Call of Duty Modern Warfare 2-Kampagne im Test: Manchmal ein bisschen wie Kaugummi

Beim Kampagnen-Test von Modern Warfare 2 haben wir uns nicht nur auf Terroristen- und Drogenkartell-Jagd begeben, sondern dabei gleich mehrfach ungläubig auf die Uhr geschaut.

Die Kampagne von Call of Duty Modern Warfare 2 im Test. Die Kampagne von Call of Duty Modern Warfare 2 im Test.

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Wenn ein neues Call of Duty mit "Modern Warfare" im Titel erscheint, dann werden viele hellhöriger als bei manch anderem Ableger der berühmten Shooter-Reihe. Denn die ersten drei Teile aus den Jahren 2007, 2009 und 2011 gehören nach wie vor zu den beliebtesten CoD-Teilen überhaupt. Auch das Reboot aus dem Jahr 2019 konnte sowohl mit seiner Kampagne als auch im Multiplayer überzeugen, übrigens auch uns im Test zu Modern Warfare.

Modern Warfare 2 sorgt jetzt nicht nur wie sein Vorgänger für etwas Verwirrung – schließlich gab es ja schon mal ein Modern Warfare 2 – sondern natürlich auch für ordentlich Spannung und Vorfreude. Wir haben die Early Access-Kampagne des Spiels bereits durchgespielt und verraten euch, ob die Vorfreude berechtigt war. 

Letztes Update vom 4. November um 14 Uhr: Mittlerweile ist unser Test der Multiplayer-Komponente von MW2 online gegangen. Hier findet ihr eine umfangreiche Einschätzung des Vs.- und Koop-Mehrspielers sowie auch unsere finale Wertung für Call of Duty Modern Warfare 2.

Update vom 28. Oktober um 12 Uhr: Da ab heute noch mehr Spieler*innen endlich die Kampagne von Modern Warfare 2 spielen können, wollen wir euch noch einmal unsere Meinung zur Story präsentieren.

Test noch ohne Wertung: In diesem Test findet ihr aktuell ausschließlich eine Einordnung und Einschätzung der Solo-Kampagne von Modern Warfare 2. Sobald wir den Multiplayer und den Koop-Modus ausreichend und unter Live-Bedingungen ausprobiert haben, werden wir diesen Test um die entsprechenden Elemente erweitern und eine finale Wertung vergeben.

Warum nicht nur Mexiko?

Die Hintergrundgeschichte von Modern Warfare 2 ist serientypisch schnell umrissen. Nach dem tödlichen Anschlag von US-Streitkräften auf einen General im fiktiven Al Mazrah im nahen Osten schwört dessen Stellvertreter Major Hassan blutige Rache und schnappt sich dafür gleich mal ein paar Raketen, um diese auf Ziele im Westen abzufeuern.

Der Task Force 141-Trupp rund um die Fan-Lieblinge Captain Price, den totenkopfmaskierten Ghost und Raubein Soap MacTavish muss diese Katastrophe natürlich verhindern. Bevor ihr jetzt allzu sehr gähnt – besonders originell ist dieser Plot nämlich tatsächlich nicht –  sei aber erwähnt, dass mit der Mexiko-Komponente immerhin ein Story-Strang hinzukommt, den man ausnahmsweise noch nicht hundertmal in der CoD-Serie gesehen hat. 

Ghost (Mitte) und MacTavish (rechts) sind alte Bekannte, Rojas (links) ist dagegen ein neuer Charakter im MW-Universum. Ghost (Mitte) und MacTavish (rechts) sind alte Bekannte, Rojas (links) ist dagegen ein neuer Charakter im MW-Universum.

Denn die Spur der Raketen führt uns nicht nur an Schauplätze in Europa (u.a. Amsterdam und Spanien), sondern eben auch ins Land von Tequila und Sombreros. Dort ist nämlich auch das Drogenkartell "Las Almas" unter der Führung von "El Sin Nombre" in die Schmuggelgeschäfte mit dem gefährlichen Kriegsgerät verwickelt, was den neu eingeführten Charakter Alexandro Rojas und seine Leute ins Geschehen zieht. Das versprüht stellenweise sehr harte und dreckige "Narcos"- und "Sicario"-Vibes, weswegen wir Modern Warfare 2 liebend gerne ausschließlich in diesem Szenario gespielt hätten – ohne den ausgelutschten Terrorimus-Part im nahen Osten.

Das übliche Gut-Böse-Gedöns

Aber sei es drum, denn trotz der eigentlich interessanten Ausgangslage bleibt die typische Gut-gegen-Böse-Story des Spiels in ihren 6 bis 7 Spielstunden bis auf einen nicht hundertprozentig nachvollziehbaren Verrat ohne größere Überraschungen oder Wendungen, auch wenn sie im zweiten Teil noch einmal merkbar an Fahrt aufnimmt. Über jeden Zweifel erhaben ist dafür die Präsentation, denn die gerenderten Zwischensequenzen samt realistischen Charaktermodellen und Gesichtsanimationen sind eine wahre Augenweide.

Übrigens: Für MW-Veteranen gibt es hier und da eine nette Anspielung in Richtung der alten Trilogie – vor allem ganz am Ende – Neulinge werden aber nicht wirklich verstehen, was Ghost und Co. zu diesen Kultfiguren macht, die sie bei vielen Fans mittlerweile sind, denn eine ordentliche Exposition oder Zusammenfassung der Ereignisse des Vorgängers fehlt völlig. 

Nicht nur in den Zwischensequenzen, auch ingame sehen die Charaktermodelle hervorragend aus. Nicht nur in den Zwischensequenzen, auch ingame sehen die Charaktermodelle hervorragend aus.

Während die Story der Kampagne also nicht unbedingt für Überraschungen sorgen kann, schaffen das die eigentlichen Missionen deutlich besser. Denn Modern Warfare 2 ist weit davon entfernt, eine öde und eintönige Schießbude im Stile älterer Teile zu sein, sondern sowohl spielerisch als auch inszenatorisch sehr um Abwechslung bemüht. Natürlich gibt es auch hier die obligatorische Scharfschützenmission, einen Einsatz mit Nachtsichtgeräten oder die Erstürmung einer Basis, bei der wir Luftunterstützung anfordern können, das sind ja alles mittlerweile Standardhäkchen auf fast jeder CoD-Liste.

Es gibt aber eben auch Passagen, in denen wir uns beispielsweise unter Wasser an feindbesetzte Hafenpiers heranpirschen, einen Kollegen über Videokameras durch einen Gefängnishof lotsen, ein Verhör mit den richtigen Antworten überstehen, in den verwinkelten Gassen eines kleinen Dorfes ohne Waffen überleben oder im Auto einen Konvoi mit einer entführten Kollegin verfolgen müssen. Das sorgt für eine sehr angenehme Varianz und funktioniert in den meisten Fällen auch ziemlich gut.

Kampagnen-Abwechslung: Nachtmission Dank Nachtsichtgerät sehen wir bei diesen Einsätzen trotzdem ziemlich gut.

Gunship Mit unterschiedlichen Kalibern werden hier Gegner und Gebäude aus der Luft zerlegt.

Unterwasser In Amsterdam müssen wir ein Boot infiltrieren und können dafür im wahrsten Sinne des Wortes abtauchen.

Sniper-Mission Natürlich legen wir auch in einer obligatorischen Scharfschützenmission auf Gegner an.

Unbewaffnet An einer Stelle müssen wir uns ohne Waffen durch einen verwinkelten Ort schlagen und dabei improvisieren.

In die Länge gezogen

Allerdings zeigen gerade die letzten beiden Beispiele auch die Hybris mancher Missionsdesigns von Modern Warfare 2. Denn während die reinen Mechaniken spannend und interessant sind – klaube Ressourcen auf, um notdürftige Fallen und Waffen zu basteln oder nimm an einer actionreichen Verfolgungsjagd teil und ballere alles zu Klump – sind diese Einsätze gleichzeitig auch VIEL zu lang.

Die Autosequenz beispielsweise zieht sich über mehr als 20 (!) Minuten, in der wir eigentlich konstant dasselbe machen. Und auch die Szene im Gunship, aus dem wir wie im allerersten Modern Warfare Unterstützung aus der Luft geben, ist viel zu langatmig und gestreckt inszeniert. MW2 neigt an manchen Punkten dazu, zäh wie Kaugummi zu sein. Auf die Uhr geguckt haben wir jedenfalls selten in einem CoD, aber hier war das gleich mehrfach der Fall. 

Die Fahrzeugmission spielt sich prinzipiell sehr stimmig, ist aber insgesamt viel zu lang. Die Fahrzeugmission spielt sich prinzipiell sehr stimmig, ist aber insgesamt viel zu lang.

Kurios: Andere Missionen wie etwa die beiden Amsterdam-Einsätze sind dagegen gefühlt schon nach 5 Minuten erledigt und damit eigentlich viel zu kurz. Modern Warfare 2 hat also ein eindeutiges Pacing-Problem und den Entwickler*innen von Infinity Ward scheint in manchen Fällen das Gefühl für die perfekte Missionslänge abhanden gekommen zu sein. Hier machte beispielsweise der direkte Vorgänger aus dem Jahr 2019 einen runderen Eindruck, auch wenn dieser nicht ganz so viel Abwechslung und Ideen bot. 

Tolle Momente, aber davon zu wenig

Die besten Momente hat Modern Warfare 2 dann, wenn Atmosphäre, Gameplay und Länge sowohl in Einklang, als auch perfekt austariert sind, das spürt man dann richtig. Ein gutes Beispiel dafür ist etwa die Erstürmung einer Ölbohrplattform, auf der eine der Raketen stationiert ist. Bei Nacht und Regen arbeiten wir uns zunächst über die verwinkelte Plattform vor, nur um kurze Zeit später auf einem dicken Frachter zwischen herumrutschenden Containern (!) verzweifelt zu versuchen, die Steuerung der Rakete zu erreichen. 

Zu genau dieser Mission könnt ihr euch hier übrigens 7 Minuten Gameplay anschauen. Im Spiel sieht das tatsächlich so gut aus:

CoD Modern Warfare 2 zeigt 7 Minuten Gameplay aus der Kampagne Video starten 7:40 CoD Modern Warfare 2 zeigt 7 Minuten Gameplay aus der Kampagne

Das ist dann Call of Duty at its best, aber insgesamt bietet die Kampagne von Modern Warfare 2 leider zu wenige dieser Szenen, zumal auch die wirklich erinnerungswürdigen Momente vom Schlage einer Tschernobyl-Mission aus MW1 oder des einstürzenden Eiffelturms in MW3 fehlen. 

Angenehm fordernd

Spielerisch funktioniert das Ganze übrigens einwandfrei, die fluffige Steuerung und das Gunplay der allermeisten Waffen macht die Einsätze zu einem wahren Genuss und dieses Mal gibt es auch für Konsolenspieler*innen enorm viele Anpassungsmöglichkeiten, etwa bei den Zielunterstützungen. Und wer mit Shootern nicht allzu vertraut ist, wird die vermutlich auch brauchen, denn zumindest in Sachen Schwierigkeitsgrad ist Modern Warfare 2 nicht ohne. Das liegt nicht unbedingt an der Gegner-KI, denn die ist bestenfalls durchschnittlich, sondern an der Tatsache, dass Price, Rojas und Co. selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad nur ein paar Kugeln einstecken können, bevor sie im virtuellen Leichensack enden. Stumpfes Run&Gun funktioniert hier also nicht, das hat übrigens auch schon der direkte Vorgänger so gehandhabt.

Besonders die gepanzerten Feinde mit Schilden sind harte Nüsse, die einige Treffer vertragen und von der Seite oder hinten angegriffen werden sollten. Besonders die gepanzerten Feinde mit Schilden sind harte Nüsse, die einige Treffer vertragen und von der Seite oder hinten angegriffen werden sollten.

Gut so, denn so sind wir auch in Modern Warfare 2 gezwungen, Deckungen und Hindernisse tatsächlich auch mal zu nutzen, und die Aussicht auf ein schnelles Ableben macht gerade die Schleichabschnitte ohne Waffen nochmal etwas intensiver. Etwas Frust kam an manchen Stellen trotzdem auf, denn es gibt einige wenige Trial&Error-Abschnitte, an denen Gegner hinter Ecken lauern und uns direkt mit einem oder zwei Pumpgun-Schüssen erledigen, ohne dass wir etwas dagegen tun können. Dazu kommt, dass auch die Checkpoints nicht immer ideal gesetzt sind und wir nach einem Bildschirmtod teils sehr weit zurückgesetzt werden.

Wenn ihr übrigens wissen wollt, wie viele Missionen es im Spiel gibt, haben wir diese nochmal in einem separaten Artikel für euch aufgelistet:

Schwankende Grafikqualität

Nicht nur beim Missionsdesign der Kampagne gibt es ein ständiges Auf und Ab, auch die grafische Qualität von Modern Warfare 2 schwankt stellenweise enorm. Während gerade die kompakteren Settings wie wie Ölbohrinsel oder die Grachten in Amsterdam fast schon spektakulär gut aussehen, haben uns andere Gebiete wie die generischen Umgebungen bei der Fahrzeugsequenz ziemlich angeödet. Auch die Animationen sehen mal ausgefeilter und dann mal wieder etwas gröber aus, grundsätzlich gehört Modern Warfare 2 unter anderem dank seiner tollen Texturen oder den schicken Zerstörungseffekten aber zu den hübscheren CoD-Vertretern.

Die zweite Amsterdam-Mission gehört zu den optisch beeindruckendsten Einsätzen in der MW2-Kampagne. Die zweite Amsterdam-Mission gehört zu den optisch beeindruckendsten Einsätzen in der MW2-Kampagne.

In unserer Testversion kam es übrigens hier und da zu kleineren Bugs und Grafikfehlern wie aufploppenden Grastexturen, im Boden feststeckenden Autos oder seltsamen Ragdoll-Effekten. Einen direkten Einfluss auf den Spielspaß hatte das allerdings nicht. 

Vom Sound sind wir dagegen enttäuscht. Denn anders als beispielsweise in der ersten Modern Warfare-Trilogie (vor allem in MW2 von Hans Zimmer!) kommt Musik hier nur sehr sporadisch zum Einsatz und manche Waffen klingen wie Spielzeugpistolen. Die deutsche Sprachausgabe können wir zudem nur bedingt empfehlen, denn die Sprecher betonen teils zu übertrieben cool und sind zumindest im Falle des Hünen Ghost auch seltsam besetzt. Denn der Mann mit der markanten Totenkopfmaske hat im Vergleich zur englischen Version eine hörbar hellere Stimme, die so gar nicht zu seinem ansonsten ehrfurchtgebietenden Auftritt passen will. 

Wer noch weitere bewegte Szenen und Eindrücke aus der Kampagne haben will, schaut sich am besten unter Test-Video an:

Call of Duty: Modern Warfare 2 - Test-Video zur Story-Kampagne Video starten 13:08 Call of Duty: Modern Warfare 2 - Test-Video zur Story-Kampagne

Unter dem Strich sortiert sich die Kampagne von Modern Warfare 2 auf einem soliden bis guten Niveau ein und bewegt sich damit ungefähr auf dem Qualitätslevel des Vorgängers. Die letztjährige Kampagne von Call of Duty Vanguard lässt sie merkbar hinter sich, kommt dagegen aber lange nicht an den famosen Story-Part von Call of Duty Black Ops: Cold War heran, der damit weiterhin der Maßstab für aktuellere CoD-Kampagnen bleibt. 

Klage gegen Activision Blizzard: Aktuell ist gegen Call of Duty-Publisher Activision Blizzard eine Klage wegen Diskriminierung, sexuellen Übergriffen und schlechten Arbeitsbedingungen im Gange. Alle Infos zu den Vorwürfen von vor einigen Monaten findet ihr hier, alles zum Skandal rund um CEO Bobby Kotick hier. Einen Kommentar von GamePro-Chefredakteurin Rae Grimm bezüglich unserer Berichterstattung zum Thema findet ihr hier.

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