Höher, schneller, weiter - wenige Wörter fürchten Fans verschiedenster Franchises mehr. Denn sie umschreiben einen Prozess, bei dem eine Reihe mit immer mehr Spektakel aufgeblasen wird, um Platz für zusätzliche Zielgruppen zu schaffen. Und zwar solange, bis die Besonderheiten der Serie nur noch am Rande stattfinden.
Daher dürfte es kaum jemanden überraschen, dass die Ankündigung von Deus Ex: Mankind Divided nicht nur die Mundwinkel vieler Deus-Ex-Spieler nach oben zog, sondern auch Sorgenfalten in ihre Gesichter grub. Zeigte der dazugehörige Trailer den Helden Adam Jensen doch vor allem als so gnadenlosen wie brachialen RoboCop, der von durchdachtem Vorgehen nicht mehr allzu viel zu halten schien.
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Außerdem setzten sich die Entwickler unter anderem noch zum Ziel, das Shooter-Gameplay gegenüber den Stealth-Passagen auf Augenhöhe zu heben. So stand schnell die Befürchtung im Raum, nach Thief könnte auch Deus Ex: Mankind Divided unter dem »höher, schneller, weiter«-Prinzip leiden. Aber das ist nicht der Fall.
Der Autor
Als Tim auf Deus Ex traf, dachte er bei Spielen mit Ego-Perspektive vor allem noch an wilde Schießereien, erwartete daher einen - vom coolen Setting einmal abgesehen - eher handelsüblichen Shooter und war letztlich selten glücklicher darüber, sich zu irren. Umso mehr ärgerte ihn, dass Deus Ex 2 so ziemlich genau seinen ursprünglichen Erwartungen an den ersten Teil entsprach. Erst Human Revolution sollte ihn 2011 über diese Enttäuschung hinwegtrösten. Auch wenn Eidos Montreal damit noch nicht ganz das Versprechen eines Deus Ex einlöste. Aber vielleicht ändert das ja Mankind Divided bald.
Endlich wieder ein gutes Deus Ex!
Vor kurzem hatte ich die Gelegenheit, das Action-Rollenspiel einen Nachmittag lang selbst zu spielen und nun bin mir sicher: Gerade weil Mankind Divided schon jetzt ein guter Shooter ist, wird es ein umso besseres Deus Ex. Serienschöpfer Warren Spector fasste den ersten Teil einmal als »James Bond trifft Akte X zusammen, womit er einerseits die Stimmung des Cyberpunk-Settings auf den Punkt brachte, andererseits jedoch das zentrale Gameplay-Element aussparte.
Das Spiel spinnt den Grundgedanken weiter, uns möglichst viele Freiheiten in die Hand zu drücken. Ob wir unsere Gegner nun lautlos ausschalten, sie umgehen, mit einem Raketenwerfer durch die Tür brechen oder Konflikte in Gesprächen beilegen - alle Vorgehensweisen sollen sich gleichwertig anfühlen. Aus verschiedenen Gründen wollte das in den Vorgängern von Mankind Divided allerdings nie ganz klappen.
Im ersten Deus Ex spielen wir beispielsweise einen mäßigen Schützen. Selbst wenn wir unsere Erfahrungspunkte in die schon etwas ausgebaute Fähigkeit für Handfeuerwaffen investieren, müssen wir das Fadenkreuz ein paar Sekunden lang auf dem Gegner schweben lassen, bis es sich weiter zusammenzieht. Erst dann feuern wir unsere Schüsse wirklich präzise ab, was besonders deshalb wichtig ist, weil wir anfangs mit Munitionsknappheit zu kämpfen haben.
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Von Beginn an fordert uns Deus Ex also eine gewisse Geduld ab. Die Entscheidung, einfach direkt auf Stealth zu setzen, liegt daher nahe.Human Revolution bestraft Shooter-Fans wiederum weniger durch sein eher statisches Gameplay, bei dem Gegner gerne Mal hinter Kisten kauern, obwohl wir längst neben ihnen stehen. Vielmehr werden wir durch die dahinterliegenden Rollenspielmechaniken benachteiligt. Denn wer durch die Level schleicht, ohne Aufsehen zu erregen und Feinde dabei nur betäubt, sammelt deutlich mehr Erfahrungspunkte.
Ballern und Schleichen lohnt sich gleichermaßen
Beide Probleme nimmt sich Mankind Divided zu Herzen. Stealth-Fans bekommen - meinen Erfahrungen mit der Tutorial-Mission oder anderen bislang veröffentlichten Gameplay-Szenen zufolge - trotzdem noch ein bisschen mehr Erfahrung. Dafür entschädigt das kommende Deus Ex diejenigen, die die actionreiche Alternative bevorzugen, mit einem spürbar verbesserten Spielerlebnis.
Dank des überarbeiteten Deckungssystems hechten wir nicht mehr nur von links nach rechts oder kriechen um Ecken. Gehen wir in Deckung, wechselt die Kamera wie gewohnt in die Third-Person-Perspektive. Neu ist jedoch, dass uns nun eine Linie samt Icon anzeigt, an welche Stellen wir von unserer Deckung aus huschen können. Das verleiht dem Versteckspiel etwas mehr Dynamik.
In Kombination mit der aggressiven künstlichen Intelligenz, die uns zwingt, die gewonnene Bewegungsfreiheit auch auszunutzen, inszeniert Deus Ex: Mankind Divided um einiges lebhaftere Gefechte.
Die spielen sich zwar noch nicht ganz so präzise wie in Unreal Tournament und auch nicht so flott wie bei Call of Duty: Black Ops 3 oder so wuchtig wie in Wolfenstein: The New Order, aber eben weitaus dynamischer als in den Vorgängern. Und damit ist Mankind Divided ein gutes Stück näher an dem Versprechen, das bei dem Namen Deus Ex seit dem ersten Teil mitschwingt.
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