"Papa, noch mal!" Wenn meine siebenjährige Tochter nach einer Brettspielpartie ganz euphorisch diesen Satz ruft, dann weiß ich: Der gerade gespielte Titel hat bzw. ist etwas Besonderes. Vor allem, wenn dieser Satz auch nach der nächsten Partie genauso aus ihr herausplatzt. Und nach der danach.
Es gab schon einige Kinderspiele, die bei uns dieses "Tochter-Prädikat" ergattert haben. Dragomino von Pegasus beispielsweise. Oder Karak von Kosmos. Einer der neuesten Spiele, die sich mit diesem Prädikat schmücken dürfen, nennt sich "Die Magischen Schlüssel". Das stammt von den beiden Autoren Arno Steinwender und Markus Slawitschek und ist beim Game Factory-Verlag erschienen.
Dieser Artikel ist Teil der GamePro-Brettspielwoche 2024. Alle weiteren Artikel und Infos findet ihr in unserer Übersicht:
So funktioniert Die Magischen Schlüssel
Die Regeln sind wie für Kinderspiele üblich sehr überschaubar. Grundsätzlich gilt es in Die Magischen Schlüssel, möglichst viele rote Kristalle zu sammeln. Die sind allerdings in einer verschlossenen Plastiktruhe verstaut, für die wir erst einmal die passenden Schlüssel im märchenhaften Schlüsselwald finden müssen. 2 bis 4 Personen können mitspielen und sind abwechselnd am Zug.
Wer dran ist, würfelt mit drei sechsseitigen Würfeln, auf deren Seiten Zahlen von 1 bis 4 sowie zwei Schlafsymbole (Mond und "Zzz") abgebildet sind. Nach einem Wurf muss man sich für einen Würfel entscheiden und die gemeinsame Spielfigur auf einem geschlängelten Weg um die entsprechende Anzahl Felder in Richtung des Schlosses ziehen. Schlafwürfel sind Nieten und müssen beiseite gelegt werden.
Danach muss man sich entscheiden: Mit den verbliebenen Würfeln weitermachen oder den Zug im gerade erreichten Feld benutzen, um damit einen Versuch zu starten, die Truhe zu öffnen? Mehrere Faktoren machen diese Entscheidung etwas kniffliger, als es zunächst den Anschein hat.
Drei echte und zwei falsche Schlüssel jeder Farbe
Denn nicht jeder Schlüssel öffnet die Truhe tatsächlich, von jeder Farbe gibt es drei "echte" und zwei "falsche" Schlüssel. Außerdem ist die Belohnung auf späteren Feldern höher. Passt einer der lilafarbenen Schlüssel aus dem ersten Abschnitt des Weges, gibt es dafür zwei Kristalle aus der Kiste. Passt dagegen einer der grünen Schlüssel, etwa auf der Hälfte des Weges, gibt es schon drei Kristalle.
Und wer den goldenen Schlüssel direkt vor dem Burgtor erreicht, sackt garantiert fünf der roten Minischätze ein – dieser Schlüssel öffnet die Truhe nämlich immer. Nach einem "Schlüsselversuch" wird die gemeinsame Spielfigur wieder an den Anfang des Weges gestellt und die nächste Person ist an der Reihe.
Leuchtende Augen beim Truhe öffnen
Diese auf dem Papier ziemlich banale Würfelei hat schon bei der ersten Partie einen unheimlichen Reiz entfaltet. Da wäre zum einen natürlich die "Push your Luck"-Komponente, die es oft in Spielen dieser Art gibt und die auch Erwachsene immer wieder grübeln lassen, ob man sein Glück nicht doch weiter herausfordert. Schließlich könnte man ja mit einer hohen Zahl des einzig verbliebenen Würfels doch noch den goldenen Schlüssel erreichen. Oder?
Diese Abwägungen machen auch mir als Vater unheimlich Freude. Genauso übrigens, wie dabei zuzusehen, wie meine Tochter mit leuchtenden Augen einen gerade ergatterten Schlüssel ins Schloss steckt und gespannt dreht, um zu sehen, ob der Deckel nach oben klappt. Gerade der haptische Aspekt mit der "echten" Truhe ist nicht zu unterschätzen und einer der großen Stärken von Die Magischen Schlüssel.
Enttäuschungen bleiben dabei natürlich auch nicht aus, aber die werden vom Spiel recht clever mitigiert. Passt ein Schlüssel nicht, wird er nicht wie die "echten" Schlüssel nach der Benutzung aus dem Spiel genommen, sondern darf von der jeweiligen Person behalten werden.
Im nächsten Zug kann man den Schlüssel dann einsetzen, um weggelegte Schlafwürfel wieder nutzen zu können. Und wer zu Beginn drei Nieten würfelt, darf den halben Weg abkürzen und von dort aus versuchen, so weit wie möglich zu kommen.
Eine faszinierende Würfelei – und ein paar minimale Kritikpunkte
Gewonnen hat übrigens, wer eine bestimmte Anzahl von Kristallen gesammelt hat – abhängig von der Spielerzahl. Eine Partie ist in allen Konstellationen schnell gespielt. Die Packung prognostiziert 15 Minuten und das kommt ziemlich genau hin. Längere Wartzeiten gibt es jedenfalls nicht und das dürfte auch ein Grund sein, warum meiner Tochter das Spiel so gut gefällt.
Und übrigens nicht nur ihr. Auch meine Dreijährige kommt freudig angelaufen, wenn sie merkt, dass wir "das Schlüsselspiel" mit den "Schnarchwürfeln" spielen. Dann hilft sie mir beim Würfeln und freut sich mit uns, wenn mal wieder ein Schlüssel passt und die schicken Kristalle zum Vorschein kommen. Ich habe also selbst erlebt, welche Faszination Die Magischen Schlüssel auf Kinder ausüben kann und auch ich spiele nach wie vor gerne mit.
Natürlich hat sich gerade für brettspielerfahrene Erwachsene wie mich das Prinzip irgendwann ein wenig erschöpft, ein gewisser Reiz ob der Unplanbarkeit durch Würfel und in jeder Partie anders verteilter "Fake-Schlüssel" bleibt dennoch. Und abseits von ein paar optischen Punkten, die mir nicht so gut gefallen – der Wegverlauf ist zum Beispiel auch durch die grelle Farbgebung etwas schwer erkennbar – habe ich tatsächlich nichts an Die Magischen Schlüssel auszusetzen.
Ich kann deshalb nur allzu gut verstehen, dass die Jury Spiel des Jahres den Titel im Juli 2024 zum Kinderspiel des Jahres erkoren hat – neben dem Tochter-Prädikat also schon die zweite Auszeichnung. Ein hochverdienter Preisträger also und eine uneingeschränkte Empfehlung für alle Familien mit Kindern im Bereich von 4 bis 8 Jahren. Oder wie meine Tochter sagt: "Papa, noch mal!"
Welche Brettspiele spielt ihr mit euren Kindern?
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