Wenn ihr euch an die PS1-Ära zurückerinnert, dann dürfte wohl ein recht einheitliches Bild in euren Köpfen entstehen: Ihr denkt bestimmt an euer Kinder- oder Jugendzimmer, fiepende Röhrenfernseher, diebische Software-Piraterie, grandiose Spiele wie Final Fantasy 7 oder Gran Turismo und natürlich den mausgrauen Sony-Kasten.
Für Konsolen-Spieler*innen der ersten Stunde mag das vielleicht gelten, etliche Gamer haben die 32 Bit-Epoche jedoch völlig anders erlebt. So etwa auch der Reddit-Nutzer DjMcfilthy, der seine "alte PlayStation" aus der Sammlung gekramt hat: Ein PS1-Emulator für den PC.
Und zwar ein ganz besonderer…
Ein Emulator als PS1-Andenken
Darum geht's: Der Reddit-User DjMcfilthy ist durch und durch Sammler. In seiner Wohnung steht ein Arcade-Automat, in den Regalen stapeln sich zahlreiche Spiele- und Handheld-Verpackungen und er hat auch noch ein Exemplar eines ganz wichtiges Erinnerungsstück an seine Kindheit aufbewahrt.
Eine originalverpackte Kopie des kommerziellen PS1-Emulators bleem!:
Link zum Reddit-Inhalt
Mit ihm konnten PS1-Discs am PC gestartet werden, zum Großteil sogar mit besserer Auflösung, Voll- statt Halbbildern und Kantenglättung.
Was ist an bleem! so außergewöhnlich?
Emulation steckte Ende der 90er noch in den Kinderschuhen, es gab aber schon einige Emulatoren, die mit mehreren SNES- und Game Boy-Spielen kompatibel waren. Ab 1998 erschienen dann die ersten PS1-Pendants, vor allem als kostenlose und unausgereifte Test-Programme (via GameTechWiki).
Bleem! wurde 1999 dann der erste kommerzielle PS1-Emulator und sorgte damit für jede Menge Furore – auch bei Sony. Zwei Tage nach Start der Vorbestellphase flatterte bei der 'Bleem Company' eine Anklage des PlayStation-Giganten ins Haus. Zu dem Zeitpunkt hatte sich die PS1 schon 50 Millionen Mal verkauft.
Die Anklage sollte jedoch zum Triumph für Emulation werden
Sony verklagte die Bleem Company wegen Kopierschutzverletzungen, da das PlayStation-BIOS, also die Firmware der PS1, auf PCs lauffähig gemacht wurde und der Emulator somit Hardware-Verkäufen nach Ansicht der Anwälte schaden würde.
Des Weiteren sah Sony eine weitere Verletzung darin, dass bleem! Screenshots von der PS1 auf der Verpackung nutzte – inklusive PC-typischer Verbesserungen wie einer höheren Auflösung.
Und wer hätte es gedacht: Sony hat in allen Punkten verloren und der Grundpfeiler für kommerzielle Emulation wurde somit gelegt.
Die Bleem Company musste zwei Jahre später dennoch schließen, da Sony das kleine Unternehmen mit horrenden Anwaltskosten langsam ausbluten ließ.
Diese Praxis hat sich auch bis heute gehalten, zumindest im Falle von Nintendo. Erst kürzlich hat der Mario-Entwickler den Teams des 3DS-Emulators Citra sowie des Switch-Emulators Yuzu mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung gedroht, sollten sie die Projekte nicht einstampfen.
Das Unternehmen war damit dann letztendlich auch erfolgreich, da kaum ein kleiner Entwickler solche Auseinandersetzungen finanziell überstehen kann.
Was konnte bleem! überhaupt?
In der Nachbetrachtung ist bleem! zwar ein für damalige Verhältnisse enorm performanter Emulator, der aber auch schnell an seine Grenzen gestoßen ist. So war er aufgrund seiner Low-Level-Programmierung nur bis Windows 98 kompatibel.
Was ist der Unterschied zwischen High- und Low-Level-Emulation?
Low-Level-Emulatoren sind sozusagen auf den maschinellen Code von bestimmten Architekturen zugeschnitten und erlauben zielgenaue Optimierungen sowie die Wiedergabe von Spielen in voller Geschwindigkeit.
High-Level-Emulatoren, die in den darauffolgenden Jahren aufgrund massiver Verbesserungen an Popularität gewannen, sind hingegen mit einer Vielzahl von Betriebssystemen kompatibel.
Außerdem konnten auf dem Emulator nur knapp 300 Spiele gestartet werden – mal mit kleineren, mal mit größeren Bugs. So kam es bei aufwendigeren Titeln wie Crash Bandicoot 2 zum Beispiel zu Sound- und Framerate-Rucklern, gut zu sehen ab Minute 9:10 im Video von LazyGameReviews:
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Allerdings gab es bleem! sogar auf der SEGA Dreamcast und war mit knapp 30 Dollar günstiger als eine richtige PS1.
Hat es ihrem Erfolg geschadet? Eher nicht. Denn in den zwei Jahren, in denen bleem! mit kostenlosen Updates versorgt wurde, hat sich die erste PlayStation noch einmal über 50 Millionen mal verkauft und übertraf damit die gesamte Konkurrenz um Längen.
Mit seiner sogar auf schwachen Rechnern hohen Performance auf dem meistverbreiteten Windows-Betriebssystem wurde bleem! (wenn auch nur für kurze Zeit) jedoch zu einem prägenden PS1-Erlebnis für viele Spieler*innen, die ansonsten nie mit Konsolenspielen in Kontakt gekommen wären.
Für euch auch? Wann habt ihr zum ersten Mal einen Emulator in die Hände bekommen?
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