Castlevania: Lords of Shadow 2 ist eines dieser Spiele, die den Spieß umdrehen. Die mit alten Traditionen brechen und uns in die Rolle der dunklen Seite, in die Haut des Bösewichts stecken. Egal, ob wir das wollen oder nicht. Denn im neusten Teil der Castlevania-Reihe schlüpfen wir in den Umhang von Dracula, den wir bis dahin noch gefühlt in jedem Teil selbst gejagt haben. Warum? Gabriel Belmont, seines Zeichens Vampirjäger und Held des Vorgängers Castlevania: Lords of Shadow, war am Ende selbst zu Dracula geworden.
»Argh, Spoiler!«, wird der ein oder andere Leser jetzt schreien, aber ohne den geht es an dieser Stelle schlicht und ergreifend nicht. Dass Dracula weit mehr zu bieten hat als die Rolle des Bösewichts und darüber hinaus noch ein echter Tausendsassa ist, konnten wir in einer mehrstündigen Anspielsession mit dem Titel feststellen.
Die Geschichte von Lords of Shadow 2 spielt mehrere hundert Jahre nach dem Ende des ersten Teils. Gabriel Belmont alias Dracula hat einen unruhigen und rastlosen Schlaf hinter sich, als er im Sarg seines Schlosses hochschreckt - typisch Vampir eben. Doch einen starken Blutsauger haben wir uns irgendwie anders vorgestellt. Ausgemergelt und mit graufahler Haut ist Dracula ein Schatten seiner selbst, die Augen tief in die Höhlen gesunken, der Blick glasig. Schwächelnd wirft sich der Vampir seinen Umhang um und wankt vor das Portal seines riesigen Schlosses.
Und traut seinen Augen und Ohren nicht: Motorenlärm erfüllt die Luft, Autos rauschen auf der Straße vorbei, Passanten hasten umher. Kurz: Eine Großstadt türmt sich vor dem dunklen Fürsten auf. Noch ehe er einen klaren Gedanken fassen kann, ruft ihm ein kleiner blonder Junge etwas zu. Dracula folgt ihm langsam in eine dunkle Seitengasse. Und erlebt eine böse Überraschung: Ein zähnefletschendes Monster stürzt sich auf ihn, vollkommen kraftlos kann Dracula nur ein paar Schläge abwehren. Doch gerade als das Monster zum finalen Hieb ausholt, teilt eine riesige Schwertklinge dessen Körper in zwei Teile. Dracula erkennt nur noch verschwommen eine Gestalt in gezackter Rüstung und verliert das Bewusstsein.
Zobeks Plan
Als er wieder zu sich kommt, blinzelt er in einen schwach beleuchteten Raum. In einer Ecke kauert eine Familie, Vater, Mutter und Kind, zitternd vor Angst. Was jetzt folgt, lässt uns den Atem stocken: Dracula reißt dem Mann mit einer einzigen schnellen Bewegung die Kehle auf, dunkles Blut schießt aus der langen Risswunde. Danach schnappt sich der dunkle Fürst die Mutter und versenkt seine Zähne tief in ihrem Hals. Er blickt auf seine dürren Hände, die sich vor seinen Augen mit Kraft und, nun ja, Blut füllen. Das Kind kauert an der Wand und schreit aus vollem Hals. Was zum Teufel ist hier los?
Castlevania: Lords of Shadow 2 spannt uns nur noch eine Überblendung auf die Folter und bringt dann zumindest ein wenig Licht ins Dunkel. Aus dem Schatten einer Säule tritt Zobek hervor, den Fans der Serie aus dem ersten Teil kennen. Der ältere Herr mit dem weißen Vollbart ist einer der Gründer der Bruderschaft des Lichts und hat sich vollkommen dem Kampf gegen das Böse verschrieben. Und genau dieses Böse ist kurz davor, die Welt in den Abgrund zu reißen. Denn niemand geringeres als Satan persönlich bereitet seine Ankunft vor. Zobek bittet Dracula, ihm auf der Suche nach Satans Dienern zu helfen und damit seine Ankunft zu verhindern, und bietet ihm im Gegenzug an, ihn von seiner qualvollen Unsterblichkeit mit einem Pfahl durchs Herz zu erlösen. Er öffnet ein grünlich leuchtendes Portal und schickt Dracula an seinen ersten Einsatzort.
Die ersten Minuten von Lords of Shadow 2 stiften eher Verwirrung als Erhellung, und obwohl man den ersten Teil nicht unbedingt gespielt haben muss, könnten Neueinsteiger zu diesem Zeitpunkt noch etwas überfordert sein. Immerhin dürfen wir jetzt endlich mit Dracula loslegen und entsteigen in einem dunklen Hinterhof dem Portal, um uns in der Bioquimek Fabrik auf die Suche nach dem ersten Diener Satans zu begeben.
Wir steuern Dracula aus der Third-Person-Perspektive und erkunden zunächst die Umgebung. Kisten stehen herum, Dampf steigt aus einem Gulli empor, die ganze Szenerie erinnert an den grauen Moloch Gotham aus Batman: Arkham City. Mit der modern anmutenden namenlosen Stadt, die auf den Grundmauern des Dracula Schlosses errichtet wurde, führt Entwickler Mercurysteam ein völlig neues Szenario ein, in dem wir zu ungefähr 60 Prozent der Spielzeit unterwegs sind. Zu Beginn haben wir nur unsere Standardwaffe - die Schattenpeitsche - und ein paar Dolche dabei, die wir schon an der nächsten Tür einsetzen.
Im Körper der Ratte
Mit den Schultertasten wirbeln wir die scharfen Messer gegen den Schlossmechanismus einer Tür und zerdeppern einen Riegel, um diese zu öffnen. Die Schattendolche sind eine neue Waffe in Lords of Shadow 2 und werden hauptsächlich für kleinere Rätsel oder den Fernkampf eingesetzt. Und schon hinter der offenen Tür gibt's direkt die nächste Neuerung zu sehen, denn ein mächtiger Golgoth-Wächter mit fetter Rüstung versperrt den Gang. Wie an dem Ungetüm vorbeikommen? Wir entdecken eine dunkle Ecke, in der ein paar Fledermäuse herumflattern. Hier können wir auf Knopfdruck in eine neue Gestalt schlüpfen - und zwar die einer Ratte!
Insgesamt steuern wir eine Gruppe von neun Nagern aus dem Schatten und zwischen den Beinen des Golgoth hindurch auf die andere Seite. Flugs wieder zurückverwandelt und von hinten an den Golgoth herangeschlichen. Einen weiteren Knopfdruck später haben wir den Wächter übernommen und öffnen mit ihm die nächste Tür. Diese »Besessenheit« ist eine coole Fertigkeit, allerdings kann Dracula nur bestimmte Personen übernehmen, je nach Spielsituation und Aufgabenstellung.
Wir tasten uns langsam weiter durch die Fabrik, als uns auf einmal wie aus dem Nichts wieder der blonde Junge gegenüber steht. Wir folgen ihm und finden uns plötzlich in den mächtigen Mauern unseres Schlosses wieder! Jetzt ist Dracula vollkommen ratlos. Warum dieser plötzliche Wechsel? Ist das alles nur ein Traum? Fest steht: Die restlichen 40 Prozent von Lords of Shadow 2 spielen in Draculas gewaltigem Schloss. Und hier lernen wir weitere Elemente der Spielmechanik kennen.
Castlevania: Lords of Shadow 2 - Fakten
- Erstmals Dracula spielbar
- spielt in einem Stadtsetting und in Draculas Schloss
- vier Schwierigkeitsgrade
- variantenreiches Kampfsystem
- 20 Stunden Spielzeit
An sogenannten Blutquellen füllen wir Lebensenergie wieder auf, an einem Treppenabsatz entdecken wir zudem einen sogenannten Lebensstein. Die erfüllen dieselbe Aufgabe wie die Herzteile bei den Zelda-Spielen: Wenn man genug sammelt (in diesem Fall fünf), verlängert sich DraculasEnergieanzeige um ein kleines Stück. Wer sich in den verwinkelten Gemäuern also gut umschaut, wird belohnt. Denn nicht nur Lebenssteine warten in dunklen Ecken, Dracula kann zudem Schriftstücke und weitere Boni einsacken, die dann neue Informationen zum Spiel freischalten oder Hinweise auf weitere Geheimnisse geben.
Wir folgen den Gängen des Schlosses bis in die obere Etage eines großen Saals. Vier Kronleuchter baumeln von der Decke, um zur anderen Seite zu gelangen, müssen wir jetzt von Leuchter zu Leuchter hüpfen. Wie Gabriel Belmont im Vorgänger ist auch Dracula ein echtes Bewegungstalent, agil und spritzig hangelt er sich an Wänden oder Vorsprüngen entlang. Und hopst jetzt elegant auf den goldenen Lüstern herum, holt Schwung und segelt am Ende auf den letzten Vorsprung. Dass das so gut funktioniert, liegt zum einen an der präzisen Steuerung und zum anderen an der neuen, frei drehbaren Kamera, die Übersicht und Erkundung sehr erleichtert. Die starr vorgegebenen Kameraperspektiven des Vorgängers waren zwar kein Weltuntergang, aber in der ein oder anderen Spielsituation sehr hinderlich.
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