sich breit. Skepsis darüber, ob Bioware genug Hirnschmalz in die Geschichte und die Charaktere steckt. Ob die Balance der nun actionreicheren Kämpfe funktioniert. Und ob Dragon Age 2 den Spieler emotional genauso zu fesseln weiß, wie sein spannend erzählter und mit jeder Menge Dramatik vollgepackter Vorgänger. Nachdem wir jeden Winkel des Rollenspiels erkundet und uns bis zum Abspann gekämpft haben, können wir sagen: Die Zweifel der Fans sind berechtigt. Aber nur teilweise.
Gesenkte Wertung
Im Zuge unseres Tests zum Nachfolger Dragon Age: Inquisition haben wir uns entschlossen, Dragon Age 2 auf 82 Punkte abzuwerten. Die 87 Punkte, die wir im ursprünglichen Test (den Sie auf diesen Seiten lesen) vergeben haben, waren eine Fehleinschätzung. Und weil wir es falsch finden, einmal gemachte Fehler für immer mit uns herumzuschleppen, haben wir die Wertung angepasst. Wer Näheren über die Gründe erfahren möchte, kann auch Michael Grafs Fazit zu Inquisition lesen.
Der Anfang: für alle gleich
Der heruntergefahrene Aufwand der Entwickler wird bereits beim Spielstart deutlich. Dragon Age 2 verzichtet auf die beliebten Origins-Intros des Vorgängers. Stattdessen wählen wir eine von drei unterschiedlichen, nur in kurzen Filmschnipseln präsentierten Vorgeschichten die erzählen, was im Finale von Teil 1 passiert ist. Alternativ können wir wie in Mass Effect 2 unseren Spielstand von Origins importieren. Auf den Einstieg von Dragon Age 2 haben die Vorgänger-Enden keinen Einfluss; das Spiel beginnt in jedem Fall mit dem neuen (männlichen oder weiblichen) Helden Hawke, der mit seiner Familie vor der Dunklen Brut in die Stadt Kirkwall flüchtet.
Immerhin: Je nachdem, für welchen der drei Ausgangspunkte (oder den Charakter-Import) wir uns entscheiden, treffen wir im Verlauf von Dragon Age 2 auf andere aus dem ersten Teil bekannte Personen. Solche besonders für Fans erinnerungswürdigen Ereignisse halten sich allerdings in Grenzen. Das Treffen mit König Alistair etwa, einer der wichtigsten Figuren aus Dragon Age: Origins, handelt das Spiel in einem zweiminütigen Gespräch ab, das zudem nichts Wesentliches zur Geschichte beiträgt.
Die Geschichte: zieht hinein
Dragon Age 2 mag seinem Vorgänger in Sachen Erzählvielfalt hinterherhinken, das Spiel zieht uns dennoch sofort in seinen Bann. Schon in den ersten Minuten hetzen wir durchs Niemandsland, schlagen Horden der Dunklen Brut zurück, legen uns mit einem Oger an, müssen den dramatischen Tod eines Begleiters ertragen und staunen über einen Drachen, der uns im Moment absoluter Hoffnungslosigkeit zu Hilfe eilt und die anstürmenden Monster mit gewaltigen Feuersbrünsten in die Flucht schlägt. Die Dialoge und Zwischensequenzen sind eindrucksvoller als im ersten Dragon Age, was vor allem an den aufwändiger gestalteten Figuren und Animationen liegt.
Bei der deutschen Sprachausgabe macht das Spiel indes einen Rückschritt. Zwar hat Electronic Arts bekannte Synchronsprecher (etwa von Liam Neeson und Catherine Zeta-Jones) engagiert, doch die sind gelegentlich nicht passend auf die virtuellen Charaktere verteilt und lassen vor allem in dramatischen Szenen das nötige Maß an Emotion vermissen. Glücklicherweise ist Dragon Age 2 in beiden Sprachversionen auf der DVD enthalten. Die Sprecher der englischen Version sind Bioware-typisch hervorragend.
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