Doom Eternal wird größer, besser – und intelligenter

Hannes hat die ersten drei Stunden der großen Doom Eternal-Kampagne angespielt und wurde eindrucksvoll daran erinnert, wie intelligent Doom-Spiele sein können – auch wenn sie selten danach aussehen.

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Doom Eternal sieht auf dem ersten Blick nach keinem Spiel aus, wo wir viel nachdenken müssen. Aber das täuscht. Doom Eternal sieht auf dem ersten Blick nach keinem Spiel aus, wo wir viel nachdenken müssen. Aber das täuscht.

Der interessanteste Aspekt der Doom-Reihe war schon immer ihr doppelbödiges Image. Der typische Doom-Shooter ist schnell, wild, brachial, überzeichnet, selbstironisch und ein bisschen albern. Das spielbare Heavy-Metal-Cover, in dem wir die Herzen von Dämonen aus ihren fauligen Körpern reißen und mit der bloßen Faust zerdrücken. So spielt sich auch Doom Eternal, der jüngste Vertreter dieser langen Linie an blutigen Machtfantasien.

Wo ist da nun der doppelte Boden? Tja, ganz einfach: Während all diese Beschreibungen eigentlich einen kurzweiligen, letztlich aber gedankenlosen und simplen Shooter erwarten lassen, überzeugt Doom Eternal mit durchdachten Spielmechaniken und einer innovativen Design-Philosophie.

Das ist auch Absicht, erklärt Executive Producer Marty Stratton im Gespräch mit GamePro: Doom sei von außen betrachtet stupider Spaß, von innen betrachtet aber überraschend clever.

Zwischen Blutbad und Schachpartie

Dass Doom Eternal tatsächlich cleverer ist, als es aussieht, davon habe ich mich bei einem Anspiel-Event in Berlin überzeugen können. Ich hatte drei Stunden Zeit, den Beginn der neuen Singleplayer-Kampagne zu spielen und dabei sowohl die neuen Gameplay-Ideen als auch die erweiterte Story des Höllen-Shooters auszuprobieren.

Selbst in den brachialsten Momenten sind Logik und Auffassungsgabe das A und O in Doom Eternal. Selbst in den brachialsten Momenten sind Logik und Auffassungsgabe das A und O in Doom Eternal.

Und in diesen drei Stunden habe ich deutlich zu spüren bekommen, dass es nicht viel hilft, einfach mit den größten Wummen auf die ekligsten Dämonen zu ballern. Die Besonderheit an Doom Eternal ist, dass die unzähligen Gefechte gegen die Heerscharen der Hölle eben nur zum Teil nach klassischen Shooter-Mechaniken funktionieren.

Viel wichtiger als Zielgenauigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit sind nämlich Auffassungsgabe und Vorausplanung. Der typische Kampf in Doom Eternal ist kein Gemetzel sondern ein Rätsel. Die Entwickler von id Software beschreiben die Action selbst als "combat puzzle". Bloße Geschicklichkeit reicht hier nicht aus.

Raubüberfälle als Taktikelement

Hinter der Puzzle-Metapher steckt vor allem das "aggressive Ressourcenmanagement", wie Stratton es mir gegenüber beschrieben hat. Damit ist gemeint, dass wir neben all dem Ballern, dem Rennen und den Doppelsprüngen einen ständigen Blick auf unsere Werte haben müssen. Dazu gehören vor allem unsere Lebenspunkte, unsere Rüstung und unsere Munition. Wenn diese Dinge zur Neige gehen, ist Schicht im Schacht.

Aggressiv ist dieses Ressourcenmanagement deswegen, weil wir uns nicht einfach zurückziehen können, wenn uns etwas fehlt. Es bringt nichts, in ruhigeren Ecken der Karte nach neuen Patronen zu suchen, oder auf versteckte Health Packs zu hoffen, die unsere Wunden heilen. Die Items, die in der Spielwelt verstreut liegen, sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Um uns wirklich erholen zu können, müssen wir auf Konfrontationskurs gehen und uns mit Gewalt holen, was wir brauchen.

In Doom Eternal kommt die Kettensäge immer dann zum Einsatz, wenn wir neue Munition brauchen. In Doom Eternal kommt die Kettensäge immer dann zum Einsatz, wenn wir neue Munition brauchen.

Schon das "erste" Doom aus dem Jahr 2016 hatte die Glory Kills-Mechanik. Wenn wir einen Dämonen ausreichend zugesetzt haben, ist er betäubt und fängt gut sichtbar zu blinken an. Dann müssen wir sofort aus der Deckung und in die nächste Nähe der Feinde, um sie mit einem brutal inszenierten Melee-Angriff zu erledigen. Als Belohnung dafür gibt es einen großen Schwall an Heil-Items. In Momenten, in denen wir am schwächsten sind, zwingt uns Doom also aggressiv vorzugehen.

Auch Doom Eternal müssen wir mit wenigen Lebenspunkten in den offenen Kampf, wenn wir uns retten wollen. Wenn uns die Munition ausgeht, müssen wir ebenfalls die Nähe zu Feinden suchen. Die bekommen wir nämlich, wenn wir Dämonen mit der Kettensäge zerteilen. Rüstung hingegen gibt es, wenn wir die Höllenbrut mit dem neuen Flammenwerfer anstecken.

Egal wie hektisch es zugeht, wir müssen stets die Übersicht bewahren und wissen, wo die nächsten Gegner sind und zu welchen von ihnen wir gefahrlos vorpreschen können, um sie um wertvolle Ressourcen zu erleichtern.

Kenne deine Feinde

Um den Knobelfaktor beim Dämonenschlachten noch zu erhöhen, gibt es in Doom Eternal doppelte so viele Monster-Designs wie noch im Vorgänger. Das hat aber nicht nur etwas mit der optischen Abwechslung zu tun, sondern stattet uns zudem mit mehr Feinden aus, die besondere Schwachstellen und Verhaltensmuster haben.

Ein gezielter Treffer mit dem Granatenwerfer sorgt beim Cacodemon für taktisches Sodbrennen. Ein gezielter Treffer mit dem Granatenwerfer sorgt beim Cacodemon für taktisches Sodbrennen.

Wollen wir den allseits bekannten Cacodemon mit einem Glory Kill ausschalten, um unsere Lebensleiste wieder zu füllen, müssen wir ihm vorher Granaten in den Rachen werfen. Beim Arachnotron müssen wir auf das Geschütz schießen, dass das spinnenartigen Gehirn auf dem Rücken trägt. Neu hinzu gekommene Dämonen wie der sogenannte Carcass, nehmen manchmal eher eine Support-Rolle ein und statten andere Monster mit Energieschilden aus.

In Kombination mit der oftmals vertikalen Level-Architektur und den in Etappen spawnenden Feinden, müssen wir uns stets einen Plan überlegen, wie wir vorgehen wollen und welche Route durch die Kampfarena wohl die beste ist. Die Fähigkeiten, einfach nur präzise Headshots auszuteilen und rechtzeitig wieder in Deckung zu gehen, ist in Doom Eternal nahezu wertlos.

Neue Moves und neue Gadgets

Auch das Waffenarsenal des Doom Guys ist natürlich zu bedenken, wenn wir uns an die Lösung der nächsten Rätsel-Schlacht machen. In meinen drei Stunden mit Doom Eternal gab es jedoch nur Zugriff auf altgediente Waffen wie die Kampf-Shotgun oder auch das Plasmagewehr. Das neu hinzugewonnene "Laser-Schwert", das es in diversen Trailer schon zu sehen gab, stand nicht zur Auswahl.

Jede einzelne Waffe kann modifiziert und optimiert werden, um sie mit alternativen Fähigkeiten auszustatten. So verfügt die Kampf-Shotgun auf Wunsch über die Möglichkeit, Haftbomben zu verschießen oder aber in die Vollautomatik zu schalten. Die Schwere Kanone hingegen kann als Scharfschützengewehr gebraucht werden oder mit zielsuchenden Mini-Raketen ausgestattet werden. Via Knopfdruck kann jederzeit zwischen den Modifikationen hin- und hergeschaltet werden.

Zum Schnetzeln müssen wir in Doom Eternal nicht nur auf die Kettensäge zurückgreifen. Zum Schnetzeln müssen wir in Doom Eternal nicht nur auf die Kettensäge zurückgreifen.

In Sachen Bewegungsfreiheit hat id Software eine Dash-Funktion eingebaut, sprich einen Sprint, der auch im freien Fall eingesetzt werden kann. Der dient nicht nur dem schnellen Ausweichen, sondern vor allem dem Überbrücken von Abgründen und dem Einsatz in den diversen Platforming-Passagen im Spiel.

Der Blutschlag, ein besonders intensiver Melee-Angriff, ist ebenfalls neu und muss mit Gory Kills aufgeladen werden. Also noch so eine Ressource, mit der wir aggressiv haushalten müssen.

Doom als Jump & Run
Wie schon im Vorgänger lädt auch Doom Eternal zum Erkunden der recht linearen Level ein. Wer jede Ecke untersucht, wird regelmäßig auf kleine Geheimnisse stoßen. Als Belohnung dafür locken beispielsweise "Actionfiguren" bekannter Doom-Charaktere oder freischaltbare Cheats wie "Unendlich Leben".

Oft sind diese Geheimnisse aber nur mit etwas Geschicklichkeit zu erreichen. Zielgenaue Sprünge und Kletterpassagen sorgen zwar für Abwechslung, leider führt die First Person-Perspektive des Öfteren zu Falscheinschätzungen und tödlichen Stürzen in die Tiefe.

Höllisch gute Präsentation

Unabhängig davon, ob in Doom Eternal gerade etwas explodiert oder ob wir den Schädel von Untoten zertreten, einer Sache können wir uns sicher sein: Alles sieht verdammt schick aus. Meine Zeit mit Doom Eternal habe ich auf dem PC verbracht, von daher kann ich in Sachen Konsolen-Performance nicht allzu viele Worte verlieren.

Allerdings soll Doom Eternal auf allen Plattformen mit 60fps laufen. Es ist vor allem das Art Design, das überzeugt. Die Dämonen wirken plastisch und schwerfällig, als wären sie komplett mit Blut gefüllt. Das würde auch die fontänenartigen Explosionen nach einem Volltreffer mit der Shotgun erklären.

Die Stimmung, die Doom Eternal transportiert wird perfekt durch die Levelarchitektur eingefangen. Die Stimmung, die Doom Eternal transportiert wird perfekt durch die Levelarchitektur eingefangen.

Die Partikeleffekte der Waffen machen jeden Einsatz schwerer Artillerie zu einem befriedigenden Rundumschlag und sorgen zudem dafür, dass den Dämonen nach und nach Hautfetzen und Fleischbrocken vom Körper hängen. Ein Blick auf den Zustand der Gegner offenbart sofort, wie viele Treffer sie in etwa noch aushalten werden.

Die Ruinen auf der Erde wirkten zugegebenermaßen auf dem ersten Blick recht gewöhnlich, doch immer wenn es in Doom Eternal um Höllenwesen oder Orte der Hölle geht - was recht oft passiert - driftet die Levelarchitektur in verschrobene, spitzbögige Bauten ab, die so verkommen wie beeindruckend sind.

Die große, weite Welt von Doom

Aber in Doom Eternal geht es nicht nur darum, das eigene Spielkonzept noch weiter zu verfeinern. Die Entwickler von id Software machen keinen Hehl daraus, dass uns hier ein Sequel im klassischen Sinne erwartet. Und das bedeutet: mehr von allem.

Es gibt mehr Dämonen, mehr Waffenvielfalt, mehr Fähigkeiten, mehr Story und eine Kampagne, die gleich doppelt so lang sein wird, wie beim Vorgänger. Halten wir uns beim letzten Punkt an die Durchschnittswerte von How Long to Beat, wird Doom Eternal mehr als 20 Stunden für die Hauptstory veranschlagen.

Diesen immensen Anstieg an Spielzeit füllen die Entwickler aber nicht nur mit noch mehr Monstern und noch mehr Todesanimationen, sondern vor allem mit mehr Story. Doom Eternal, so der Wunsch von Stratton, soll nämlich das Erzähl-Universum der Shooter-Reihe ausbauen und festigen.

Auch Story-Fans dürfen von Doom Eternal einiges erwarten. Auch Story-Fans dürfen von Doom Eternal einiges erwarten.

Bislang war die Hintergrundgeschichte in Doom kaum der Rede wert. Wir sind der namenlose Doom Guy (oder Doomslayer, je nachdem, was euch lieber ist) und wir machen Dämonen platt, die auf dem Mars aus Portalen zur Höllen emporsteigen. Das mag in der Vergangenheit gereicht haben, doch Doom Eternal will mehr. Gerade das große Mysterium um die Herkunft des Doom Guys und dessen Persönlichkeit soll im Laufe der Kampagne genauer erörtert werden.

Die Hölle auf Erden

Die Story von Doom Eternal versucht das, indem sie die ultimative Katastrophe ausruft: Die Wesen aus der Hölle haben es trotz aller Gegenwehr auf die Erde geschafft, sie überrannt und 60% der Weltbevölkerung ausgelöscht. Nur der Doom Guy, der in einem Raumschiff/gotischen Burgschloss im All schwebt, kann die Invasion noch aufhalten.

Und dafür muss er sich mit tatsächlichen Bösewichten anlegen, garstigen Höllenpriestern, die sowohl über Dialog, als auch Persönlichkeit und Motiv verfügen - anders als all die stumpfen Brutalo-Dämonen der Vergangenheit.

Himmel & Hölle
Neben der Hölle, die wir in Doom-Spielen schon seit den frühen 90er Jahren bekämpfen, wird Eternal auch die Doom-Version des Himmels einführen. Wie es dort aussieht und ob die Charaktere, die dort anzutreffen sind, zu den "Guten" gehören, war in meiner kurzen Zeit mit dem Spiel noch nicht auszumachen. Einzig König Novik, der zu Spielbeginn eingeführt wird, war als Verweis auf die neue Fraktion auszumachen.

Auf Nachfrage versprach Executive Producer Marty Stratton, dass wir den Himmel definitiv besuchen werden, wenn auch erst später im in der Kampagne.

Wir beginnen unseren Ein-Mann-Widerstand auf der nahezu vollständig zerstörten Erde, legen uns in Ruinen der Weltstädte mit den Dämonen an und sehen den Verfall der menschlichen Zivilisation mit den eigenen Augen.

Im Kampf gegen die Invasoren der Hölle kamen auf der Erde offenbar auch riesige Kampf-Mechas zum Einsatz. Im Kampf gegen die Invasoren der Hölle kamen auf der Erde offenbar auch riesige Kampf-Mechas zum Einsatz.

Ging es früher darum, Schlimmeres zu verhindern, ist das Schlimme in Doom Eternal schon längst passiert. Statt um das bloße Überleben, kümmern wir uns nun um die Rettung der Erde. Vielleicht, das ist aber nach drei Stunden mit der Kampagne nur eine Annahme, wird das die menschliche Seite des Doomslayers offenlegen.

Weltuntergang mit Augenzwinkern

Was jetzt aber nach ungewohnter Schwere klingt und aufgesetzte Melancholie angesichts all der Zerstörung und des Leids befürchten lässt, sollte Doom-Fans nicht beunruhigen. Trotz all dieser Bemühungen in Sachen Story und Kontext, nimmt sich Doom Eternal zu keiner Sekunde ernst.

Wenn überhaupt hat id Software nun mehr Stoff zur Hand, den sie ins Lächerliche ziehen können. Deag, einem der großen Höllenpriester, begegnen wir beispielsweise gleich zu Beginn des Spiels und statt eines erbitterten Bosskampfs, reißen wir ihm kurzerhand den Kopf von den Schultern.

Es ist schwer einzuschätzen, ob Doom Eternal eine Geschichte erzählen kann, die uns trotz der konstanten Action erreicht oder ob sie am Ende belanglos und überflüssig ist. So oder so bekommen wir aber die Wahl, wie viel wir von der Story überhaupt sehen wollen. Jede Zwischensequenz lässt sich auch beim ersten Abspielen sofort überspringen und ein Großteil der Hintergrunddetails ist auf optionale Kodex-Einträge ausgelagert.

Der Beginn von Doom (2016) beinhaltet eine Szene, in der wir über ein Terminal mit den Status quo der bisherigen Ereignisse informiert werden. Via Knopfdruck können wir das Terminal aber mit der Faust zertrümmern und die Geschichte beiseite stellen. Dieser selbstironische Kommentar auf die Notwendigkeit einer komplexen Geschichte in Doom ist auch in Doom Eternal noch immer deutlich zu spüren.

Doom Eternal - Trailer: Erbitterte Jagd auf neue Dämonen-Typen auf dem Mond Phobos Video starten 6:49 Doom Eternal - Trailer: Erbitterte Jagd auf neue Dämonen-Typen auf dem Mond Phobos

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Doom Eternal

Genre: Shooter

Release: 20.03.2020 (PC, PS4, Xbox One, Stadia), 29.06.2021 (PS5, Xbox Series X/S), 08.12.2020 (Switch)