Mit Deathloop wagen sich die Entwickler*innen von Arkane Studios, bekannt durch Dishonored und Prey, an ihr erstes (und wegen des Aufkaufs durch Microsoft vermutlich letztes) zeitexklusives PS5-Spiel - später wird eine Xbox-Version folgen. Statt maskierter Attentäter und formwandelnder Aliens setzt Deathloop auf eine mysteriöse Zeitschleife und einen simplen Auftrag: Töte diese acht Personen und brich den Loop. Was simpel klingt, entpuppt sich als fordernde, aber auch extrem motivierende Schnitzeljagd, die zum Besten gehört, was das französische Team bisher auf die Beine gestellt hat.
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Das bisher größte PS5-Experiment
Zuallererst sei gesagt: Deathloop ist experimentell. Auch wenn es natürlich - wie in den Trailern zu sehen ist - viel um Stealth, Waffen und coole Sprüche geht, steht die namensgebende Zeitschleife im Mittelpunkt. Und die liefert nicht nur das retrofuturistische Setting, sondern sorgt auch für eine mitreißende Erzählweise, wie ich sie in Spielen dieser Größenordnung noch nicht gesehen habe. Wer Indie-Titel wie Minit oder The Sexy Brutale kennt, hat einen kleinen Vorsprung, für alle anderen geht es in den ersten Spielstunden auch darum, zu verstehen, wie Deathloop funktioniert.
Wir schlüpfen in die Rolle des Lederjacken tragenden Colt, der eines Morgens am Strand der nordischen Insel Blackreef erwacht. Mit jeder Menge Gedächtnisverlust in der Tasche werden wir gleich zu Beginn mit den harten Fakten konfrontiert. Auf dieser Insel gibt es eine bewusst ausgelöste Zeitschleife, es liegt an uns sie zu brechen und wir haben keine Ahnung, wie wir das anstellen sollen. Achja, und eine gewisse Julianna trachtet uns nach dem Leben. Ein anstrengender Morgen.
Dass wir hier ins kalte Wasser geworfen werden, kann zunächst etwas überfordern. Denn wie Deathloop in den nächsten 20 bis 30 Stunden Spielzeit ablaufen wird, ist zu Beginn noch nicht ersichtlich. Mit ein paar geführten "Tutorial"-Loops, die uns in eine grobe Richtung leiten, löst sich diese anfängliche Verwirrung aber auch schnell in Wohlgefallen auf. Dann wird nämlich klar, was Deathloop tatsächlich ist: Eine spaßige und blutige To-Do-Liste mit Zeitmanagement-Flair.
Wäsche waschen, Milch kaufen, Egor töten
Um den Loop in Deathloop brechen zu können, müssen wir innerhalb einer Zeitschleife die acht Visionäre ausschalten, die Anführer des sogenannten ÄON-Projekts. ÄON ist ein Mix aus Forschungsgruppe, Endzeit-WG und Party-Crowd, die sich auf Blackreef niedergelassen hat, um das ewige Leben zu genießen - und dafür eignet sich die Zeitanomalie auf der Insel natürlich perfekt. Wer diese Personen sind, wo sie sich aufhalten und wie wir an sie herankommen, das gilt es herauszufinden.
Zu diesem Zweck ist Deathloop in Bereiche aufgeteilt: Vier verschiedene Orte an vier unterschiedlichen Tageszeiten - also 16 verschiedene Level. Wann wir also wo sein wollen, können wir selbst entscheiden, um dann nach allen möglichen Hinweisen zu suchen, wie wir Schritt für Schritt dem großen Ziel näherkommen. Das kann das Hobby eines der Visionäre sein oder ein verdächtiges Detail zu dessen Tagesplanung. Nach und nach lassen sich diese Hinweise zu einem klaren Bild zusammensetzen. Das führt wiederum zu einem Plan, der nur noch gezielt ausgeführt werden muss.
Wechselhafte Welt: In Deathloop gibt es zwar nur vier verschiedene Locations, durch die unterschiedlichen Tageszeiten können sich diese aber radikal ändern. Mal sind mehr Wachen unterwegs, mal liegt überall frisch gefallener Schnee - auch die Gegner selber helfen mit Graffitis im Laufe des Tages nach.
Hier am Beispiel vom Küstenort Fristadt Rock:
Nichts davon läuft in Echtzeit ab, stattdessen werden Deathloop-Missionen in kleine Happen aufgeteilt. Sind wir erst einmal vor Ort, können wir uns alle Zeit der Welt lassen. Unsere Ziele stecken wir dabei selbst - wollen wir mal die Lagerhallen am Morgen in der Karlsbucht untersuchen? Oder gucken wir abends auf der großen Party vorbei, die in Updaam gefeiert wird? Das Suchen nach und Kombinieren von Hinweisen ist das Kerngeschäft in Deathloop und das macht richtig viel Spaß. Jede noch so kleine Information ist relevant.
Nicht nur, dass die Hinweise und Zahlencodes, die wir finden, gut übersichtlich in den Menüs festgehalten werden, wir können uns dadurch die Geschichte der Insel, der Visionäre, der Zeitschleife und allen anderen interessanten Aspekten in unserem eigenen Tempo nähern. Deathloop ist alles andere als linear, auch wenn es am Ende den einen richtigen Weg gibt, den Loop zu brechen. Der Weg dahin ist individuell und unterstreicht die spielerische Freiheit, die sich Deathloop auch sonst auf die Brust geschrieben hat.
Das Kampagne von Deathloop beantwortet zwar die wichtigsten, längst aber nicht alle Fragen zur mysteriösen Zeitschleife - das sorgt für Motivation auch abseits der Story die Welt zu erkunden, Antworten zu finden und dem Geheimnissen auf die Schliche zu kommen.
Im Kern ist Deathloop noch immer ein Shooter
Haben wir uns erst einmal entschieden, zu welchem Zeitpunkt wir an einem bestimmten Ort sein wollen, trumpft Arkane Studios mit den gewohnten Stärken auf. Was das reine Gameplay angeht, präsentiert sich Deathloop als stealth-lastiger Shooter, in dem wir auf eine Vielzahl übersinnlicher Fähigkeiten zurückgreifen können, um an unser Ziel zu kommen. Wir schleichen uns an Wachen vorbei, schalten sie von hinten aus oder hacken das Geschütz an der Ecke, damit es automatisch unsere Feinde angreift.
Mit sogenannten Tafeln, die wir den Visionären abnehmen können, kann sich Colt beispielsweise über kurze Entfernungen teleportieren, sich unsichtbar machen oder zum Berserker werden, der ebenso gut austeilt, wie er einstecken kann. Das Experimentieren mit den Fähigkeiten und die Möglichkeit, Gegnern Fallen zu stellen, sorgt für abwechslungsreiche Gefechte, die selbst beím x-ten Loop nicht langweilig werden. Deathloop ist auch ohne Zeitschleife ein richtig starker Shooter.
Wer möchte, darf auch den Rambo-Kurs fahren und auf rohe Waffengewalt setzen - die entsprechend wuchtigen Wummen dafür gibt es allemal. In den ersten Spielstunden ist das allerdings nicht empfehlenswert, denn wir starten lediglich mit einer schwachbrüstigen Uzi. Die Gegner-KI ist zwar nicht die cleverste, aber hier überwiegt hier klar das Experimentieren mit den Fähigkeiten und Herangehensweisen. Möglichst effizient und stylisch die Missionen abzuschließen, motiviert mich mehr als knüppelharte Shootouts.
Bessere Waffen können wir Gegnern abnehmen oder sie versteckt in der Spielwelt finden - mit dem Haken, dass wir sie verlieren, sobald der Loop von vorn beginnt. Letzteres passiert, wenn wir den Abend abschließen oder aber drei Mal hintereinander sterben, zwei Mal werden wir dank Colts besonderer Fähigkeit nämlich wiederbelebt.
Aber keine Sorge: Es gibt eine Möglichkeit, Waffen dauerhaft freizuschalten und in den nächsten Loop mitzunehmen.
Dafür muss sogenanntes Residium gefunden werden. Eine Ressource, die wir sowohl durch das Ausschalten von Gegnern und Visionären als auch durch das Einsammeln flackernder Gegenstände erhalten. Zudem können wir bereits eingesammelte Ausrüstung auch "opfern", um dadurch eine bestimmte Menge Residium zu erhalten. Jede Waffe und jede Fähigkeitentafel (die wir ebenfalls nach jedem Loop verlieren) muss mit einer bestimmten Menge Residium aufgeladen werden, damit sie der Zeitschleife widerstehen kann.
Die Idee dahinter ist super, denn nach und nach können wir uns dadurch ein Arsenal an Ausrüstung aufbauen, wodurch wir mit jedem Loop schlagkräftiger werden. Auch Perks für Colt und die Waffen lassen sich auf diesem Weg freischalten. Die Balance stimmt hier aber leider nicht ganz: Waffen der höchsten Seltenheitsstufe werden uns fast hinterhergeschmissen und auch die Perks sind im Überfluss vorhanden. Wirklich mit schwächeren Waffen auseinandersetzen müssen wir uns eigentlich nie.
Unser Test-Video zu Deathloop findet ihr hier:
Die perfekte Welt zum Erkunden
Was Deathloop dafür aber besonders gut gelingt, ist das offene Leveldesign der vier spielbaren Areale. Egal wohin es uns auf unserer aktuellen Mission verschlägt, es gibt in der Regel zwei oder drei verschiedene Weg, um an unser Ziel zu gelangen. Es gibt keine erzwungenen Pfade, deren Widerstände wir überwinden müssen, wenn wir vorankommen wollen. Wer sich die Zeit nimmt und die Umgebung erkundet, wird dafür belohnt. Entweder mit einem offenen Fenster oder eben mit einem versteckten Tresor, der wichtige Dokumente oder Audio-Logs enthalten kann, die Hinweise liefern. Hier trumpft Deathloop richtig auf.
So gibt es zum Beispiel eine große Bibliothek mitten in Updaam, von der wir aufgrund von Hinweisen wissen, dass in ihr immer morgens jede Menge hochwertige Ausrüstung gelagert wird. Ebenso gut wird sie aber auch bewacht. Wir können entscheiden: Entweder wir betreten sie durch die Eingangshalle und legen uns mit den Gegner direkt an oder aber wir kommen durchs Hintertürchen, hacken den Alarm und schalten die Belegschaft hinterrücks aus. Oder aber wir teleportieren uns von Dach zu Dach und steigen direkt in den vierten Stock ein, wo die tolle Shotgun verstaut ist.
Je öfter wir die vier Areale erkunden, und das passiert zwangsläufig mehrfach, desto mehr Wege und Möglichkeiten offenbaren sich uns. Vor allem im späteren Verlauf kann das Einsteigen in selbst gefährlichste Hauptquartiere durch den Wissensvorsprung schon fast zur Routine werden. Ein Weg, um dieser Routine entgegenzuwirken, sind die unregelmäßigen Überfalle durch Julianna. Ebenfalls sehr firm, was Waffen angeht, scheint Julianna uns ständig auf dem Kieker zu haben und uns daran hindern zu wollen, den Loop zu brechen.
Sobald sie auftritt, werden unsere Fluchtwege aus dem aktuellen Level durch eine Antenne blockiert, die wir erst hacken müssen. Julianna selbst macht hingegen aktiv Jagd auf uns, wodurch die bisherige Spieldynamik auf den Kopf gestellt wird. Waren wir eben noch der Stealth-Superstar, der genau weiß, wo die Gegner sich gerade aufhalten, sind wir nun die Beute und suchen nervös die Dächer ab, um unsere Jägerin ausfindig machen zu können. Dieser Adrenalinrausch gehörte für mich zu den Höhepunkten in meiner Zeit mit Deathloop.
Was ist mit dem Multiplayer?
Neben der klassischen Singleplayer-Kampagne von Deathloop, haben die Entwickler*innen auch einen optionalen und etwas experimentellen Multiplayer eingebaut. Dieser erlaubt es anderen Spieler*innen nämlich, als Julianna in unsere Missionen einzudringen und Jagd auf uns zu machen. Andersherum können wir auch selbst zum Störenfried werden und in fremde Spielstände einfallen. Es ist dabei uns überlassen, ob wir Freunde oder Wildfremde überfallen. Wer für sich bleiben möchte, kann das Feature auch ausstellen.
Die Idee hinter dem Multiplayer ist interessant: Julianna verfügt wie Colt über eine Reihe an Waffen, Perks und Tafeln, die ihr Fähigkeiten verleihen. Zusätzlich kann sie dank der Fertigkeit Maskerade das Aussehen eines Standardgegners annehmen - perfekt, um sich unbemerkt anzunähern oder in der Masse unterzugehen. Mit dem Erfüllen bestimmter "Meisterleistungen", wie etwa "Überlebe als Eindringlich drei Minuten lang", steigen wir im Jägerrang auf und schalten dadurch neue Waffen und Ausrüstung frei.
Spaß macht der Multiplayer in beide Richtungen. Es ist einerseits spannend, als Julianna unbehelligt an Gegnern vorbeizuspazieren, das Level nach Colt abzusuchen und ihm dann idealerweise eine Falle zu stellen. Andererseits ist es viel packender, wenn nicht eine KI Jagd auf uns macht, sondern eine andere Person, die deutlich klüger und planvoller vorgeht. So oder so entstehen hier neue Herausforderungen, die das Gameplay bereichern. Dass wir ganz nebenbei auch noch Colt-Skins für den Singleplayer freischalten, ist ein zusätzlicher Anreiz.
Der Nachteil: Es müssen einige Konditionen erfüllt werden, damit wir überhaupt in einen anderen Spielstand eindringen können. Der Multiplayer funktioniert erst ab einem gewissen Story-Fortschritt, nur in Missionen, in denen Visionäre zugegen sind und natürlich nur, wenn das ausgesuchte Opfer auch online ist. Bei anonymen Attacken geht das noch, bei der Invasion von Freunden läuft das aber vermutlich meist auf eine Absprache hinaus. Trotzdem spaßig, aber der Überraschungseffekt ist damit dann natürlich hin.
Technisch sauber und stilsicher
Die besondere Atmosphäre von Deathloop lebt in erster Linie vom stylischen Art Design. Mit einem Fokus auf die kunterbunte Popkultur der 60er-Jahre erwecken Colts Eskapaden den Eindruck klassischer Spionagefilme á la James Bond - mit einem kleinen SciFi-Twist. Die rauen Küsten von Blackreef wechseln sich ab mit den ausschweifenden Modetrends der Swinging Sixties - technisch sauber präsentiert in ruckelfreien 60 FPS, dynamischer 4K-Skalierung und auf Wunsch auch mit Raytracing. Bei letzterem muss dann allerdings eine Bildrate von 30 FPS in Kauf genommen werden.
Ebenfalls sehr gelungen ist die Einbindung des DualSense-Controllers. Der simuliert durch das haptische Feedback nicht nur ein einzigartiges Gefühl für jede der Waffen im Spiel, auch Untergründe und Gegnerpräsenz lassen sich durch die Vibrationen erleben. Sind wir mit gewöhnlichen Waffen unterwegs, kann es zudem passieren, dass der R2-Trigger blockiert und wir nicht schießen können - eine nette Idee, die leider darunter leidet, dass wir innerhalb kürzester Zeit ohnehin nur mit der Crème de la Crème der Deathloop-Waffen unterwegs sind.
Geglücktes Experiment
Deathloop hat ein faszinierendes Spielkonzept. Jegliche Sorge, dass die Zeitschleife zu sperrig oder aber zu oberflächlich eingebaut wird, hat sich für mich in Wohlgefallen aufgelöst. Ist der zähe Einstieg erst einmal geschafft, entpuppt sich die (unterhaltsame) actionreiche Shooter-Attitüde als Vorwand, um uns als Detektiv in die Spielwelt zu schicken. Der Drang, jeden Winkel zu erkunden und mehr über die packende Geschichte zu erfahren, ist bei meinem Spieldurchlauf kein einziges Mal abgerissen.
Auch nach dem "letzten" Loop lockt Deathloop noch immer mit verlockenden Nebenaufgaben, verschlossenen Türen und unknackbaren Safes. Ich habe sogar nach dem Abspann im Gespräch mit meinem Kollegen Jonas erfahren, dass ich eine der Hauptmissionen sogar auf eine vollkommen andere Weise hätte erledigen können. Ich hatte keine Ahnung, obwohl ich gewissenhaft Ausschau nach Hinweisen gehalten habe. Diesen Tipp gilt es jetzt gleich mal in die Tat umzusetzen.
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