Na das nennt man dann wohl einen signifikanten Preissturz: 2008, als Crysis für den PC erschien, musste man nicht nur das Spiel an sich kaufen, sondern am besten auch eine Schubkarre voller Zaster für einen hochgezüchteten, wassergekühlten Renn-Rechner abdrücken. Der Shooter war damals nämlich ein Grafikbrett sondergleichen und entsprechend hardwarehungrig. Heute reichen schon 20 Euro und eine Xbox 360 oder PlayStation 3, denn Crytek hat sich nach einigem Zögern dazu durchgerungen, den Erfolgstitel als Download zu portieren. Aber Moment mal: Dieselben Entwickler haben damals doch verlautbart, dass eine Umsetzung rein technisch nicht möglich sei. Wir zwängen uns in den Nanosuit und finden heraus, wie Crytek den Egoshooter nun doch auf die Konsolen gequetscht hat.
Schon beim Start ziehen wir überrascht eine Augenbraue hoch. Neuerdings stehen ganze zehn Sprachen zur Auswahl, darunter auch recht ungewöhnliche wie Türkisch oder Japanisch. Wenige Sekunden später folgt die zweite Braue: Im Hauptmenü fehlt nämlich die Multiplayer-Option. Schade drum, aber angesichts Crysis 2 würde der Mehrspielermodus wohl nur eine Minderheit interessieren. Im Solomodus hat sich seit 2008 wenig verändert: Wir schlüpfen in den Kampfanzug eines amerikanischen Elitesoldaten mit Codenamen »Nomad«, der mit seinem Team mitten in der Nacht aus einem Transportflieger hüpft. Das Ziel: Eine malerische Insel voller kriegslustiger und bis unter den Kampfhelm bewaffneter Nordkoreaner, die eine Gruppe von Wissenschaftlern gekidnappt haben. Und zu allem Übel haben sich auch noch die aus dem Nachfolger bekannten Aliens unter dem Eiland eingegraben! Keine Frage: Nach dem Fallschirmsprung wartet viel bleihaltige Drecksarbeit auf das US-Kampftrüppchen.
Grafikbrett ohne Altersschwäche
Damals wie heute gewinnt die Handlung keinen Originalitäts-Oscar, ist aber kinoreif erzählt und präsentiert. Einige Passagen sind atmosphärisch so dicht, dass Crysis locker mit aktuellen Shootern mithalten kann. Sei es wenn ihr, ähnlich wie im Film »Predator«, getötete Kameraden findet und in der Ferne bedrohliche Geräusche hört, oder wenn ihr in einem beklemmenden Abschnitt das erste Mal begreift, wie groß die Alien-Bedrohung wirklich ist. Auch grafisch spielt Crysis, obwohl schon knapp vier Jahre alt, noch ganz weit vorne mit. Erstens gibt’s nun auch schickes stereoskopisches 3D und zweitens läuft unter der Haube die aus dem Nachfolger bekannte CryEngine 3 -- und die wurde schließlich extra für Konsolen entwickelt. Doch besonders wenn ihr mit dem PC-Original vorbelastet seid, springen euch am laufenden Band Abstriche ins Auge, die Crytek bei der Portierung machen musste.
Ein gutes Beispiel ist der erste optische Wow-Moment des Spiels: Nach der Landung erklimmt ihr einen Hügel und seht einen der malerischsten Sonnenaufgänge der Videospielgeschichte, während unter euch eine ebenso detaillierte wie idyllische Insellandschaft liegt. Aber so schön die Lichteffekte auch sind -- was fehlt, ist das Anti-Aliasing. Statt weicher Kanten gibt es Treppenbildung, einen leicht flimmernden Dschungel und arg pixelige Schatten. Auch die Weitsicht ist nicht mehr dieselbe wie am PC. Ein heftiger Unschärfefilter liegt über der Landschaft, Büsche und Gräser verschwinden in der Ferne, und nach dem Laden eines Spielstands könnt ihr auch der Grafik beim Laden zusehen. Bildrateneinbrüche gibt es zwar auch, doch fallen sie nicht allzu sehr ins Gewicht. Und wo wir gerade bei technischen Nörgeleien sind: Beinah die gesamte Umgebung inklusive Häusern ist zerstörbar, die zugrunde liegende Physik-Engine setzt aber gerne mal aus. Das Resultat sind irrwitzige Clippingfehler: Manchmal schweben Trümmer, Autos oder Waffen über dem Boden oder stecken lustig in einer Wand. Das klingt jetzt erst einmal sehr schlimm, aber keine Panik: Für Konsolenverhältnisse ist Crysis außerordentlich hübsch geworden und punktet mit tollen Texturen, feinen Animationen und krachigen Effekten. Nichts zu bemängeln gibt es beim Sound. Angefangen bei der dramatischen Musik in besonderen Momenten, über brachiale Explosionen bis hin zu leisen Abschnitten, bei denen jedes Blatt knistert: Der Ton sitzt so passgenau wie der futuristische Nanosuit, den Nomad trägt!
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