Sonys Debütkonsole war nicht das erste System, das CD-ROMs für Spiele verwendete, so erschienen zuvor Erweiterungen für SEGAs Mega Drive und die PC Engine sowie der 3DO, die PlayStation reizte das Format jedoch erstmalig aus und legte damit den Grundstein für eine neue Epoche. Zu dieser gehörte aber auch ein unbedachter Umgang mit Software-Piraterie.
CDs haben Unmengen Vorteile
Titel, die für das SEGA Mega CD oder den 3DO erschienen, verfügten zumeist lediglich über hochwertigere Soundtracks oder aufwendig produzierte Videoclips. Da modulbasierte Systeme, wie etwa das Super Nintendo oder eben das SEGA Mega Drive, den Markt dominierten, hat sich bei den Spielen selbst allerdings wenig getan. Sie wurden weiterhin auf die technisch eher schwach aufgestellte Hardware zugeschnitten.
Das änderte sich mit der PlayStation, die leistungsfähig genug war, alle Vorteile der CD umzusetzen. Dazu gehören:
- Hervorragende Audio- und Video-Eigenschaften
- Viel mehr Speicherplatz für aufwendige Texturen und Modelle
- Kostengünstig in der Produktion und damit preiswert für Käufer*innen
- Riesige Spiele konnten auf mehrere Datenträger ausgelagert werden
- Vereinfachter Entwicklungsprozess, der zu spannenderen Gameplay-Experimenten führte
Natürlich hatten CDs auch Nachteile, etwa lahme Zugriffszeiten oder einen höheren Verschleiß, sobald aber die cineastischen Zwischensequenzen von Final Fantasy 7 über den Bildschirm flimmerten, war all das wieder vergessen. Die größte Sorge von Sony war auch eine andere – CDs lassen sich leicht vervielfältigen.
Ein brillantes Konzept, das zum Scheitern verdammt war
Schon vor dem Erscheinen der PlayStation sanken die Kosten für CD-Brenner und Rohlinge erheblich, da die Technik auch im PC-Bereich auf jede Menge Gegenliebe stieß. Kopierschutzmaßnahmen steckten noch in den Kinderschuhen, weshalb PS1-Spiele völlig unverschlüsselt auf den Discs lagen und von jedem CD-Laufwerk ausgelesen werden konnten.
Mit dem Kopierschutz hat die schwarze Unterseite von PS1-Discs übrigens nichts zu tun:
Die Ingenieure der PlayStation ließen sich eine geniale Methode einfallen: Auf einer CD ist stets ein schmaler Ring für kritische Informationen reserviert, darunter zum Beispiel das Dateiverzeichnis des Datenträgers. Wie der Retro-Experte ModernVintageGamer berichtet, kreierte das PlayStation-Team ein Verfahren, diesen Bereich mit Fehlern zu versehen, die korrekt zusammengesetzt den Region-Code für den Unternehmenszweig in Amerika (SCEA), Europa (SCEE) oder Japan (SCEJ) ergeben.
Der sogenannte „Wobble Groove“, ein Spitzname, der die wirr hinterlegten Daten beschreiben soll, kann nur von speziellen Maschinen in der Massenproduktion und nicht von herkömmlichen CD-Brennern geschrieben werden. Raubkopien werden von der PlayStation folglich nicht abgespielt, da der Wobble Groove nicht gefunden wird.
Um Sonys Kopierschutz zu umgehen, benötigt es nur ein Stück Papier und ein Paar mutige Kinderhände
Um Raubkopien abzuspielen, müsste man also irgendwie den Authentifizierungsprozess bestehen und dann auf die selbstgeschriebene Disc wechseln. Genau das ist dann auch in zahlreichen Kinder- und Jugendzimmern geschehen.
So wurden damals Raubkopien abgespielt:
- Die Sperrvorrichtung des Laufwerkdeckels wurde mit einem Stück Papier fixiert, damit die Konsole dachte, sie wäre ordnungsgemäß geschlossen.
- Ein x-beliebiges, originales PS1-Spiel wurde eingelegt, die Konsole gestartet und gewartet, bis die Disc kurz beschleunigte. In diesem Moment hat sie den Wobble Groove erkannt.
- Sobald die Disc wieder langsamer wurde, hat man sie im laufenden Betrieb aus der PlayStation 1 gezogen und durch eine Raubkopie ersetzt.
- War man schnell genug, lief die Raubkopie ohne Probleme. Das eingelegte Original und das Spiel auf der Raubkopie konnten grundverschieden sein.
Bei späteren Modellen musste man die Disc ein weiteres Mal wechseln, der Trick war aber weiterhin sehr simpel durchzuführen.
Die PS1 markiert die Geburt des Mod-Chips
Da das ständige Wechseln sowohl die Discs als auch die PS1-Hardware und die Nerven der Nutzer*innen strapazierte, fand schon bald eine kostengünstige und gleichzeitig simple Alternative regen Anklang: Chips, die auf die Platine der PlayStation 1 gelötet wurden und die Region-Codes des Wobble Groove automatisch an das Betriebssystem meldeten.
Mod-Chips waren billig in der Herstellung, zahlreiche IT-Dienstleister*innen nahmen sie in ihr Angebot auf. Das Geschäft boomte seinerzeit so stark, dass es selbst heutzutage wahrscheinlicher ist, dass ihr auf dem Gebrauchtmarkt eine gemoddete PlayStation 1 statt einer komplett unveränderten erwischt.
Raubkopien hatten ihre Grenzen
Etwa dreieinhalb Jahre, nachdem die PlayStation 1 in Deutschland erschien, kamen Spiele mit einer neuen Verschlüsselung auf den Markt, die für die meisten Nutzer*innen nicht so leicht ausgehebelt werden konnte. Das Entfernen von „libcrypt“, so wurde der Schutz von Sony bezeichnet, setzte größere technische Kenntnisse voraus und dämmte somit die Verwendung von Raubkopien effektiv ein.
Die Entwickler*innen von Spyro: Year of the Dragon gingen sogar noch einen Schritt weiter und entwarfen ein Prüfverfahren, das erst Monate nach Erscheinen des Spiels geknackt werden konnte. Bis es so weit war, trieb das Spiel allerlei Schabernack mit Raubkopierern – so verschwanden Sammelobjekte urplötzlich, es wurde wild zwischen verschiedenen Sprachen hin- und hergewechselt und das Spiel ließ sich nicht mehr pausieren.
Ein ziemlich kreativer Kopierschutz, der bis heute Legendenstatus genießt. Überhaupt kann man den Ingenieuren der PlayStation 1 und den damaligen Spieleentwickler*innen kaum mangelnden Einfallsreichtum vorwerfen. Technisch haben Konsolentitel einen gewaltigen Sprung gemacht, dieser Fortschritt hatte aber auch seinen Preis – alle wollten daran teilhaben, auch wenn man dafür den Pfad der Legalität verlassen musste.
Hand aufs Herz: Wer von euch hat damals ausschließlich legal erworbene PS1-Titel gespielt?
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