Wenn man über die Story von Control sprechen möchten, dann werden Remedy-Mitarbeiter plötzlich sehr wortkarg und verweisen bei Nachfragen auf ihre früheren Erfahrungen in diesem Metier: Max Payne 2, Alan Wake, Quantum Break. Vertraut uns, das können wir, lautet in etwa die Standardantwort. Mit Control wollen die Finnen ihre bisherige Formel "Ballern + Superfähigkeit = tolle Action" modifizieren und die Spielwelt in den Vordergrund stellen.
Sie soll nun mehr als je zuvor zum eigentlichen Geschichtenerzähler werden. Ob das auch wirklich gelingt, lässt sich momentan jedoch schwer einschätzen, auch weil Remedy sich nur ungern in die Karten gucken lässt.
Derzeit befindet sich Remedys Action-Adventure mit Telekinese-Einschlag irgendwo zwischen Alpha und Beta. Bis zum geplanten Release im Spätsommer 2019 fehlt noch einiges an Feinschliff, manche Bosskämpfe brauchen etwa noch viel Abstimmung und die vor Kurzem beendeten Motion-Capture-Aufnahmen müssen in vorzeigbare Zwischensequenzen umgewandelt werden.
Trotzdem scheint das Projekt gute Fortschritte zu machen, Remedy hat nämlich trotz aller Geheimniskrämerei dazu eingeladen, sich das Entwicklerstudio und das Spiel mal genauer anzuschauen.
Plötzlich Chefin
Schon seit der Ankündigung von Control wissen wir, dass man als Spieler das Hauptquartier des "Federal Bureau of Control" auf den Kopf stellt. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Denn das "Bureau" beschäftigt sich als geheime Regierungsorganisation mit außerweltlichen Erscheinungen und operiert in bester "Men in Black"-Manier von einem äußerlich unscheinbaren Gebäude aus.
Dieser "Oldest House" genannte Bürokomplex im kalten, unbehaglichen Beton-Architekturstil ist von innen sehr viel größer als man von draußen glauben könnte. Zudem verschiebt das Haus auch mal seine Räume, Hallen und Gänge, im Grunde ist es ein sich ständig veränderndes Labyrinth. Wie es sich für derlei zwielichtige Institutionen gehört, geht natürlich irgendwann alles schief und eine feindliche Macht namens "The Hiss" überfällt die Einrichtung.
Die Heldin Jesse Faden besucht just in diesem Moment die Behörde, wird durch mysteriöse Umstände zur Leiterin des "Bureau" ernannt und darum sogleich mit mächtigen Fähigkeiten ausgestattet, die möglicherweise ohnehin schon immer in ihr geschlummert haben. Ja, Remedy hat sichtlich Spaß daran, den Spielern ein verwirrtes "Hä?" zu entlocken.
Die frisch gebackene Bureau-Chefin muss nun diese seltsame Ausgangslage aufdröseln, nach Antworten suchen und letztendlich natürlich The Hiss besiegen. Im Gegensatz zu Quantum Break oder Alan Wake soll aber nicht die Story allein der Motivator sein. Vielmehr steht für die Finnen der eigentliche Spielablauf im Mittelpunkt. "Ich denke, wir haben in der Vergangenheit mit Story-fokussierten Spielen eine Menge toller Dinge gemacht.
Jetzt ist es aber an der Zeit, einen Schritt in Richtung einer stärkeren Gameplay-Erfahrung zu machen. Das Erlebnis soll zwar offener werden, aber gleichzeitig wollen wir uns auch treu bleiben, indem wir weiter interessante Welten, Charaktere und Geschichten erschaffen. Ich glaube nicht, dass diese Essenz verloren gegangen ist", sagt Game-Director Mikael Kasurinen im Interview.
Entfesselte Macht
Diese Remedy-Essenz hat das Team für Control in ein Metroidvania-Korsett verfrachtet. Das bedeutet, dass Jesse nicht einfach entlang einer linearen Erzählschnur in der Handlung vorrankommt, sondern nach und nach neue Fähigkeiten freischaltet, die wiederum weitere Gebiete zum Erkunden öffnen.
Dort warten vor allem feindliche Bureau-Mitarbeiter, die von The Hiss übernommen wurden auf ihre Abreibung. Dank der Beförderung verfügt Jesse über eine wandelbare Knarre, die Bureau-Gun. Die Pistole besitzt diverse Konfigurationen, die im Laufe des Spiels durch Blaupausen und auffindbaren Crafting-Utensilien freigeschaltet werden können. Beim unserem Anspieltermin funktionieren bereits die Maschinenpistolen-, Schrotflinten- und Revolver-Form.
Voll ausgerüstet hat Jesse auch eine breite Auswahl an übernatürlichen Fähigkeiten. Sie kann schweben, ein telekinetisches Kraftfeld aufbauen, Feinde mit wenig Lebensenergie auf ihre Seite ziehen und allerlei sündhaft teures Mobiliar durch die Gegend pfeffern. Remedys erklärtes Ziel ist es, den Spielern eine große Bandbreite an nützlichen, vielseitigen Fähigkeiten an die Hand zu geben, damit in jeder Kampfsituation unterschiedliche Taktiken zu ermöglichen.
Zwar war unsere Anspiel-Session recht kurz, doch trotz der Fülle an Möglichkeiten war die Eingewöhnungszeit mit der Steuerung minimal und erlaubte schnell einige machtvolle Kombinationen. Die hauseigene Northlight-Engine hat seit Quantum Break auch einiges dazugelernt und beherrscht nun ansehnliche Zerstörungsorgien.
Scheiben, Wände und Betonsäulen werden im Kampfverlauf ordentlich in Mitleidenschaft gezogen, bis auf einige bröckelnde, hüfthohe Deckungen bleibt jedoch der Grundriss intakt. Die Zerstörung ist auch nicht von Dauer, wer ein Gebiet verlässt und wieder zurückkehrt, findet ein aufgeräumtes Interieur wieder. Wir erinnern uns: Das Oldest House lebt!
Die neue Freiheit
Neben der Hauptgeschichte wird es in Control auch eine Reihe von optionalen Inhalten zu entdecken geben. Dazu gehören etwa Story-Schnipsel wie Audio-Logs und Dokumente oder eine Nebenmission, die eine weitere Facette der sonderbaren Welt offenbart: Ein eingesperrter Wissenschaftler bittet Jesse darum, ihn schnellstmöglich aus einer prekären Situation zu befreien.
Der Forscher muss nämlich einen Kühlschrank anstarren. Wendet er seine Augen ab, droht ein interdimensionales Monstrum aus dem Gemüsefach zu springen und den armen Kittelträger anzugreifen. Hatten wir schon erwähnt, dass Control sehr seltsam wird?
Durch den nicht-linearen Charakter von Control ist es für die Entwickler schwer vorherzusagen, welchen Teil des Oldest House der Spieler als nächstes erkundet. Deshalb hat Remedy ein KI-System entwickelt das entscheidet, wann und wie viele Gegner jeweils auftauchen. Ähnlich wie die KI in Left4Dead registriert das Spiel, in welcher Situation sich gerade Jesse befindet, wann sie das letzte Mal gegen Feinde gekämpft hat, und ob nicht mal wieder ein Mini-Boss auftauchen könnte.
In der Praxis ließen sich diese Versprechungen noch nicht überprüfen. Die Feinde schießen und bewegen sich zumindest relativ souverän und werfen auch mal Granaten, wenn Jesse ewig hinter der gleichen Deckung klebt, aber eine wirkliche Gefahr geht bisher nur von einer Überzahl an Widersachern aus.
Erkundungsfreudige Spieler finden neue Outfits für Jesse oder diverse Modifikationen, mit denen der eigene Spielstil angepasst werden kann. Zusätzlich zu einem Fertigkeitsbaum lässt sich die Hauptfigur nämlich mithilfe von Waffen- und Charaktermods verstärken. Diese steigern größtenteils generelle Werte wie Lebensenergie, Feuerrate oder Schaden. Mikrotransaktionen, die solche Extras freischalten, wird es aber nicht geben. Dafür sind bereits zwei kostenpflichtige Erweiterungen fest eingeplant.
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