Endlich ist es soweit, GamePro und GameStar bekommen ein neues und gemeinsames Wertungssystem. Wir haben diesen Schritt lange diskutiert, mit unterschiedlichen Ansätzen experimentiert, viel verworfen und viel überlegt. Nur an drei Grundsäulen gab's von Anfang an nichts zu rütteln:
- Wir wollen künftig in der Lage sein, wirklich jedes Spiel zu bewerten.
- Wir werten weiterhin für unsere Leser, nicht für die Industrie.
- Wir wollen ein Spiel und seine Spieler immer fair behandeln und weder vorverurteilen noch grundlos hochjubeln.
Natürlich wollten wir auch wissen, was unsere Leser erwarten - schließlich werten wir nicht einfach für uns selbst, sondern für die größte deutschsprachige Spiele-Community. Also haben wir eine Umfrage durchgeführt, deren Ergebnisse wir in einem separaten Artikel zusammenfassen.
An dieser Stelle wollen wir die wichtigsten Fragen zum neuen System beantworten, unsere Philosophie vorstellen und natürlich auch verraten, was uns dazu bewogen hat, die Wertungssysteme von GamePro und GameStar zu ändern.
Und natürlich laden wir alle Leser herzlich dazu ein, miteinander und mit uns zu diskutieren, zum Beispiel im Forum. Denn erst die Diskussion macht das Wertungssystem lebendig. Im Elfenbeinturm zu sitzen, ist uns dann doch ein bisschen zu langweilig.
Warum ändert ihr das GamePro-Wertungssystem?
Das GamePro-System wurde unserer Meinung nach vielen aktuellen Spielen nicht mehr gerecht, vor allem, weil es die Technik zu sehr in den Vordergrund gestellt hat: Die Wertungskategorien lauteten nicht umsonst »Grafik«, »Sound« und »der Rest«, beziehungsweise »allgemeine Pros & Contras«. Dabei hat unsere Umfrage gezeigt, dass Grafik und Sound vielen Spieler für die Kaufentscheidung längst nicht so wichtig sind wie Atmosphäre, Story und gutes Spieldesign.
Diesem Umstand wollen wir Rechnung tragen, aber bitte nicht falsch verstehen: All diese »inneren Werte« waren uns schon immer sehr wichtig, nicht umsonst haben wir beispielsweise einem Grafikblender wie Ryse lediglich 68 Punkte gegeben. Das Wertungssystem hat das bislang nur nicht so plakativ dargestellt. Deshalb erweitern wir den Wertungskasten und bilden Grafik und Sound weniger prominent ab, dafür andere Disziplinen prominenter. Ein Spiel ist eben mehr als nur Technik. Viel mehr.
Warum ändert ihr das GameStar-Wertungssystem?
Wir haben das GameStar-Wertungssystem zuletzt 2004 geändert und seitdem unsere Endwertungen aus zehn Einzelwertungen zusammengerechnet, vier davon unterschieden sich je nach Genre. Dieses System halten wir keineswegs für schlecht, im Gegenteil, es hat uns gute Dienste geleistet. Es war detailliert, es war transparent - es war aber auch das Kind einer Zeit, in der die Spielebranche noch übersichtlicher, einfacher war. Damals war ein Echtzeit-Strategiespiel eben ein Echtzeit-Strategiespiel (also Command & Conquer: Generäle, Warcraft 3 & Co.), ein Shooter eben ein Shooter. In den letzten Jahren hat sich das geändert, Genregrenzen verschwammen immer mehr. Und das GameStar-Wertungssystem wurde der Vielfalt und den Veränderungen unseres Hobbys immer weniger gerecht.
Auch dank des Indie-Booms erschienen zuletzt vermehrt Spiele, die sich einfach nicht an klassische Genrekonventionen hielten und so auch nicht in unser starres System pressen lassen wollten. Genauer gesagt: Wir konnten manche Spiele einfach nicht bewerten, ohne das System massiv zu verbiegen. Das prominenteste Beispiel dafür ist Minecraft, eines der wichtigsten und erfolgreichsten Spiele der letzten Jahre - und bis heute gibt es keine GameStar-Wertung. Weil es in kein klassisches Genre passte, hätten wir fürs Survival-Bastelspiel ganz eigene Wertungskategorien erfinden müssen, die wiederum die Fairness anderer Wertungen in Frage gestellt hätten: Wenn wir für Minecraft eigene Kategorien erfinden, warum dann nicht auch für Hotline Miami, Binding of Isaac, Assassin's Creed und Skyrim?
Auch reine Erzählspiele konnten wir nicht bewerten, etwa Dear Esther. Das bot zwar mehr Atmosphäre als eine ganze Lagerhalle voller Myst-Teile, aber kaum Spielmechanik - nach dem GameStar-Reglement hätte dieses faszinierende und einzigartige Erlebnis eine 50er- oder 60er-Wertung kassieren müssen. Dass klassischer Genrekonventionen aufbrechen, zeigt zudem der Survival-Boom rund um DayZ. Denn viele neue Survival-Spiele setzen andere Schwerpunkte, mal steht tatsächlich der Kampf gegen Monster im Vordergrund, mal die Interaktion mit anderen Spielern, mal ein Baukastenprinzip à la Minecraft. Wäre es fair, diese grundverschiedenen Herangehensweisen in dasselbe Kategorienschema zu pressen? Wir finden: nein.
Apropos: Müssen wir Actiontitel, in denen wir Horden hirnloser Untoter bekämpfen, wirklich für eine schlechte KI bestrafen, wie's unsere Action-Kriterien verlangen würden? Zombies sind nun mal dumm! Und brauchen Super Meat Boy oder Giana Sisters: Twisted Dreams tatsächlich eine ausgefeilte Story, wie wir sie laut unserer Wertungskategorien einfordern müssten? Hat denn ein Super Mario World eine ausgefeilte Story gebraucht, um ein Klassiker zu sein? Sicher nicht. Und was ist eigentlich mit DLCs und Episoden? Auch die konnte unser auf Vollpreistitel ausgelegtes System kaum fair erfassen, weshalb wir einzelnen DLCs und Episoden bislang keine Wertung gegeben haben. Das soll sich ändern.
Die Kurzfassung: Das bisherige GameStar-Wertungssystem war in unseren Augen keinesfalls schlecht und sehr detailliert, wurde den aufweichenden Genrekonventionen und damit den Spielen aber immer weniger gerecht. Wir wollten ein flexibleres System, das dennoch klar die Stärken und Schwächen eines Spiels illustriert. Ein Spiel ist eben mehr als die Summe seiner Teile.
Welche Spiele bewertet ihr?
Wir testen alle Spiele, die unsere Redakteure für relevant halten. Etwa, weil sich viele Leser dafür interessieren, oder weil wir diese Spiele für besonders empfehlenswert halten - oder dringend vor einem Kauf warnen möchten. Künftig werden wir außerdem auch DLCs und Episoden bewerten.
Wann bewertet ihr?
Wir bewerten Spiele nur, nachdem wir sie ausreichend gespielt haben. Eine Solokampagne etwa spielen wir im Regelfall mindestens einmal durch und probieren auch alle Schwierigkeitsgrade aus. Wichtige Multiplayer-Titel wie Battlefield oder Call of Duty sowie Online-Rollenspiele testen wir grundsätzlich über längere Zeiträume (eine bis vier Wochen) und ausschließlich unter Live-Bedingungen, also auf den öffentlichen Servern.
Wie steht ihr zu Test-Events?
Wenn wir zu einem Test-Event direkt beim Entwickler reisen, dann bewerten wir danach höchstens den Solo-Modus des jeweiligen Spiels - und auch nur dann, wenn wir die Kampagne ungestört durchspielen und alle Schwierigkeitsgrade ausprobieren können. Multiplayer-Modi bewerten wir grundsätzlich nur unter Live-Bedingungen. Über die Begleitumstände des Testevents (Auf welcher Plattform haben wir gespielt? Wie lange haben wir gespielt? Etc.) werden wir transparent berichten.
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